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Der Markt für Hörbücher scheint in letzter Zeit zu boomen, denn dieser Trend macht auch vor dem Jazz nicht mehr Halt. Einen kleinen, bei weitem nicht vollständigen, Überblick soll im Folgenden gewagt werden. Eine bunte Mischung interessanter Produktionen, die auch als ideale Mitbringsel für (werdende) Jazzfans gut geeignet sind. Wohl bekomm’s. But BeautifulBereits Ende letzten Jahres ist bei tacheles! die Drei-CD-Edition „But Beautiful / Ein Buch über Jazz“ von Geoff Dyer erschienen. Der Schauspieler Matthias Brandt, bekennender Jazzliebhaber und dem Fernsehpublikum unter anderem bekannt durch seine Rolle als Kanzlerspion Guillaume im TV-Zweiteiler „Im Schatten der Macht“ (2003), liest Teile der deutschen Übersetzung des 1991 im Argon Verlag erschienenen Buches (vgl. Jazzzeitung 12/01), das in belletristischer Manier unter anderem die Lebenswege von Lester Young, Thelonious Monk, Charles Mingus oder Chet Baker beleuchtet. Roof Music, unter dessen Dach die tacheles!-Produktionen gut untergebracht sind, ist seit 1979 Garant für hochwertige und außergewöhnliche Musikproduktionen, so lud man sich aus der Musikkabarett- und Jazzschiene gleich illustre Gäste ein: mit dabei sind die „Popette“ Susanne Betancor als Billie Holiday (leider nur ein ganz kurszes Gastspiel), Multiinstrumentalist und Tausendsassa Helge Schneider in der Rolle von Monk, der erst kürzlich verstorbene Bassist Jimmy Woode, der Helge-Schneider-Fans aus dem Film „Jazzclub – Der frühe Vogel fängt den Wurm“ bekannt sein dürfte (siehe auch „Farewell“, S. 11) und hier Charles Mingus seine Stimme leiht und der omnipräsente Till Brönner in der Rolle von Chet Baker. Herausgekommen ist eine gut durchdachte, technisch hervorragende und unterhaltsame Produktion, unterlegt mit Musikbeispielen der angesprochenen Künstler, die Gastrollen sind leider sehr klein geraten, trotzdem ist das Ganze liebevoll gestaltet und für Jazzeinsteiger oder Fans des Buches sehr gut geeignet, mehrere Stunden eines verregneten Nachmittags gerettet. H.C. Andersen – JazzDass Märchen und Jazz sehr gut zusammen gehen beweist die aktuelle Sonderproduktion des kleinen feinen Berliner Verlages Megaeins. Zum 200. Geburtstag der dänischen Nationaldichter Hans Christian Andersen liest der bekannte Schauspieler Ulrich Noethen („Das Sams“, „Comedian Harmonists“, „Der Untergang“) die geheimnsivolle Erzählung „Die wilden Schwäne“: Die Königstochter Elisa muss ihre von der bösen Stiefmutter verzauberten elf Brüder retten und dabei viele anstrengende und gefährliche Abenteuer hinter sich bringen und Gefahren überstehen. Die Musik dazu komponierte der junge Jazzer Niko Meinhold, der Klavier und Komposition an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und in Stockholm an der Kungligan Musikhögskolan studierte, bereits Stücke für die RIAS- und die NDR Big Band komponierte und mit seinem Trio „Tritorn“ den Deutschen Hochschulwettbewerb gewonnen hat. Die eigens erdachten Klänge unterstützen die melancholische fast mystische Grundstimmung wunderbar oder wie es Meinhold selber ausdrückt: „Andersens Märchenbilder bergen viele Emotionen in sich und wirken deshalb so stark inspierend, dass man als Komponist schon beim ersten Lesen die Musik dazu hören kann. Dieser unmittelbare Zugang ist optimal für Jazzmusik: Er eint die Musiker, die ja im Jazz durch große improvisatorische und interpretatorische Freiheiten einen entscheidenden Einfluss auf das musikalische Ergebnis haben.“ Die Kompositionen, die den Text teils umspielen, utnermalen, solo für sich stehen, aber teils auch mit den Wörtern zu gleichberechtigten Stilelementen verschmelzen, entstanden parallel zur Textentwicklung und den Sprachaufnahmen. Im Studio wurden sie dann mit improvisatorischen Elementen umgesetzt. Mit dabei sind übrigens unter anderem Kathrin Lemke (Bassklarinette, Querflöte, Baritonsaxophon), Tibais Schirmer (Klarinette, Altsaxophon), Anne Christin Schwarz (Cello, Stimme) und Stefan Blaier am Kontrabass. Andersen für erwachsene Jazzliebhaber, „Die wilden Schwäne“ sind aber auch durchaus dazu geeignet, jüngere Hörer an das Thema improvisierte Musik heranzuführen, Ulrich Noethens angenehm nüchterne unprätentiöse Stimme tut das Ihrige dazu. Hörbücher von ZyxOptisch und konzeptionell gelungen sind auch die brandneuen Hörbuchproduktionen von Zyx Music. Jazzzeitungsredakteur und -experte Marcus Woefle, ein wandelndes Lexikon in Sachen Jazz (siehe Farewell und das Jazzmusikerinnen-Lexikon), hat die biografischenEssays zu Charles Mingus, Thelonious Monk und – wieder einmal – Chet Baker verfasst. Wissenwerte biografische Fakten verschmelzen auf unterhaltsame und anregende Weise mit Insider-Anekdoten, Beschreibungen der Stilrichtungen und einer groben Einordnung in die Jazzhistorie. Rufus Beck, bekannt vor allem durch seine Rolle als „Waltraud“ in der Kinoproduktion „Der bewegte Mann“ (1994) und als Synchronsprecher für große Produktionen wie „Das große Krabbeln“, „Shrek“ oder „South Park“, liest sie auf charmante und souveräne Weise, ausgewählte Musikaufnahmen – passend zu den jeweiligen vorgelesenen Passagen – unterbrechen die Textteile, und auf einer zweiten Scheibe bekommt man noch eine CD mit weiteren Titeln mitgeliefert. Ein Komplettpaket für Einsteiger also, die sich gemütlich auf der Couch Wissenswertes über interessante Persönlichkeiten der Jazzwelt, einpflegen möchten. Die Texte sind im Booklet auch nachzulesen, die Stücke mit ausführlichen diskografischen Angaben versehen, die zu weiteren CD-Anschaffungen anregen können, und die DVD-großen Digipaks kann man gleich neben die SZ-Kino-Kollektion ins Regal stellen. Ursula Gaisa
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