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Die Medien sind zur Zeit voll von Erinnerungen an die Nachkriegszeit. So passt es genau, mit Bill Ramsey einen Protagonisten der „Wilden 50er“ im Nachkriegsdeutschland in der Bundeskunsthalle in Bonn, der damaligen Hauptstadt, zu erleben. Natürlich verkörpert er ein Stück deutsche Musikgeschichte, auch wenn darüber jetzt die so genannte Jazzpolizei die Nase rümpft. Bill Ramsey hatte doch in den 50er- und 60er-Jahren auf die leichtere Muse gesetzt und war mit seinen Hits wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ zu einer Ikone des deutschen Schlagers geworden. Das hatte so nachhaltig sein Profil geprägt, dass noch Jahre später ein Joachim Ernst Berendt zu ihm nach einem richtigen Jazzauftritt in Prag sagte: „Nice Show!“. Und es dauerte etliche Jahre, bis das Publikum ihn wieder als den ernsthaften Jazzsänger akzeptierte, der er eigentlich von Anfang an war.
Doch zunächst noch ein paar Jahre zurück: Im Gespräch mit Till Brönner in Bonn auf der Bühne des voll besetzten Saales der Bundeskunsthalle verriet Ramsey viele Einzelheiten und Anekdoten aus seinem Leben. 1931 ist er in Cincinnati, Ohio geboren. Sein Vater brachte ihn schon als Jugendlichen mit dem Jazz und Blues in Verbindung, nahm ihn mit nach New York in Clubs, wo die großen Boogie Woogie-Helden Meade Lux Lewis, Albert Ammons und Pete Johnson spielten. Die Folgen dieser Begegnung arbeitet er bis heute auf, zitiert eine Aussage von Miles, dass in allem der Blues ist und bedankt sich bei diesem mit einem sehr einfühlsamen „All Blues“, seit Miles Davis’ “Kind of Blue“-Einspielung legendär. Als zur Zeit des Koreakrieges eingezogener GI kommt er 1952 nach Deutschland, zur Air Force, die ihm ermöglicht, schon bald Produzent beim AFN zu werden. Hier gestaltet er Musikprogramme, an die sich viele Musik- und Jazzfreunde der ersten Nachkriegszeit noch heute gerne erinnern. Er singt viel in den amerikanischen Clubs, wobei er Heinz Gietz, den großen Produzenten, verantwortlich für die Karriere von vielen Stars und Sternchen, kennen lernt. Auch ihm bietet Gietz Schallplattenaufnahmen an. Auf seine Frage, ob er Rock & Roll oder lieber etwas Lustiges spielen will, entscheidet er sich für das Lustige, mit den schon erwähnten Folgen. Zu diesen gehören auch zahlreiche Filmrollen. Für eine gewisse Zeit prägt sich das Bild des netten Amerikaners mit dem gebrochenen Deutsch und den großen karierten Jacketts ein, deren Muster er übrigens nicht von dem Entertainer und Showmaster Peter Frankenfeld abgeschaut hatte, sondern sich in Erinnerung an seine schottischen Vorfahren hatte anfertigen lassen. Wert legt er auf die Feststellung, dass auch seine Schlager, wenn er sie zum Beispiel mit dem Kurt Edelhagen Orchester einspielte, ganz schön geswingt haben. Geprägt haben ihn vor allem Nat Cole, Jimmy Rushing und Joe Williams. In Erinnerung an den Letzteren wird er in der nächsten Zeit eine CD mit der HR Big Band aufnehmen. In Frankfurt traf er in den 50er Jahren im dortigen Jazzkeller die junge kommende Jazzgarde, die Mangelsdorfs und viele andere. In den 70er Jahren, der Zeit, in der er sein Profil verändern, auffrischen musste, um in der Musikszene seinen Platz zu finden, erweiterte er seinen Aktionsradius insgesamt. So kamen nach den Filmen die Kindersendungen. Überhaupt brachte er seine Musik gerne Kindern und Jugendlichen nahe. Till Brönner weiß dass aus eigener Erfahrung: er erinnert sich an ein Konzert in seinem Gymnasium in der Nähe von Bonn. Und seitdem ist Bill Ramsey als Vertreter einer selten gewordenen Spezies des männlichen Jazzgesangs zu erleben, der es aufnimmt mit den vielen jungen Sängerinnen, denen oft trotz vieler Begabungen die Nähe zu den Quellen des Jazz doch abgeht, auch wenn sie als die neuen Jazztalente angepriesen werden. Unverkennbar ist Ramseys Liebe zum Blues, dem Vater aller Dinge, zum Beispiel mit dem „Stormy Monday Blues“ von T-Bone Walker auf der Bonner Bühne zu erleben, bei dem auch die beiden jungen Mitglieder der Band, Martin Sasse, Klavier, und Paul Hochstätter, Schlagzeug, ganz schön loslegten. Seine Verehrung für das American Songbook kann er nicht verbergen, so mit „Georgia on my Mind“, „All of You“, „Satin Doll“, „Just one of those Things“ oder „Softly as in the Morning Sunrise“. Till Brönner, der sich an diesem Abend ganz seiner Ursprungsmaterie Jazz widmete und sich dabei als ein Meister desselben zeigte, arrangierte ihm schließlich auch noch eine besondere – brasilianische – Version seines Erfolgsschlagers „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“. Schön auch zu erleben die fein gearbeiteten Duos mit dem belgischen Bassisten Jean-Louis Rassinfosse, als Vorgriff auf die wenige Tage später erscheinende CD „send in the clowns“ (Swingland Records 0004). Apropos CD: Einen höchst unterhaltsamen Gang durch die Bill-Ramsey-Geschichte bietet die CD „Caldonia and more“ (Bear Familiy Records BCD 16151) mit Aufnahmen von 1956 bis 1980 aus Polen, Den Haag, Prag und Mainz mit Musikern wie Albert Nicholas, Bill Coleman, Jimmy Woode, Paul Kuhn und Pierre Favre. Übrigens wunderte sich schon Ella Fitzgerald bei einem Treffen während einer Deutschlandtournee über seine ausgeprägt „schwarze“ Stimme. Franz Xaver Ohnesorg, Kurator der Bundeskunsthalle-Reihe „Talkin’ Jazz“ mit Till Brönner, hatte nicht zuviel versprochen, als er die besondere Begegnung mit dem großartigen Künstler Bill Ramsey ankündigte. Hans-Jürgen von Osterhausen
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