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Und da war da noch die Sache mit der Erdnussdose. Wir befinden uns in Steven Spielbergs hinreißendem Kinoerfolg „Terminal“, in dem Tom Hanks einen Touristen namens Viktor Navorski spielt. Der hat das Pech, dass in seinem Heimatland Krakozhia während seines Fluges ein Staatsstreich stattfand. Konsequenz: alle bereits ausgestellten Visa wurden von den USA eingezogen und der arme Viktor darf nicht einreisen. Er wird dazu verdonnert, den Flughafen nicht zu verlassen. Wochen, Monate verbringt er in einem der Terminals am JFK-Flughafen, immer argwöhnisch observiert vom fiesen Sicherheitschef, der von Stanley Tucci gegeben wird. Der erteilt einer von Catherine Zeta-Jones gespielten Flugbegleiterin, in die sich der herzensgute Viktor verliebt hat, den Auftrag, den Mann aus Krakozhia auszuspionieren. Vor allem, was sich in der Erdnussdose, die er immer bei sich führt, befindet, will der Security-Mann wissen. Peanuts sind es jedenfalls nicht.
In einer wirklich bewegenden Szene gibt Viktor den Inhalt preis. In dem blechernen Behältnis ruhen die Autogramme von etlichen Jazzmusikern und ein berühmtes Foto von 1958, das lauter Größen des Jazz vor einem Brownstone in Harlem zeigt. Alle, die auf dem Foto versammelt waren, haben Viktor Navorskis verschiedenem Vater über die Jahre hinweg Autogramme nach Krakozhia geschickt. Alle, bis auf einen: Benny Golson. Durch eine List gelingt es der von Tom Hanks umwerfend verkörperten Figur des Viktor Navorski, aus dem Flughafen zu fliehen. Im Ramada Inn hält er das Versprechen, dass er seinem Vater am Sterbebett gab. Er holt sich einen Schriftzug von Benny Golson, der mit seiner Gruppe in der Lobby Lounge auftritt und verstaut das wertvolle Autogramm in der Erdnussdose. Jetzt spielt Benny Golson beim Münchner Klaviersommer. Und wenn ihm einer da eine CD oder ein Konzertticket zum Signieren hinhalten sollte, weiß man nie, ob sich hinter dem Autogrammwunsch nicht eine ganz persönliche Geschichte versteckt. Benny Golson hat übrigens prominente Bühnengefährten dabei. Sein Quintett wird vom Pianisten Cedar Walton co-geleitet. Der Trompeter Philip Harper (einer der Harper Brothers) taucht in dieser Gruppe nach längerer Abstinenz mal wieder aus der Versenkung auf. Am Bass wird David Williams zu hören sein und am Schlagzeug Al Foster. Der Münchner Klaviersommer 2005, der im Festsaal und Nightclub des Bayerischen Hofs, in der Allerheiligen Hofkirche, in der Staatsoper, der Philharmonie, dem Lustspielhaus und im Brunnenhof der Residenz stattfindet, verspricht musikalische Begegnungen mit vielen alten Bekannten. Der Bassist Dave Holland, der das Festival am 14. Juli im Festsaal des Bayerischen Hofs eröffnet, hat sich kürzlich mit dem eigenen Label Dare2 Records selbstständig gemacht und darauf auch gleich eine CD seiner Big Band veröffentlicht. In München weiß seine Großformation solche Asse wie die Saxophonisten Antonio Hart und Mark Turner, die Posaunisten Josh Roseman und Robin Eubanks, den Trompeter Alex Sipiagin, den Vibrafonisten Steve Nelson und den Schlagzeuger Nate Smith in ihren Reihen. Die Kindfrau Maria Joao lässt ihren geliebten Mario Laginha diesmal zu Hause in Portugal und vertraut auf die musikalische Eskorte von vier Herren aus Österreich, nämlich das Saxophon-Quartett Saxofour mit Wolfgang Puschnig, Klaus Dickbauer, Florian Bramböck und Christian Mauer. Der Pianist McCoy Tyner war in den letzten Jahren fast immer nur in Triobesetzung in Europa unterwegs. Jetzt lässt er sich nicht lumpen und bringt gleich drei prominente Bläser zum Klaviersommer mit: den Trompeter Terrell Stafford und die Saxophonisten Gary Bartz und Ravi Coltrane. Auch seine Rhythmusleute tragen klingende Namen: Charnett Moffett (Bass) und Eric Gravatt (Schlagzeug). Den liebevoll anarchischen Umgang mit Fats Waller pflegt die japanische Wahlberlinerin Aki Takase in ihrem Quintett, in dem Posaunist Nils Wogram, Bassklarinettist Rudi Mahall, Gitarrist Eugene Chadbourne und Schlagzeuger Paul Lovens für subtilen Radau sorgen. Zurückhaltender wird ganz sicher das sein, was Takases Piano-Kollegen Kenny Barron (mit Quartett) und Bobo Stenson (mit Trio) zu bieten haben. An zwei aufeinander folgenden Abenden kann man zwei Gitarrenspielweisen beim Klaviersommer bestaunen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: da kommt zuerst der feinsinnige John Abercrombie mit seinem Quartett (feat. Mark Feldman) in den Nightclub, um dann die Bühne für den derben, Blues-infizierten ehemaligen Free Funk-Recken James Blood Ulmer freizumachen. An der Latin-Front sorgen The Bossa Nova Legends feat. Lenny Andrade, Maraca’s Otra Vision und David Calzado Y Sun Charanga Habanera für Bewegung. Ansonsten beim Klaviersommer: Kenny Wheeler mit neuer Gruppe, das lustige Blech von Mnozil Brass, das Trio Ivoire, das Duo Bobby McFerrin und Chick Corea und einige Klassik-Acts. Bei einem davon trifft die Pianistin Martha Argerich auf Friedrich Guldas musikalischen Nachwuchs. Ssirus W. Pakzad
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