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Jazzzeitung
2005/04 ::: seite 17
rezensionen
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Vom Musiker Thomas Zoller hat man in der letzten Zeit wenig gehört.
Der Baritonsaxophonist ist aber nach wie vor in München höchst
aktiv, vor allem als Dozent für Jazz-Komposition, -Arrangement und
-Improvisation am Richard-Strauss-Konservatorium, an dem er seit rund
zehn Jahren unterrichtet, und neuerdings auch an der Musikhochschule München.
Der gelernte Schulmusiker komponiert und arrangiert weiterhin (zum Beispiel
Musik von Jörn Pfennig für das Harald Rüschenbaum Orchestra
beim letztjährigen JIM-Jazzfest in München) und führt seit
2001 die „Lehrer Big Band Bayern“ zu Erfolgen, die demnächst
auf einer neuen CD hörbar werden, und beflügelt auch so letztlich
die Jazzerziehung an bayerischen Schulen. In diesem Gespräch, das
Godehard Lutz mit Thomas Zoller für die Jazzzeitung führte,
geht es allerdings nicht um diese großen Aufgaben, sondern um ein
kleines Detail, das seit kurzem das Baritonsax des Musikers hält:
ein verschlungener Haken, der nichts anderes zu sein scheint als ein zurechtgebogener
Messingdraht. Thomas Zoller kramt das unscheinbare Stück aus seinem
Rucksack: Das ist der Haken. Und unerwarteter Weise bringt er das Instrument
besser zum Klingen.
Jazzzeitung: Außer Musiker, Komponist, Arrangeur,
Bandleader und Hochschullehrer bist du jetzt also auch noch Tester für
Instrumente und Zubehör.
Thomas Zoller: Ich bin kein Tester im eigentlichen Sinne.
Ich bin da nicht geschäftlich interessiert. Aber ich bin gerne bereit,
etwas Neues auszuprobieren, vor allem von Leuten, die schon etwas Tolles
gemacht haben. Bei der Entwicklung des Tubax durch Benedikt Eppelsheim
(gewissermaßen einer Kreuzung aus Tuba und Baritonsaxophon, G. L.)
habe ich den Ausprobierer gespielt und immer mal wieder reingeblasen.
Jazzzeitung: Welche konkreten Erfahrungen hast du mit
dem Haken gemacht?
Zoller: Im Rahmen dessen, dass ich mir manchmal auch
etwas gönne, zum Beispiel zu üben, habe ich das Ding mal ausprobiert.
Ich kenne seinen Erfinder Hardy Gorski schon länger. Ich bin gewissermaßen
sein Alpha-Tester, weil er weiß, wenn etwas gut ist, bin ich sofort
dabei. Sein FreeNeck-Tragegurt ist meine Rettung, denn ich habe ein großes
Problem: ein schweres Instrument. Das Prinzip dabei ist, dass die Halswirbelsäule
völlig entlastet und der ganze Druck zwischen den Schultern ist,
zusätzlich wird der Gurt durch einen Gürtel gehalten. Gerade
beim Baritonsaxophon, auch wenn ich es jetzt nicht mehr so oft am Hals
hängen habe wie früher, ist das ganz entscheidend. Auf diesen
Haken bin ich auf witzige Weise gekommen. Gorski ruft mich eines Tages
an und sagt, er habe da etwas entdeckt. Nämlich dass der Haken erheblichen
Einfluss hat auf den Klang des Saxophons.
Ich muss ganz ehrlich sagen, zuerst habe ich gedacht: Na, jetzt spinnt
er, jetzt ist er endgültig durchgeknallt. Dieser Haken soll Einfluss
haben auf den Klang des Saxophons?! Dann habe ich aber doch gesagt: „Okay,
ich probier’s mal aus“, weil er mit diesem FreeNeck wirklich
was Tolles gemacht hat. Ich hab’s zuerst wirklich nicht geglaubt,
aber ich weiß, wenn er etwas anfängt, dann hat das irgendetwas.
Der Haken hat nicht immer so ausgeschaut wie jetzt, da ist ja ein ganzes
Jahr Entwicklung dahinter. Ich habe es dann im Gig ausprobiert und etwas
Verrücktes dabei festgestellt: dass der Klang viel leichter losgeht
und dass die Problemzonen beim Klang und bei der Ansprache, die jedes
Saxophon hat, total weg waren. Ich dachte, das ist nur subjektiv, habe
es aber mit dem Mikrofon und dem Monitor getestet und festgestellt: Der
Klang ist viel deutlicher am Ohr. Dann habe ich es dem Kollegen am Alt
probieren lassen und der hat dasselbe gesagt. Mit der Zeit sind wir dann
darauf gekommen, dass dieser Haken das Resonanzverhalten der Töne
mitbestimmt. Das Entscheidende ist, dass es hörbar etwas bringt,
nicht nur für mich, sondern für andere hörbar. Es ist nicht
zu fassen, aber es ist so.
Jazzzeitung: Kommen wir zum Schluss noch einmal zu
dem Musiker Zoller. Gibt es eigene neue Projekte von dir? Von Zollsound
oder den Masterfranks?
Zoller: Ich habe mich in den letzten zwei Jahren ein
bisschen zurückgezogen gehabt, weil ich es gebraucht habe. Ich werde
jetzt wieder ein Jahr mit der Saxophone Family arbeiten – im Herbst
geht’s wieder los – die wird in der ursprünglichen Besetzung
wieder auferstehen mit Roman Schwaller, Jürgen Seefelder und Evan
Tate. Mit den großen Gruppen wie den Masterfranks ist es zu schwierig
geworden, es ist zu viel Aufwand.
Ich werde noch ein Projekt „Zollsound 6 spielt den ‚Mond‘
von Carl Orff“ machen, mit einem Quintett und Kurt Weinzierl als
Sprecher. Beim „Inn-Töne-Festival“ bei Passau spiele
ich am 14. Mai mit Sam Rivers in einer größeren Besetzung,
vielleicht einem Oktett, wir spielen auch in der Unterfahrt, am 12. Mai.
Außerdem habe ich irgendwie wieder Lust auf Bigband und werde ein
Buch mit eigenen und fremden Stücken schreiben, mit Arrangements,
die ich interessant finde.
Jazzzeitung: Und wenn du spielst, dann nur noch mit
dem neuen Haken.
Zoller: Wenn ich spiele, spiel’ ich nur mit dem
Haken. Da gewöhnt man sich daran. Wenn man ihn dann nicht hat, das
merkt man.
Jazzzeitung: Also doch ein Haken an dem Haken!
Zoller: Ja, das ist der Haken an dem
Haken, er schafft eine gewisse Abhängigkeit. |