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Mit seiner ausgefallenen Konzeption hat sich Profile bislang einen hervorragenden Namen gemacht. Das jüngste Jazz-Festival Europas fand Ende September statt, veranstaltet vom Spielboden Dornbirn. Das Kulturzentrum strahlt mit seinem engagierten Programm in Sachen Tanz, Film, Musik und Kleinkunst längst über die Grenzen Vorarlbergs hinaus. Das Dornbirner Festival, da sei Festival-Chef Peter Füßl vor – zelebriert nicht die üblichen Konzertabläufe mit verschiedenen Bands, betreibt auch kein hektisches Name-Dropping, sondern stellt an zwei Abenden zwei Musikerpersönlichkeiten vor, die sich in unterschiedlichen Konstellationen präsentieren. Dass das zum dritten Mal stattfindende Festival nun um einen Tag verlängert wurde, hat sicher mit dem bisherigen Erfolg zu tun. Doch hier steht kein Musiker im Mittelpunkt, sondern gleich eine ganze Stadt. Das neu geschaffene Städteprofil ist Berlin gewidmet. In der brodelnden deutschen Hauptstadt sind Aufbruch und Neuorientierung im Jazz stärker zu spüren als anderswo. Zentrale Gestalt ist Altmeister Alexander von Schlippenbach, der bereits vor 40 Jahren mit seinem Globe Unity Orchestra Jazzgeschichte geschrieben hat. Der brillante Pianist, Komponist und Orchesterchef, 1978 mit dem höchsten Kunstpreis Berlins ausgezeichnet, hat mit seinem aktuellen Quintett großes Aufsehen erregt. „Monk´s Casino“ ist eine höchst originelle Neuinterpretation des Gesamtwerks von Thelonious Monk, einem der bedeutendsten Komponisten des Jazz. In Dornbirn wurden freilich nur Auszüge geboten. Schlippenbachs Ehefrau Aki Takase, ihres Zeichens gleichfalls am Klavier, beschäftigt sich ebenso unkonventionell mit der Jazzgeschichte. Auf dem Programm ihres Quintetts stehen witzige bis aufmüpfige Bearbeitungen der Pioniere WC Handy und Fats Waller. Losgehender Swing und abgedrehte freie Versatzstücke ergänzen sich auf wundersame Weise. Mit dem Zentralquartett sind die vier Ikonen des Ostens vertreten. Ihr Sinn für Ironie und unorthodoxe musikalische Experimente steht für den aktuellen Jazz nicht nur der Hauptstadt. Nun zu den Profilen in Dornbirn, die einzelnen Musikerpersönlichkeiten gewidmet sind. Den Anfang machte Harry Sokal. Der österreichische Saxofonist, Mitglied des Vienna Art Orchestra seit 1977, verbindet in seinem kraftvollen Spiel Einflüsse des großen Coltrane mit neueren harmonischen und rhythmischen Konzepten. Er war in Dornbirn mit seiner Band „Depart“ vertreten. Das von 1985 bis 1994 bestehende Trio hat Sokal neu auf die Beine gestellt. Der Horizont hat sich mittlerweile in vielerlei Richtungen erweitert, ist offen geworden für aktuelle Strömungen. Weitere Sokal-Formationen sind ein Quartett mit dem letztjährigen Profile-Protagonisten Wolfgang Puschnig und das weniger bekannte Duo mit dem holländischen Pianisten Wolfert Brederode, wo Sokal seine lyrische Seite zeigte. Am zweiten Abend dann wurde ein im Jazz eher vernachlässigtes Instrument geehrt. Der Virtuose Arkady Shilkloper hat dem Waldhorn zu neuem Ruhm verholfen. Als Jazz-Solist hat sich der Russe, der nach seiner Ausbildung in Moskau beim Bolschoi Theater-Orchester von 1976 bis 1981 wichtige Erfahrungen sammelte, mit Multiphonics und anderen Techniken durchgesetzt. Mit melodischer Phantasie hat er das Waldhorn in eine neue technische und künstlerische Dimension entwickelt. Er bewies dies überzeugend solistisch sowie in zwei Bands, dem bewährten Quartett Pago Libre, dem er seit 1994 angehört, und dem erstmals präsentierten String Oktett. Reiner Kobe |
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