Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Als Charlie Mariano sein Altsax ansetzt und der ersten Ton von Autumn Leaves den Raum erfüllt, spürt jeder, dass dieser Abend ein ganz unvergleichliches, außergewöhnliches und unvergessliches Erlebnis bescheren wird. So nahe und in solch intimer Umgebung hat man den legendären Jazz-Veteranen noch nie erlebt. Seine kraftvollen und expressiven Auftritte mit dem United Jazz & Rock Ensemble und seine Experimente mit indischer Musik sind nicht zuletzt durch zahlreiche Fernsehsendungen in bester Erinnerung, doch die sensible und introvertierte Seite kannten bisher nur wenige. Ein ganzer Abend, nur bestritten von Saxophon und Kontrabass, stellt an die Künstler ganz besondere Herausforderungen: Hier gibt es kein Harmonie- oder Rhythmusfundament, auf dem man auch gelegenlich ausruhen könnte, vom ersten bis zum letzten Moment muss die Spannung der eigenen musikalischen Schöpferkraft entspringen. Bei diesem Duo gab es keinen Leerlauf. Jeder Ton, jede Melodie entwickelte sich wie selbstverständlich aus dem Vorhergehenden, voller Spannung sog man die Klänge in sich hinein, und selbst so strapazierte Gassenhauer wie der St. Louis Blues wuchsen wie ein Phoenix aus der Asche. Bassist Dieter Ilg machte deutlich, dass ein Kontrabass auch ohne jegliche Elektronik über ungeahnten Klangreichtum und Expressivität verfügt, die nur zu oft von Schlagzeug oder Harmonieinstrument übertönt oder zugedeckt werden. Sein Gefühl für Rhythmus ist phänomenal, seine Akkordtechnik einzigartig und sein musikalisches Gespür für nachvollziehbare Melodien herausragend. Er kann mit einem einzigen Ton minutenlang improvisieren und experimentieren und ihm Nuancen und Farben entlocken, die den Zuhörer in Bann halten. Gelegentlich wird sein Instrument auch perkussiv eingesetzt, und dann knarren und schlagen die Saiten im Rhythmus, dass es eine Freude ist. Charlie Mariano, der in wenigen Tagen seinen 78. Geburtstag feiert, wirkt noch immer dynamischer und progressiver
als die meisten seiner Epigonen. Seine Melodien schrauben sich ins Ohr, sein ausdrucksstarker Ton geht unter die Haut,
und seine phänomenale Kontrolle der Überblaseffekte und Klangausbrüche erstaunt immer wieder. Bei leisen
Passagen benutzt er Atemgeräusche als Stilmittel und schafft einen spirituellen Klangraum, wozu nur die ganz
Großen der Musik fähig sind. Man spürt, hier steht einer auf der Bühne, der nichts beweisen muss
und Geschichten erzählt, die er in einem langen und abwechslungsreichen Musikerleben durchlitten hat. Charlie Marianos und Dieter Ilgs CD A La Carte wird uns noch lange an diese Sternstunde der Musik erinnern. Jazzzeitung |
|