Der Pionier des elektrischen Pianos, Joe Zawinul, Co-Leader der legendären Fusion Band Weatherreport,
die in den 70er-Jahren triumphale Erfolge feierte, ist auf Tournee. Joe Zawinul & The Zawinul Syndicate stellt
die soeben neu erschienene CD Faces & Places vor. Am 7. Juli feiert er seinen 70. Geburtstag.
Jazzzeitung: Sie haben während der Arbeit an Ihrer neuen CD Ihr prinzipielles Mantra one world
one people individualisiert zu places & faces. Besteht ein Zusammenhang?
Zawinul: Ja, es gibt immer einen Zusammenhang. Mein Leben besteht aus meiner Familie, das ist mir sehr wichtig,
und ich reise sehr viel. Dabei entsteht sozusagen meine erweiterte Familie. Mein Sohn Ivan ist außerdem auf
allen Touren mit dabei, als Soundingenieur. Die neue CD hat er auch als Coproduzent zusammen mit mir erstellt.
Ich finde, auf der ganzen Welt sind die Unterschiede zwischen den Menschen so gering, dass es mit anderen Leuten nie
ein Problem geben sollte. Leider ist es aber so! Im Allgemeinen ist es die Ignoranz, das Nicht-Kennen, das einen großen
Anteil an Missverständnissen hat. Es ist nicht einfach, den Leuten ein Chakra zu geben, verstehen sie? Da liegt
noch ein großes Problem. Ich habe diese Probleme nicht, weil ich eben in der ganzen Welt herumfahre. Ich habe
so viele Freunde überall und Leute, die uns kennen, die wir kennen. Für mich gibt es keinen Unterschied
zwischen den Menschen.
Jazzzeitung: Was sind die Quellen Ihrer Inspiration?
Zawinul: In dem Moment, in dem ich improvisiere, ist überhaupt nichts da. Man ist in einer anderen Zone.
Improvisation ist für mich Inspiration. Und wenn Inspiration anfängt, hört rationales Denken auf. Ich
geh immer von einem Sound aus. Wenn ich einen Sound habe, kann ich sofort etwas machen oder nicht. Dann gehts
ans Improvisieren, die Zeit bleibt stehen, wenn man nicht gelangweilt ist, dann entstehen immer gute Sachen.
Jazzzeitung: Warum hat man gerade Sie ausgewählt, die Gedenkmusik ,,Mauthausen vom großen
Sterben hören zu schreiben, die 1998 in den Granitsteinbrüchen des ehemaligen KZ aufgeführt wurde?
Zawinul: Weil ich glaube, dass ich derjenige bin, der das wirklich gut versteht, auch musikalisch. Ich war
immer ein Geschichten-Erzähler. So konnte ich auch die Geschichte dieses furchtbaren Lagers erzählen. Es
war nicht überraschend für mich.
Jazzzeitung: Wie stehen sie heute zu ihrer Heimat Österreich?
Zawinul: Ich bin sehr stolz, ein Österreicher zu sein. 43 Jahre bin ich schon weg und immer noch ein Staatsbürger
meines Landes.
Jazzzeitung: Und wie kommen Sie mit dem österreichischen Ehrentitel eines Kulturbotschafters Good
Will Ambassador for the South African Countries diesen Aufgaben nach?
Zawinul: Meine Aufgabe als Botschafter nehme ich ernst: Den Leuten zu helfen, ihnen zu zeigen,
sich selbst zu helfen. Vor allem den Menschen in Not und auch den fleißigen.
Interview: Karin Meesmann
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