Eine Art Spleen oder Traum hat sich der Gitarrist und Saxophonist
Bob Rückerl mit seinem Bobtale Studio erfüllt. Mitten in der
Hallertau, eher bekannt für ihren Spargel und die ausgedehnten Hopfenfelder,
hat sich der ehemalige Globetrotter, der mit seiner Gitarre schon in Holland,
Frankreich, in Indien und auf Gran Canaria unterwegs war, im ehemaligen
Verwaltungsgebäude der Gambrinus Brauerei in Abensberg gemütlich
eingerichtet.
Jazzzeitung: Warum richtet sich ein Vollblut-Musiker ein Studio
ein, gibt es nicht genügend andere?
Bob Rückerl: Weil es für mich und meine Musiker-Freunde
sehr schwierig war, wenn man zusammen etwas aufnehmen wollte, ein Demo
etwa. Andere gute Studios sind oft teuer. So habe ich angefangen, immer
wenn ich gut verdient habe, mir ein paar Sachen zu kaufen. Irgendwann
hatte ich dann genügend Material zusammen, und ein befreundeter Tontechniker,
Al Kreuzer, hat das Studio dann eingerichtet. Eigentlich wollte ich es
anfangs selber betreiben, aber die Technik ist zu kompliziert für
mich, ich spiele lieber selber.
JZ: Seit der Renovierung deines Hauses vor zwei Jahren existiert
das Bobtale Studio. Wer hat schon bei dir aufgenommen?
Rückerl: Es ging gleich super los mit einer Charly-Meimer/Helmut-Nieberle-Platte
(Life At Berkley Square, 1999), dann kamen die Cordes Sauvages und jetzt
eben waren Kagerer und Nieberle wieder hier. (Jazzzeitung 12/00) Und mittlerweile
gibt es mehr Anfragen, als ich je erwartet hatte, denn das Studio war
ja nicht geplant, um Geld verdienen.
JZ: Was steht in nächster Zeit an?
Rückerl: Ich selber mache gerade eine aufwändige Sache
mit Streichquartett. Das wird eine Scheibe mit Jazzballaden, mit Stücken
aus dem Great American Songbook, die mir einfach gut gefallen. Dann will
ein Gitarrist aus Oldenburg, Jörg Seidel, ein Nat-King-Cole-Projekt
angehen, wahrscheinlich ist Bill Ramsey mit von der Partie... Außerdem
haben wir während der Jim Mullen-Helmut Nieberle-Sextett-Tour eine
CD aufgenommen, das war in zwei Tagen passiert...
JZ: Und den Musikern gefällts?
Rückerl: Den Leuten, die bisher hier aufgenommen haben, hat
es super gut gefallen, ein Vorteil ist, dass es nicht im Keller ist, das
finden alle sehr angenehm. Und die Atmosphäre ist auch immer easy
und relaxt, es gab eigentlich noch nie Stress.
JZ: Wie viele Musiker können von der räumlichen Kapazität
her bei dir produzieren?
Rückerl: Gleichzeitig zu neunt hat schon funktioniert. Mein
Bruder nimmt mit seinem Kinderchor gerade eine Platte auf, die sind zu
zehnt, das geht auch, bequem ist es natürlich für klassische
Besetzungen fünf, für den normalen Jazzrahmen eben.
JZ: Irgendwelche neuen Pläne?
Rückerl: Ich habe vor, mit Freunden ein eigenes Label und
einen Verlag zu gründen, hauptsächlich wollen wir damit das
Material herausbringen, das wir hier produzieren.
Eine interessante Geschichte haben wir vor: Helmut Nieberle ist ja ein
echter Gourmet, der oft und gerne Essen geht, deshalb will er eine Platte
rausbringen, auf der er die Rezepte seiner Lieblingsköche vertont.
Viele CDs werden heutzutage gebrannt, einer kauft sich das Original und
das brennt er dann 20 Mal für seine Kumpel. Wenn man natürlich
jetzt so ein Projekt mit einem aufwändigen Booklet mit Rezepten und
schönen Bildern vor sich hat, dann ist das Brennen eigentlich nicht
mehr so interessant, dann ist es wichtig, das Booklet im Original zu haben.
Unser Ziel ist auch, unserem Label, das übrigens Bobtale Records
heißen soll, ein ganz bestimmtes unverkennbares Gesicht zu geben,
wie es die Großen auch geschafft haben.
Interview: Ursula Gaisa
Bobtale Studio: Tel. 09443/75
90
Service: Al Kreuzer und die Technik
Für die Qualität der seit zwei Jahren in Bob Rückerls
Bobtale Studio produzierten Aufnahmen ist Rockgitarrist, Sänger und
Tontechniker Bernhard Al Kreuzer verantwortlich. Jazzzeitungsredakteur
Andreas Kolb sprach mit Kreuzer über Aufnahmephilosophie, Aufnahmetechnik
und Jazzmusik.
Jazzzeitung: Was ist das Besondere, wenn man Jazzer aufnimmt?
Al Kreuzer: Es kommt darauf an, den Moment des gemeinsamen Musizierens
einzufangen. Das unterscheidet meine Arbeit bei Bobtale von Werbe- oder
Popaufnahmen, in denen mit Overdubs gearbeitet wird.
JZ: Und dafür findest du bei Bob Rückerl gute Bedingungen?
Kreuzer: Ja, das Studio ist ein reines Tageslichtstudio. Es bietet
eine Atmosphäre, in der die Musiker gut arbeiten können. Es
gibt einen Regie- und zwei Aufnahmeräume, die sich durch eine natürliche
Raumakus-tik auszeichnen. Das heißt, ich nehme die Instrumente relativ
unbehandelt mit dem Sound des Raums auf.
JZ: Das ist dann für die Musiker wie beim Livekonzert?
Kreuzer: Man fühlt sich einfach wohl und nicht so eingesperrt
wie in einer akustisch neutralen Kabine, wie das bei Pop-Produktionen
oft gemacht wird.
JZ: Wie nimmst du auf?
Kreuzer: Meist alles in einem Raum und aufwändig mikrofoniert.
Verstärkte halbakustische Gitarren zum Beispiel wie die von Helmut
Nieberle und Cordes Sauvages auf der CD Salut to Django nehme
ich mit zusätzlichen Mikros auf.
JZ: Welches Equipment verwendest du?
Kreuzer: Ich nehme digital auf und verwende auf der Hard-Disc-Ebene
Pro Tools, weiter ein bandgestütztes Digitalband (ADAT)
mit bis zu 24 Spuren. Dazu kommt das übliche notwendige analoge Equipment
wie Mischpult, Effektgeräte sowie diverse hochwertige Mikrofone.
JZ: Siehst du für kleine Studios, die von Musikern selbst
betrieben werden, eine Marktnische?
Kreuzer: Ja, aus drei Gründen. Erstens ist der Selbstverlag,
das Selbstmanagement und auch das Selbstaufnehmen aus Kostengründen
heute immer wichtiger für Jazzmusiker. Zweitens ist heute die Technik
für Profianwendungen längst nicht mehr so teuer, wie vor 20
Jahren. Weniger Kosten heißt eben auch größere künstlerische
Unabhängigkeit. Und nicht zuletzt nimmt die persönliche Atmosphäre,
die in so einem Studio gegeben ist, auch positiven Einfluss auf die Qualität
der Musik und der Aufnahme.
|