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Schon zum zweiten mal lud das Leipziger Gewandhaus in die heiligen Gefilde. Auf dem Spielplan stand aber weder Bach noch Beethoven, sondern ein zweitägiges Crossover-Festival der besonderen Art. Das Konzept ist schnell erklärt: bemerkenswerte kammermusikalische Ensembles präsentieren Interessantes und Unbekanntes aus dem Schmelztiegel der Crossover-Szene; also kein Weichspüler-Crossover à la Vanessa Mae, sondern anspruchsvolle Grenzüberschreitungen zwischen Klassik-, Jazz-, Pop- und Ethnomusik. Wer sich diese spannungsreichen Konstellationen nicht entgehen lassen wollte, der musste schon etwas Sitzfleisch mitbringen und gut ausgeschlafen sein, denn pro Abend wurden hintereinander jeweils vier einstündige Konzerte angeboten. Die musikalische Reise eröffnete das rumänische Balanescu-Quartett. Das Streichquartett spielte eigenwillige Arrangements Neuer Musik, stellte die folkloristische Filmmusik ihres Ensembleleiters, des Geigers Alexander Balanescu, vor und überraschte mit einer Interpretation des Kraftwerk-Klassikers Model. Das Ensemble Indigo, bestehend aus einem Streichquartett, dem Jazztrompeter Reiner Winterschladen und dem Jazz-Kontrabassisten Alois Kott, präsentierte sich mit Musik der leisen Töne. Zu hören waren pizzicatolastige und äußerst gefühlvoll vorgetragene Kompositionen von Mal Waldron, Reiner Winterschladen, Sofia Gubaidulina und anderen. Da glaubte man den sanften Lufthauch zu hören, der durch ein Seidentuch fließt grandios. Das vornweg groß angekündigte Auftragswerk des Strings of Fire-Festivals mit dem Titel Der Turmbau zu Jatzikistan, entpuppte sich als eine sessionartige Text-Musik-Collage eines Textes von Michael Naura, der eindeutig auf den 11. September 2001 Bezug nahm. Der Cello-Rebell Huschke und der legendäre Vibraphonist Wolfgang Schlüter kommentierten mit Saiten- und Seitenhieben ebenso wie mit lieblichen Passagen die Piano-Cluster von Naura und dessen gelungenen Text. Verträumt-orientalische New-Age-Musik des Mehmet Ergin Ensemble sorgte für einen meditativen Ausklang des ersten Festivalabends. The G-Strings hingegen, ein Hamburger Streichquintett, brachten am zweiten Festivaltag Schwung ins Gewandhaus. Mit groovigen Arrangements bekannter Pop-, Rock- und Jazzklassiker sorgten sie für beinwippende Kurzweiligkeit. Zu späterer Stunde gesellte sich ein echter Jazzstar zu ihnen der schwedische Posaunist Nils Landgren spielte und sang eigene Songs, welche von den The G-Strings extra für diesen Abend arrangiert worden waren. Das begeisterte Publikum konnte sich von den Entertainer-Qualitäten des Schweden überzeugen und einem gutgelaunten, freiaufspielenden Virtuosen zujubeln. Mindestens genauso virtuos spielten der Pianist Richie Beirach, der Kontrabassist George Mraz und der Geiger Gregor Huebner. Das Trio um den New Yorker Pianisten, der mittlerweile eine Professur für Jazzpiano an der Leipziger Musikhochschule innehat, brillierte mit einem Auftritt, der sich als Höhepunkt des Festivals erweisen sollte. Mit Bearbeitungen von Werken Béla Bartóks und des spanischen Komponisten Frederico Mompou zeigten die drei, wie man klassische Kompositionen auf kongeniale Weise mit zeitgenössischem Jazz verbinden kann. Nur das portugisisch-deutsche Ensemble DIZ!, um den Kontrabassisten und Komponisten Carlos Bica, konnte da noch etwas entgegensetzen. Nico Thom |
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