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Wer ist Oli Bott? An Tag eins bändigt er als Leader seiner Big Band einen Flohzirkus von Berliner Avantgarde-Musikern, an Tag zwei feiert seine CD „Vibratanghissimo“ im Berliner Ballhaus Walzerlinksgestrickt Premiere. An Tag drei komponiert Oli Bott Musik für den Kongress der „Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs“, an Tag vier unterrichtet er hochbegabte klassische Musiker in Improvisation. Al Weckert trifft Oli Bott an Tag fünf. Soeben ist der Vibraphonist von einer Tour nach Indien für das Goethe-Institut im Duett mit Thomas Wallisch zurück gekehrt. Jazzzeitung: Welche Eindrücke hast Du von Deiner Asienreise mitgebracht?
Oli Bott: In erster Linie politische Erfahrungen! Das Flugzeug wurde fälschlicherweise nach Bangladesh umgeleitet. Ich habe nie zuvor in meinem Leben solche Armut wie in Dakar gesehen. Zuerst wollte ich ganz schnell weg und weiterreisen, aber im Nachhinein empfinde ich es als große Bereicherung, durch einen Zufall diesen anderen Teil unserer Welt erlebt zu haben. Ich frage mich schon lange, warum sich politisch so wenig ändert, obwohl viele Menschen es doch eigentlich wollen. Jazzzeitung: Wie haben die Inder Dein Repertoire aufgenommen? Bott: Jazz ist in Indien einigermaßen bekannt, allerdings in einer Tradition von Swing und Mainstream. Thomas Wallisch und ich weichen von dieser Spielweise stark ab, wir erzeugen unsere eigenen Klangwelten. Die Festivalorganisation stellte mir ein klappriges 100 Jahre altes Vibraphon zur Verfügung, aber auch das hat irgendwie genügt. Das Publikum hat uns gefeiert, viele der 1.500 Zuschauer haben getanzt oder mitgeklatscht. Die Menschen schienen mir ungeheuer offen und unvorbelastet zu sein. Jazzzeitung: Die Duo-CD „Unknown Beauty“ mit Thomas Wallisch hast Du auf Deinem eigenen Label „Bigtone“ herausgebracht. Gehörst Du zum Stamm der straff organisierten Musiker? Bott: Ich glaube schon, dass ich sehr zielstrebig arbeite. Wir produzieren uns allerdings nur selbst, weil wir bisher keinen Partner gefunden habe, der wirklich etwas für uns zu leisten in der Lage ist. Ich brauche kein Label, dass nur meine Platte veröffentlicht und danach weiter nichts für mich unternimmt. Die Presse kann ich auch selbst bemustern und die CDs verkaufe ich bei Konzerten. Jazzzeitung: Du bewegst Dich gerne in den Grenzbereichen des Jazz. Bott: Die Ausgangsfrage ist: Warum spielst Du Musik? Meine Antwort ist: Ich möchte etwas von mir erzählen. Musik zu machen ist eine Reise in mich selbst. Jazz, Pop, Tango, Klassik – all das steckt in mir drin und fußt auf ähnlichen harmonischen Grundlagen und melodischen Motiven, die dann in einzelnen Stilformen ihre Richtung erhalten. Niemand hat Interesse an einem Vibraphonisten, der das Gehabte endlos reproduziert. Ich versuche, gezielt gegen Gewohnheiten anzugehen. Das Publikum will ein persönliches Erlebnis mit nach Hause nehmen. Jazzzeitung: „Deutschland sucht den Superstar“ vermittelt ein ganz anderes Bild von Musikern. Bott: Du redest von Erfolg. Zum Erfolg gibt es zwei Wege, den schnellen und den langsamen. Der schnelle Weg setzt auf Äußerlichkeiten, auf Abziehbilder und Tricks. Der andere Weg setzt darauf, „nicht aufzuhören“. Du brauchst Geduld, darfst Dich nicht an den Gesetzen des Musikbusiness stören. Ich habe mich bewusst für den unglaublich langsamen Weg entschieden und lerne auch so immer mehr Menschen kennen. Es geht ganz gut, ich fühle mich wohl und werde weiter wachsen. |
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