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Wann hat man schon die Gelegenheit, den Mann zu sehen, der einen der größten Hits der Popmusik auf den Weg ins Universum des kollektiven musikalischen Weltgedächtnisses schickte? „The Girl from Ipanema“ – ein Song, den jeder kennt, der je vom Strand am Fuß des Zuckerhutes träumte, und wer hätte das nicht schon irgendwann in seinem Leben getan? Nun also, es war weder Astrud Gilberto, noch Stan Getz, weder Frank Sinatra noch sonst irgendeiner derer, die für die inzwischen rund 2000 Aufnahmen sorgten, die der Jobim-Song bisher erfuhr. Auch Johnny Alf, der eigentlich im Programm angekündigte „Vater des Bossa Nova“ kann die Ehre der Erstaufnahme nicht für sich verbuchen. Der Erste war Pery Ribeiro. Und weil der 78-jährige Alf auf Grund einer schweren Erkrankung die Reise von Rio nach Deutschland nicht antreten konnte, weil deshalb auch seine Gesangspartnerin Alaíde Costa in Rio blieb, durften sich die zahlreichen Zuhörer/-innen im ausverkauften Audi Forum in Ingolstadt nun davon überzeugen, dass das seit Mitte der 60er gefeierte Gesangs-Duo Leny Andrade und Pery Ribeiro den Bossa Nova immer noch so gut drauf hat wie damals. Die beiden Veteranen der brasilianischen Szene genießen in ihrem Heimatland nach wie vor Kultstatus, völlig zu Recht, wie sich anlässlich ihres ersten gemeinsamen Europatrips zeigt. Ribeiro, ganz routinierter Entertainer, singt mit temperamentvoller Stimme und sonorer Virilität von der „Felicida“ oder zelebriert nur von Morellos Gitarre begleitet die wunderbare Ballade „Manha de Carnivale“. Leny Andrade mengt dem Südamerika-Pop sodann wesentlich mehr Jazz bei als ihr Kollege. Mit unmittelbarer Emotionalität und charaktervoller Sangeskunst stellt sie unter Beweis, warum die New York Times sie unlängst als „Sarah Vaughan of Brazil“ ehrte. Dizzy Gillespies „Night in Tunesia“ jedenfalls swingt als samtene Melodie in gelassenem Tempo durchaus lustvoll durch die Nacht, und mit ihrem à capella Scatsolo braucht sich Andrade vor keiner Sängerin aus dem Norden zu verstecken. Die Tournee der „Bossa Nova Legends“ verdankt sich der Brasilian Connection des dänisch-deutschen Duos Kim Barth, Tenorsaxophon / Flöte, und Paulo Morello, Gitarre, die – einmal vom Bossa Nova Virus angesteckt (vgl. Dossier in der Jazzzeitung 9/2003) – ihre Liebe zu Brasilien auch über den Tag hinaus pflegen. So ist es wenig verwunderlich, dass Barth und Morello, letzterer ist Gitarrendozent an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg, der seinen bürgerlichen Namen dem Bossa zuliebe abgelegt hat, besonders erfreut über die Gelegenheit zur Zusammenarbeit waren. Die ergab sich, als die beiden auf den Spuren von Stan Getz und Charlie Byrd wandelnd in Rio den Geheimnissen der dortigen musikalischen Tradition an Ort und Stelle auf die Spur kommen wollten. Aus einem kurzen Trip zum Zuckerhut wurde alsbald ein längerer Aufenthalt – die beiden wohnten eine Zeit lang sogar in derselben Straße, in der seinerzeit Jobims Domizil lag –, der mit einer CD-Produktion beschlossen wurde (Morello And Barth feat. Alaíde Costa & Johnny Alf „Fim De Semana em Eldorado“, IOR 77055-2). Nicht nur die alten Klassiker, auch eigene Kompositionen im Geist des Jazz-Samba-Booms der 60er mit seinen leicht schwebenden Rhythmen und nachtweichen Sounds bringen die beiden von der Copacabana mit, darunter die dem Regensburger Pianisten Jermaine Landsberger gewidmete „Balada pra J.“, zelebrieren sie gemeinsam mit einer Rhythmusgruppe, die auch im Mutterland des Bossa Nova ihresgleichen sucht, im feinabgestimmten Latin-Groove. Tobias Böcker |
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