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Der Vibraphonist David Friedman wird trotz Vollendung seines 60. Lebensjahres nicht müde, neue Klangräume für sein Instrument zu entdecken und diese wie ein Artenschützer vor dem Getrampel lautstarker Begleiter zu bewahren. „Wenn Du für Dein Vibraphon keinen super Verstärker und keine Boxen hast, musst Du immer gegen Schlagzeug und Band ankämpfen. Du gewinnst aber nie!“ Auf seiner neuen CD „Earfood“ (Skip) droht Friedman diesmal keine Gefahr, denn die Band „Tambour“ geht beinahe „kammermusikalisch“ zu Werke. Jazzzeitung: Welche Erfahrungen haben Sie als Musiker nachhaltig geprägt?
David Friedman: Eigentlich wollte ich als Kind der Buddy Rich von New York werden. Ich habe weder Sport getrieben, noch mich um Schule gekümmert, für mich zählte nur das Schlagzeug. Aber ich war schon immer ein impulsiver Typ und als ich Vibraphon und Marimbaphon entdeckte, verkaufte ich das Schlagzeug. Die ersten Aufnahmen von Milt Jackson waren mir ein neuer Ansporn. An der Juilliard School in New York wurde ich Teil eines Ensembles für neue Musik unter der Leitung von Luciano Berio. Ich fand das sehr interessant, andererseits störte mich, dass wir durch die festen Partiturvorgaben so gefangen wirkten. Wie- der entschloss ich mich zu einem krassen Orientierungswechsel. Ich ging mit dem Hippie und Songwriter Tim Buckley auf Tour. Was für ein Kontrast zu Berio, denn bei Buckley klang am nächsten Tag nichts mehr wie am Tag zuvor. Jazzzeitung: Heute kennen wir Sie mehr als Jazzmusiker, weniger als Hippie oder E-Musiker… Friedman: Erst als sich auch das Ding mit Buckley nach einer Weile tot geritten hatte, begann ich professionell Jazz zu spielen. Ich war der Hausvibraphonist bei CTI-Records und spielte mit der New Yorker Szene. Um die Ecke von meiner Wohnung gab es einen Club und dort hatte ich mit Pat Metheny und Michael Brecker ein eigenes Quartett. Allmählich begab ich mich auf eine Klangentdeckungstour, die in einer Zusammenarbeit mit Dave Samuels gipfelte, der das gleiche Instrument spielt wie ich. Die Gruppe „Double Image“ mit zwei Vibraphonen, Schlagzeug und Bass wurde von Enja veröffentlicht und ein großer Erfolg. Jazzzeitung: Sie bezeichnen sich als Eklektiker. Friedman: Meine Musik bezieht sich auf sehr viele Wurzeln von ethnischer Musik bis Standards. Auf meiner neuen CD gibt es ein Stück, das heißt „Bin Laden, Mossad or CIA“. Es bezieht sich auf kulturelle Einflüsse meiner Jugend. Auch meine Zusammenarbeit mit Dino Saluzzi oder Jean-Louis Matinier ist eher Weltmusik als purer Jazz. Heute versuche ich alles auf das Wesentliche zu reduzieren. Ich interessiere mich mehr und mehr für die Fähigkeit Melodien zu komponieren, die genauso gut sind wie die Melodien, über die ich improvisiere. Verstehen Sie mich bitte richtig: Du kannst rhythmisch oder in einer Textur improvisieren, so wie beispielsweise bei „Double Image“, einer damals völlig neuartigen Kombination. Du kannst aber auch eine melodische Linie neu erfinden. Einfache Linien haben eine unglaubliche Kraft und Kommunikationsfähigkeit. Jazzzeitung: Die Band Tambour kommt paradoxer Weise ohne Schlagzeuger aus. Friedman: Das Vibraphon ist ja schon selbst ein Perkussionsinstrument. Dazu passt der weiche Klang des Tenorsaxophons von Peter Weniger und der Sound von Pepe Berns ist wie ein großes Sofa, auf das sich Peter und ich setzen. Trotz des harmonischen Klangbildes versuchen wir wie eine kammermusikalische Gruppe transparent zu bleiben. Dadurch entsteht eine Musik außerhalb jeder Kategorie. Al Weckert |
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