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Knapp 40.000 Einwohner zählt die oberbayerische Kreisstadt Dachau an der Amper, südwestlich von München gelegen. Der kargen und sehr ursprünglich wirkenden Landschaft, dem Dachauer Moor, verdankt sie ihre kunstgeschichtliche Bedeutung schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Mit einem politisch historischen Trauma der jüngeren Geschichte muss sich Dachau hingegen bis heute immer wieder neu auseinander setzen: Hier ließ das Terrorsystem des Dritten Reiches im März des Jahres 1933 das erste nationalsozialistische Konzentrationslager auf deutschem Boden erbauen. Eine menschenverachtende Tat, deren Folgen bis weit in die Gegenwart zu spüren sind und die das Zusammenleben der Menschen auch in Zukunft prägen wird. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es uns ein sehr persönliches Anliegen, eine Art stimulierende Verpflichtung, mit unserer Arbeit auch nach außen den Willen zu dokumentieren, dass Dachau heute weit mehr zu bieten hat, als diese dunkle Vergangenheit, an der wir allein so häufig gemessen werden, erläutert Richard Klimek, 2. Vorsitzender des jazz e.V. und verantwortlich für die Programmkoordination und sagt weiter: Man darf die Geschichte nicht sie verdrängen, sondern offen mit ihr umgehen kann nur die Devise lauten, selbst in unserer Arbeit für den Jazz.
2001 war ein sehr erfreulicher Jahrgang zumindest für den jazz e.V. dachau und seine Mitglieder (Richard Klimek, Claus-Peter Weber, Axel Blanz, Angelika Klimek, Hugo Wittmann und Barbara Söllie). Nach siebzehn(!) durchschnittlich gut besuchten Konzerten im Café Teufelhart in der Augsburger Strasse 8, in denen Musiker aus drei Kontinenten auftraten, konnten die Organisatoren erfolgreich Bilanz ziehen und die zeitgenössische Improvisationsmusik wiederholt als einen festen Bestandteil im kulturellen Leben der Stadt verankern. In Zeiten wirtschaftlicher Rezession eine bemerkenswerte Leistung. Entstanden ist die Idee für ein regelmäßig stattfindendes Jazzpodium in Dachau im Spätsommer 1998. Ich war mit Freunden auf der Heimfahrt vom Jazzfestival Saalfelden. Und unterwegs auf der Autobahn hatten wir eine Menge Zeit und haben uns überlegt, wie es wäre, wenn wir auch bei uns in Zukunft Jazzkonzerte organisieren würden, erzählt Richard Klimek, der selbst Gitarrist ist und ein eigenes Quartett leitet, von den Anfängen. Jazz gab es bis dato in Dachau kaum. Sporadische Auftritte von Dixieland oder Oldtimebands, wie sie eben in vielen bayerischen Kleinstädten zum sonntäglichen Frühschoppen zelebriert werden. Doch hier fanden einige Unerschrockene zusammen, die sich auch musikalisch stärker mit der Gegenwart auseinander setzen wollten, ohne natürlich die Wurzeln ihrer Obsessionen zu vernachlässigen. Doch Begeisterung allein genügt nicht. Klimek: Wir haben am Anfang noch jemanden gebraucht, der sich mit der ganzen Vereinsmeierei, die uns eigentlich nicht so sehr liegt, auskennt. Und da entstand die Idee, Claus-Peter Weber, der schon früher im Kunstverein und Stadtrat war, sozusagen als sympathisierenden Fachmann anzusprechen. Es dauerte dann noch einmal fast ein Jahr, bis die Satzungen und Statuten aufgestellt waren, man auch schriftlich fixiert hatte, welche Art und Stilistik an Musik der zu gründende Verein fördern wollte. Es ging uns um die Avantgarde, um neue Strömungen innerhalb des Jazz. Es sollten pro Saison einige, möglichst junge regionale Gruppen auftreten, pro Halbjahr immer eine Band oder ein Solist aus den USA und vor allem wollte ich Musiker aus der ungemein fruchtbaren osteuropäischen Szene vorstellen. Es sollte also von Beginn an eine Begegnungsstätte für zeitgenössischen, modernen Jazz entstehen, der sich eben nicht vom Tropf einer angrenzenden Großstadt ernährt, sondern eigene, unverbrauchte Wege geht. Aber wie sollten sich diese hoch gesteckten Visionen in die Realität umsetzen lassen? Klimek: Die ersten zehn oder fünfzehn Konzerte liefen auf Eintrittsbasis. Dann wollten wir ein Highlight, das die Leute anzieht und uns auch über die Stadtmauern hinaus bekannt macht. Doch klar war, dass wir für Myra Melfords Crush eine Festgage brauchten. Wir haben dann sofort Kontakt mit der Stadt aufgenommen und einen Antrag auf Defizitausgleich gestellt, der auch problemlos genehmigt wurde. Für 2002 haben wir jetzt die Zusage für einen Zuschuss von 10.000 Euro erhalten und können so doch um einiges sorgenfreier arbeiten. Zudem gibt es noch über dreißig eingetragene Mitglieder des jazz e.V., die uns finanziell unterstützen, wie auch einige Dachauer Geschäftsleute. Zu denen gehören auch Marina und Willy Teufelhart, die Wirtsleute des Café Teufelhart, ohne die es den jazz e.V. nie gegeben hätte. Denn in ihrem Haus entstand 1999 eine Art Musikkneipe, die BubuBühne, mit heute mindestens einmal wöchentlichem Programm, um, wie Willy Teufelhart erklärt, mehr Kultur in Dachau anzubieten und vielleicht auch anderen Leuten die Chance zu geben, die man selbst nie bekommen hat. Wenn dieses Café nicht entstanden wäre, hätten wir den jazz e.V. nie gegründet. Ein fester Spielort war für uns eine existenzielle Frage, ergänzt Richard Klimek. Und so laufen seit knapp drei Jahren zwei Veranstaltungsschienen parallel. In der Vergangenheit nicht immer ganz problemlos, wie beide Parteien versichern, aber doch immer im Sinne der Musiker und vor allem des Publikums, denn Hier ist jeder gleich wichtig und herzlich willkommen, wie Marina Teufelhart versichert. Angesprochen auf bisher eher schwierige Situationen und besondere Wünsche für die Zukunft erzählt Richard Klimek von der Enttäuschung, über das vertraglich schon abgesegnete Konzert von Abraham Burton und Eric McPersons Forbidden Fruit Quartett, dass die Musiker kurzfristig platzen ließen. Sonst gab es kaum Schwierigkeiten. Eigentlich sind wir mit dem bisher Erreichten ganz zufrieden. So ist die Geschichte des eher kleinen jazz e.V. dachau Beispiel dafür, wie man mit einer inneren Passion, ausreichend Kommunikation und funktionierender Teamarbeit kulturell Großes bewegen kann. Dieser Anspruch spiegelt sich auch im neuen Programm wieder, wenn Schlagzeuger Jim Black und sein Quartett Pachora, die schwedischen Jack Brothers oder Jiri Stivin aus Prag in den kommenden Monaten Gäste des jazz e.V. sind. Jörg Konrad Kontakt: Richard Klimek Tel./Fax 08139/87 70, E-Mail: jazzev-dachau@gmx.de |
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