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Vor dem Pariser Olympia schieben sich die Schwarzmarkthändler durch die wartende Menschenmenge und raunen denen, die so aussehen, als ob sie noch Karten suchen, ihre unverschämten Angebote entgegen. Eine mehr als üppige Marge haben sie auf die ohnehin schon 400 Francs teuren Tickets draufgeschlagen. Trotzdem werden sie ihre Ware an diesem Abend ohne Probleme und langwierige Diskussionen los. Schließlich wurde das Konzert, das in einer halben Stunde beginnen soll, im Vorfeld in der Pariser Presse mit geradezu hysterischem Tonfall angekündigt. Auf ihrem Siegeszug um die Welt macht die kanadische Sängerin und Pianistin Diana Krall nun in der Stadt der Liebe Station. Hinter ihrer Band, in der gleich der Gitarrist Anthony Wilson, Bassist John Clayton und Drummer Jeff Hamilton dezent swingen werden, hat ein 60-köpfiges Orchester auf der Bühne des legendären Olympia Platz genommen. Alan Broadband, bekannt als Pianist von Charlie Hadens Quartet West und der legendäre Claus Ogerman, der schon als Arrangeur und Taktstockschwinger für Frank Sinatra, Barbra Streisand, Antonio Carlos Jobim und Bill Evans tätig war, werden sich im Laufe des Abends auf dem Dirigentenpodest abwechseln. Was für ein Aufwand. Und das alles für eine Künstlerin, die eine vermeintliche Minderheiten-Musik spielt: Jazz. Doch die Dimension dieses Konzerts passt derzeit ins Bild. Eine dieser Tage vergleichslose Jazz-Erfolgs-Story: Keine Grammy-Verleihung findet mehr ohne Diana Krall statt. Mit Tony Bennett sang sie kürzlich vor 18.000 Zuhörern im legendären Hollywood Bowl. Allein in Deutschland ging ihre aktuelle CD The Look Of Love (Verve/Universal) über 100.000 Mal über die Ladentische und das Album wird hierzulande sogar im Fernsehen beworben. Hiesige Frauen-Zeitschriften schmücken sich durch lange Modestrecken mit der herben Schönen und Boulevard-Magazine wie Gala interessieren sich plötzlich ebenso für sie. Wohl auch, weil da plötzlich Gerüchte um ihr Liebesleben kursierten, die Kanadierin habe in ihrem Mentor Clint Eastwood den Dirty Harry geweckt. Den vielen Jazz-Publikationen und der Jazz-Polizei ist solcherlei Erfolg und die Aufmerksamkeit, die der Krall zuteil wird, natürlich hoch suspekt. Ganz nach dem Motto: was der Masse gefällt, kann nicht gut sein. Oft wird der Krall deshalb einfach die Zugehörigkeit zum Jazz-Lager abgesprochen. So stellte der berühmte Autor Nat Hentoff in einer ganzseitigen Kolumne in der Dezember-Ausgabe der Jazz Times etwa die bange Frage zur Diskussion, ob Diana Krall und die auch nicht ganz erfolglose Jane Monheit (die oft als neue Diana Krall gehandelt wird) überhaupt richtige echte Jazz-Sängerinnen seien. Diana Krall, die jahrelang fast unbemerkt durch schäbige Clubs tingelte, ist das ganze Getue um sie nicht geheuer. An sich finde ich meinen Erfolg schon schockierend, vor allem, weil er so plötzlich kam. Andererseits ist es ein Segen, dass ich seit meiner Grammy-Nominierung, die zu all dem Trubel um mich führte, absolut verrückte Zeitpläne aufstellen muss und so beschäftigt bin, dass ich gar keine Zeit habe, über alles wirklich nachzudenken. Keine Zeit findet sie auch, all die Stories über sich in Zeitschriften, Hochglanz-Magazinen, der Fachpresse oder im Internet zu lesen. Da wird sie oft als unnahbar Kühle, als eisige Femme fatale, als berechnende, aalglatte Interpretin beschrieben. Jeder hat wohl eine andere Vorstellung von Emotionalität. Für einige Menschen ist die wohl nur dann gegeben, wenn sie einem unmittelbar ins Gesicht springt. Ich bin da viel zurückhaltender, aber deshalb nicht notwendigerweise weniger herzlich, weniger intensiv, sagt sie und legt mir wie zum Beweis dafür, dass sie gar nicht so unnahbar ist, wie es ihr Image verheißt, die Hand aufs Knie. Musik könnte ich ohne ein Minimum an Emotionalität gar nicht spielen. Musik bedeutet für mich gleichzeitig Lebensfreude, Leidenschaft und Therapie. Und die Umstände, unter denen ich heute musizieren kann, machen mich zum Glückskind. Stell dir mal vor: ich durfte mit Johnny Mandel arbeiten und mit Claus Ogerman. Wer wäre da nicht außer sich vor Freude. Manchmal muss man in diesem Job allerdings schon eine Menge Humor aufbringen. Vorhin konfrontierte mich ein Journalist damit, dass ich das Image einer Eis-Königin besäße. Andere finden, ich sei eine mysteriöse Frau, die einem Film noir entsprungen sein könnte. Das mit dem leicht mysteriösen Image finde ich eigentlich okay. Schon meine Mutter behauptete: ein wenig mysteriös ist immer gut, sagt sie, ein schallendes Lachen hinterherschickend. Ich mag auch all diese Filme der schwarzen Serie und bin ein richtiger Film-Freak. Außerdem denke ich sehr visuell, wenn ich singe. Ansonsten bin ich, glaube ich, sehr sehr bodenständig und sehr ausgeglichen. Familie und Arbeit sind am wichtigsten für mich. Ob ihre Fans sie auch als so down-to-earth empfinden? Nach ihrem Konzert trifft sie backstage neben allerlei VIPs aus der Plattenindustrie auch ein paar ihrer Anhänger, die ihr kleine Aufmerksamkeiten zustecken und sich mit ihr fotografieren lassen. Sie strahlen sie an, als ob es sich bei Diana Krall um ein Lichtwesen handelt. Versteh ich nicht, lacht sie mir später zu. Ich mache doch nur Musik! Ssirus W. Pakzad |
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