Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Spielen Sie noch oder brennen Sie schon? So oder ähnlich dürfte man sich den Werbeslogan einer großen Möbelfirma vorstellen wenn es darum ginge, anzuzeigen, dass die Reise dieses mal nach Skandinavien gehen sollte. Und um es gleich vorweg zu sagen: Spiritus Rektor und Crossoverpapst Hendrik Haubold ist mit seinem 4. Strings of Fire-Festival erneut ein erstaunlich gutes und gut besuchtes Experiment gelungen. Überraschend ist das immer wieder, denn eigentlich ist der Begriff Crossover in diesem Falle Jazz trifft Klassik nicht immer unbedingt zutreffend. Warum? Wo sich Musiker, deren vornehmliches Vergnügen das freie Spiel ist mit solchen treffen, die vor allem perfekt vom Blatt spielen, denen Improvisation also eher eine Reise zum Mond bedeutet, ist das wirkliche musikalische Zusammentreffen nicht garantiert. In Leipzig allerdings hat die Fahrt zu neuen Ufern über weite Strecken funktioniert. Der nicht nur heimliche Star des Festivals Caecilie Norby, die ihr aktuelles Album „First Conversation“ (Blue Note) komplett mit Streichern eingespielt hat, meinte skandinavisch trocken: „Streicher sind gut so lange du ihnen sagst, was sie zu tun haben.“
Den Freitagabend eröffnete das Lars Danielsson Electric Projekt. Der schwedische Bassist, Cellist, Komponist und Arrangeur Danielsson war als Artist in Residence zugleich Musikalischer Direktor des gesamten Festivals und also bei allen Konzerten auf der Bühne. Sein Electric Projekt galt manchen vorab als geheimes Highlight, wohl wegen der viel versprechenden Namen: Nils Petter Molvaer, Trompete; Eivind Arset, Gitarre; Xavier Desandre Navarre, Percussion, oder Roberto die Gioia, Keyboards. Das Projekt klang, nun ja, wie ein Projekt eben, gute Passagen wurden von solchen abgelöst, die wohl konstituierend zu nennen sind. Es gab schöne Passagen, aber nichts wirklich Neues. Der zweite Teil mit dem Streichquartett Strings of Invention war da schon schlüssiger und funktionierte am Ende mit dem Klassiker „When I fall in Love“ prächtig. Da lagen Kunst und Kitsch so dicht beieinander, dass kaum Kritik dazwischen passte. Der Höhepunkt des Abends war die dänische Sängerin Caecilie Norby, die mit großartigen Versionen von Eigen- und Fremdkompositionen einen Auftritt bot, der bei diesem Festival nicht mehr überboten werden sollte. Hier funktionierte das Zusammenspiel mit den Strings of Invention am besten, hier flogen wirklich Funken. Begleitet wurde Norby außerdem von den schon Genannten plus Jan Bang, einem DJ und Samplekünstler, der neben Norby die eigentliche Entdeckung des Festivals war. Der zweite, komplett ausverkaufte Abend, stand zunächst erneut im Zeichen des begnadeten und spielverliebten Lars Danielsson, hier allerdings als Acoustic-Trio mit Pianist Bobo Stenson und Schlagzeuger Jon Christensen. Eben jener Christensen kam in der ersten Stunde kaum zum Zug, die Reise durch die Geschichte des Labels ECM funktionierte leider wie ein Theaterstück, das man gelesen haben muss, um die Aufführung zu verstehen. Als Bang und Molvaer hinzukamen wurde das Spiel schließlich schlüssig und lebendig. Den Abschluss bestritt eine gefeierte Rebecca Bakken, die in ihrer elfenhaften Märchengestalt vor allem optisch zu beeindrucken wusste, aber im Vergleich zu Caecilie Norby nur wenig wirkliche Funken versprühte. Dafür konnte endlich Gitarrist Eivind Arset seine Gitarre anzünden. Insgesamt eine gelungene Reise ohne jede Kreuzfahrtwohligkeit und Seekrankheit, zu verdanken nicht zuletzt einem Bassisten mit Kapitänspatent, der auch ein paar Untiefen ganz professionell meisterte. Stefan Maelck |
|