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Petras musikalische Ambitionen machen mir allmählich Angst. Neuerdings besucht sie einen Trommelkurs an der Volkshochschule, jeden Montagabend. Ich war zunächst etwas verwundert, denn für Max Roach oder Jack DeJohnette hat sie sich nie sonderlich interessiert. „Trommelkreis Innere Harmonie“ heißt Petras Veranstaltung, und ob die Teilnehmer Rasseln oder Glocken oder andere „Perkussions“ (sic!) mitbringen, ist offenbar nicht so wichtig; entscheidend sind dicke Socken. Laut VHS-Programm übt man in diesem Kurs „die autogene Muskelrelaxation“, erlebt aber auch „den Vorrang des gemeinschaftlichen Gruppenerlebnisses vor technischer Perfektion“. Dass Petra durch einen Abendkurs im Trommeln „technische Perfektion“ erwerben würde, hätte mich nun auch überrascht. Noch mehr überrascht hat mich aber, als sie nach dem zweiten Kursabend nach Hause kam und begeistert rief: „Stell dir vor, wir haben heute meine rhythmischen Erdwurzeln wieder entdeckt!“ Naiv, wie ich bin, fragte ich zurück: „Ach, hattest du sie denn verlegt?“ Wenn ich Petras Ausführungen richtig verstanden habe, waren ihre Erdwurzeln irgendwie in den Tiefen ihrer Chakren verschüttet, von wo sie im Trommelkreis aber dank „planetarer Stimmgabeln“ erfolgreich herausgelockt werden konnten. Am gleichen Abend musste ich noch kleinere Vorträge über „Anti-Switching“, „ganzheitliches Trommeln“, „Ayurveda-Klangmassage“ und die „Magie des Ziegenfells“ über mich ergehen lassen, ohne dass mir die Zusammenhänge ganz transparent wurden. Ein Schlagzeugsolo von Elvin Jones spricht jedenfalls deutlicher zu mir. Im nächsten Semester will Petra den Kurs „Wir basteln einen Klangbaum“ belegen. Vielleicht aber auch den „Taijiquan-Kreis Heilender Atem“. Dicke Socken wird sie auf jeden Fall wieder brauchen. Rainer Wein rainer.wein@gmx.net |
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