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Marc Brenken kann sich auf seinem Flügel austoben, wann immer er will, denn der steht in seinem Probenraum in einem Luftschutzbunker in der Essener Stadtmitte. Und auch sonst hat der 1973 geborene Jazzpianist genug erreicht, um anspruchsvoll sein zu dürfen: Er kann sich für seine Bands und Projekte jene Musiker aussuchen, die am besten für die Umsetzung seiner Ideen passen.
„Eight short stories“ heißt die aktuelle Produktion zusammen mit Christian Kappe, einem der zurzeit gefragtesten jüngeren Trompeter im Lande, der hier überwiegend Flügelhorn spielt. Für Rhythmen und Grooves sorgen Alex Morsey am Bass sowie Schlagzeuger Marcus Rieck, der nach Brenkens Meinung zu den wenigen gehört, die richtig leicht swingen können, während viele andere vergleichsweise ungehobelt reindreschen. Der Bandleader aus Essen ist halt anspruchsvoll, und das zahlt sich aus, wie das aktuelle Album belegt (siehe auch CD-Besprechung). Essen ist für den in Wilhelmshaven Geborenen persönlicher und künstlerischer Lebensmittelpunkt: „Die zentrale Lage ist prima, ich mag den unkomplizierten Menschenschlag im Ruhrgebiet, und es leben hier viele sehr gute Musiker,“ lobt er die lebendige hiesige Jazzszene mit all ihren produktiven Kontakten, die er aufgebaut hat. Dagegen relativiert sich aus seiner Erfahrung sogar der Nimbus der großen Jazz-Metropolen wie Berlin: „Zu überlaufen mittlerweile!“ Von Anfang an wollte ich nicht nur Musik machen, sondern davon auch leben“ stellt Marc Brenken beim morgendlichen Gespräch in einem Essener Café klar. Schon beim frühen Klavierunterricht reichte es ihm bald nicht mehr, Stücke aus fremder Feder nachzuspielen. Platten von Oscar Peterson offenbarten, was darüber hinaus alles geht, und es eröffneten sich immer mehr kreative Versuchungen im frei improvisierten Spiel mit Akkordbeziehungen und Melodien. Das schrie nach viel mehr, als die bürgerliche Kategorie eines „Hobbys“ dafür vorgesehen hätte. Nach vier Semestern Bauingenieurwesen bewarb er sich an der Essener Folkwang-Hochschule – erfolgreich! Immer neue Jobs, wo gerade ein Pianist gebraucht wurde, gingen mit dem Studium einher. Sie sicherten das Überleben und erschlossen ständig Neues – mittels Hören, Nachspielen, Notieren, Verinnerlichen und Verändern. „Beim Komponieren ist es mir wichtig, offen für Neues und Ungewöhnliches zu sein“, so Marc Brenkens Credo, und das erwächst meist aus dem Experiment. Die richtig guten Ideen werden oft in Momenten geboren, wenn ein vermeintlicher „Fehler“ auftaucht, der dann vielleicht das Fenster zu einem ungewöhnlichen, nicht regelgemäßen musikalischen Spannungsbogen aufstößt. Er bildete zusammen mit dem italienischen Bassisten Paolo Dinuzzi die „Klei-ne Big Banda“, formierte bald darauf ein erstes Trio. Später lernte er die spanischen Sängerinnen Minerva Díaz Pérez und Sónnica Yepes kennen, mit denen er jeweils Duos im Bereich von Vocal Jazz beziehungsweise Tango bildete. Zwischendurch war er an der Filmmusik von Leander Haußmanns Kinofilm „Sonnenallee“ beteiligt. Seine eigentliche künstlerische Verwirklichung findet jedoch am stärksten in seinem aktuellen Quartett statt. In dieser Konstellation können seine Ideen frei fließen und mit gleichberechtigten Musikern Synergien bilden, betont der Pianist, der sich zudem den Strukturwandel in der Musikindustrie zu Nutze macht. Der Weg von ihm selbst zu seinen Hörern ist ein sehr direkter – zum effektiven Mittler wird sein aufwändig gestaltetes Internetportal! Text/Foto: Stefan Pieper
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