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In Musikerkreisen ist der Saxophonist Bob Rückerl aus dem niederbayerischen Abensberg längst kein Geheimtipp mehr. Zurzeit ist er unter anderem mit Ulli Forsters „Blue Eyes Big Band“ in Sachen Frank Sinatra unterwegs in ganz Deutschland, er spielt in der Audi-Big-Band Ingolstadt und in Christoph Hörmanns Werkstatt-Orchester Pfaffenhofen, gründete zusammen mit Helmut Nieberle ein Quartett, und seit einigen Jahren geht er jeden Herbst mit Jim Mullen auf Bayern-Tournee. Rückerl hat sich aber auch in seinem aufwändig restaurierten ehemaligen Brauerei-Verwaltungsgebäude in Abensberg ein kleines Studio eingerichtet, das von der süddeutschen Jazzszene oft und gern genutzt wird. Zusammen mit Gabriele Marchl hat er vor drei Jahren das Label Bobtale Records gegründet (siehe Jazzzeitung 1/01, S. 10), das inzwischen eine beachtliche Zahl an interessanten Produktionen hervorgebracht hat. Mit seinem neuesten Projekt könnte er sich endgültig in die Herzen der deutschen Jazzfans einquartieren.
Die vor kurzem fertig gestellte neueste CD des Bobtale Labels schließt eine Aufnahmephase von gut vier Jahren ab, Bob Rückerl hat sich damit einen lang gehegten Traum erfüllt: auf „Bob’s Delight“ musizieren nämlich neben den Bassisten Christian Diener, Karsten Gnettner und Wolfgang Kriener, Stephan Eppinger und Michael „Scotty“ Gottwald an den Drums, Franziska Forster, Juri Smirnov und Ulli Forster (Flöte), Norbert Emminger (Bassklarinette), Ante Dropuljich und Ladislav Fidri und Ramon Reberschak (Flügelhorn/Trompete) auch ein Streichquartett aus Georgien. Herausgekommen ist eine wunderbar altmodische Balladen-CD mit Titeln des Great American Songbook, aufwändigst arrangiert und dirigiert von Eduard Israelov („My Ship“, „Waltz For Debbie“, „When I Fall In Love“…), dem Komponisten und Pianisten Hans Huber und Ladislav Fidri, Leiter der Audi-Big-Band Ingolstadt und Chef der Radio Zagreb Big Band, denen Rückerl allesamt seit Jahren auch freundschaftliche verbunden ist. Gewidmet ist das Werk des „hoffnungslosen Romantikers“ (Rückerl in den Liner-Notes), das auch Eigenkompositionen des Saxophonisten („Slo’ Waltz“), von Helmut Nieberle („Waltz For Astor“) und Fidri („Song For Dizzy“) beinhaltet, übrigens seinem „Delight“ in Fleisch und Blut, seiner langjährigen Lebensgefährtin Anja Schöfbeck, die auch das Cover der Scheibe ziert. (Ganz im Hintergrund agiert Rückerl als Barmann. An genau dieser Theke haben sich die beiden vor 14 Jahren kennen gelernt…) Warum betreibt jemand einen derartigen Aufwand in Zeiten von digitalen Loops und modernen Duo-Mini-Besetzungen? „Ich steh’ einfach auf Schnulzen“, lautet die lapidare Anwort, die aber tief blicken lässt – genauso wie die liebevoll ausformulierten Erläuterungen zu den einzelnen Standards im Booklet: „When I Fall In Love“ war etwa einer der ersten Jazzsongs überhaupt, die Rückerl bewusst wahrgenommen hat, und wurde „for sentimental reasons“ mit aufgenommen, das wunderbare „My Old Flame“ ist direkt an Linda Ronstadts Interpreation angelehnt, und Nieberles „Waltz For Astor“ ist natürlich dem großen Mitromantiker Piazzolla gewidmet. Selber kann das Paar das Ergebnis vieler schweißtreibender Aufnahmesessions, die rein räumlich des öfteren die Kapazität des Studios zu sprengen drohten, nicht mehr „so richtig wertfrei“ beurteilen. Man sitzt nicht Händchen-haltend auf der Couch und hört die CD zusammen durch, Anja reagierte auf einige fertige Mixes regelrecht panisch – die Arrangements waren ihr beim ersten Hören fast „zu tragisch“, aber solch ein Werk ist eben nichts für den flüchtigen Augenblick, sondern eher für die Ewigkeit… Ursula Gaisa
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