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Das sei eine zeitlose Platte, sagt Thorsten Klentze, schon mindestens 30-mal habe er sie verschenkt. Die Rede ist von Sleep My Love, einer Trio-Aufnahme von Charlie Mariano, Philip Catherine und Jasper vant Hof, Musterbeispiel kammermusikalisch-europäischer Jazz-Ästhetik, erschienen 1979 bei CMP. Ich habe diese Band in der Hamburger Fabrik gehört und im Onkel Pö. Ich konnte jedes Solo auf der Platte mitsingen. Klentze, der bis dahin von der Aufmüpfigkeit der Folk-Rock-Generation geprägt war, von Paul-Simon-Songs und John-Renbourn-Pickings, wurde damals vom Jazz-Bazillus gepackt und bis heute nicht wieder losgelassen.
Bald danach kam das Nordlicht nach München mit dem einen Ziel: Jazz-Gitarre zu spielen. Als Autodidakt und spät Berufener war er Lernender und Lehrender zugleich. Ich habe ein paar Bücher studiert, habe Leute aufgesucht Peter Wölpl, Philip Catherine, Michael Sagmeister, Eddy Marron und dann angefangen, meine eigene Technik zu entwickeln. Gelebt habe ich vom Unterrichten. Aushänge an Bahnhöfen und eine freakige Anzeige in der Stadtzeitung (Wer hat Sehnsucht nach Hornhaut auf den Fingerkuppen?) brachten ihm die ersten Schüler. Später, als Klentze ins Münchner Umland zog, fand er im Werkhaus in München-Neuhausen eine feste Unterrichtsstätte. Dadurch, dass ich selbst immer sehr lange gebraucht habe, kann ich den Schülern die Fundamente gut beibringen. Und durch das Erklären-Müssen lernt man selbst noch eine Menge. Natürlich vermittelt Klentze seinen Schülern auch die von ihm selbst entwickelte 7-Lagen-Technik. Die meisten Gitarristen spielen sehr viele Lagenwechsel. Ich habe entdeckt, dass man in einer Position alle Tonarten spielen kann, ohne dass man groß rutschen muss. Das bedeutet einfach viel mehr Kontrolle auf dem Instrument. Da habe ich neue Wege entwickelt, die ich so bei anderen Gitarristen noch nicht entdeckt habe. Bis heute sind Philip Catherine, Charlie Mariano, die Platte Sleep My Love und die schlagzeuglose, kammermusikalische Jazz-Praxis wichtige Orientierungspunkte in Klentzes Musik. Der Anglo-Belgier Philip Catherine ist so etwas wie Klentzes Haus-Heiliger geworden. Catherine ist aus meinem Spiel nicht wegzudenken, gibt er freimütig zu. Er hat mich wirklich gepackt auch sein melodisches Konzept. Ein sehr ästhetischer Spieler. Wer Catherines freimütig-großräumige Linien und seinen bittersüßen, warmen Gypsy-Klang im Ohr hat, wird ihr Echo in Klentzes Spiel erkennen. Auch der Wahl-Bayer hat seine Freude daran, seine Gitarrenläufe mit Bedacht hinaus in Raum und Zeit zu zirkeln. Mit Catherines einstigem Partner, Charlie Mariano, dem Meister des beseelten Saxophonspiels, hat Klentze bereits zwei Platten gemacht: Beim Schreiben hatte ich Charlies Sound immer im Hinterkopf, gibt er gerne zu. Aus der Zusammenarbeit mit Mariano ging auch Klentzes aktuelles Quartett hervor, dem Roger Jannotta, Jost H. Hecker und Marika Falk angehören. Die Gitarre, ein Multi-Bläser, das Cello und die Handtrommeln bilden den fast artifiziellen Rahmen für eine exquisite, zeitlose Klangvision. Auf seinem jüngsten Album Late geht Klentze sogar so weit, offen mit dem Trio-Konzept seiner Lieblingsplatte
Sleep My Love zu flirten. Zusammen mit Roger Jannotta (an Saxophonen, Flöte, Oboe, Bassklarinette)
und David Friedman (an Vibraphon und Marimba) erforscht er hier neue, verschlungene Pfade für überwiegend
balladeske Stimmungen. Die Ausgangs-Ideen der Stücke könnten dabei kaum strenger und nüchterner sein:
Hans-Jürgen Schaal Aktuelle CD
Diskografie
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