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In unüberbietbar synchronisierter Artikulation, uhrwerksgleich exaktem Timing, blitzsauber aufeinander abgestimmter Intonation und vollendet ausbalancierten Klangfarben feuerten als erstes Highlight der diesjährigen Ingolstädter Jazztage The Manhattan Transfer ein swingendes Vocal-Jazz-Feuerwerk ins Kundencenter des Audi Forum Ingolstadt. Die Stimmen von Tim Hauser, Alan Paul, Janis Siegel und Cheryl Bentyne verschmelzen wie zu einem einzigen Klangkörper, schwungvoll und in einer mitreißenden Mixtur aus Entertainment, handwerklicher Perfektion, untadeliger Choreographie und künstlerischem Anspruch. Der Headliner fiel leider aus: Nigel Kennedy musste verletzungsbedingt etliche Konzerte absagen. Schlussendlich verlängerte man schlicht die erste Jazzparty. Beide Events im Hotel Ambassador boten das gewohnte alljährliche Kontrastprogramm: Ruhiges, Traditionsverbundenes im Trivasaal, Groove und Funk im Restaurant. So kamen die Partyfreunde bei der Jazzparty 1 auf ihre Kosten mit der kurzfristig noch verpflichteten Soulounge. Gleichzeitig präsentierte Solveig Slettahjell im Slow Motion Quintet eine Stimme mit nuanciertem Ausdrucksspektrum: Hymnische Gewissheit, sachtes Fragen, trotziges Selbstbewusstsein, fröhlicher Pop, zerdehnte Zeit, Trip-Hop-Groove und jazziger Touch. Als Publikumsmagneten erwiesen sich Quadro Nuevo. Deren weltmusikalische Mixtur mit ihrem anmutigen Charme fesselt das Ohr und streichelt die Seele. Reichlich Unverständnis erntete dagegen der Auftritt von Me‘shell Ndegéocello & „A Different Girl (Every Night)“. Die Bassistin enttäuschte sowohl durch ihr verschlossen misanthropisches Auftreten als auch durch ein mehr und mehr zerfusselndes musikalisches Geschehen. Bei der Jazzparty 2 gab’s dagegen nichts zu mäkeln. Allen Unkenrufen zum Trotz: Till Brönner ist ein Vollblutmusiker, verfügt über einen unverwechselbaren Sound an der Trompete, eine immer reifere Singstimme und ein feines musikalisches Gespür. Gleichzeitig im Trivasaal Lyambiko: Die deutsch-afrikanische Sängerin entwickelt sich mehr und mehr vom Fräuleinwunder zur hochkarätigen Jazzsängerin, hat im Kontext ihres eingespielten Trios mit einem ein klug zusammengestellten Repertoire über alles Vordergründige hinaus zu eigenem Ausdruck gefunden. Was das Publikumsinteresse angeht, hätte Al Di Meola durchaus auch noch mal das Zeug zum Highlight gehabt. Mehr als proppenvoll das Restaurant beim Gig des saitenzaubernden Griffbrettheroen. Drive, Energie, faszinierende akustische Exkurse und Surfen auf den Tönen, Al di Meola ist und bleibt einer der virtuosesten Gitarristen der Gegenwart. Eine überaus interessante afrikanische Sängerin präsentierte sich mit Simphiwe Dana. Eine charaktervolle Stimme von mitreißendem Spirit verbreitet mit Songs von zeitlos lebendiger Gegenwärtigkeit großzügige Musikalität, Esprit und Pep. Schließlich gab‘s neben den late night musicians noch rassige Postmoderne von Harald Haerters Catscan mit special guest Nils Petter Molvær und Überraschungsgast Johannes Enders: Groovig-elektronisches zur Nacht mit traumtänzerischer Tiefenwirkung irgendwo zwischen bissiger Realität und schlaftrunkener Twilight-zone zeitvergessener Trance. Nicht zuletzt solcher Kreativität bedarf ein Festival um angesichts der üblichen Verdächtigen des Jazzherbstes einen individuellen Fingerabdruck zu hinterlassen. Tobias Böcker |
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