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„Plattenboss aus Leidenschaft“ – schon der Titel verrät, dass sich die Autobiographie von Siegfried „Siggi“ Loch , erschienen bei Edel (ISBN 978-3-941378-81-0), eher an Insider richtet. Zwar verschweigt Loch auch die persönlichen, teilweise persönlichsten Dinge nicht. Das beginnt schon mit den harten Nachkriegsjahren, die er als Bub einer aus Pommern vertriebenen Familie erst in der Sowjetischen Besatzungszone, und dann nach neuerlicher Flucht auch im Westen hatte. Man erfährt nicht nur von seiner bis heute währenden großen Liebe Sissy, sondern gelegentlich auch von den Anfechtungen, die sie zu bestehen hatte. Und lückenlos kann man Lochs Umzüge und die Stationen seines Lebens zu Lande wie zu Wasser (das Segeln wurde eine weitere Leidenschaft) verfolgen. Sogar Nahestehende und Freunde bezeugen, dass sie manche Details bislang nicht wussten. Letztlich aber ordnen sich diese privaten Passagen doch dem Porträt einer Karriere unter, mit einer Ausnahme: Lochs Leidenschaft für Fotographie und Kunst durchzieht das Buch (auch graphisch) genauso wie die für die Musik. Der unbeirrbare, dadurch auch von Verlusten begleitete Weg im Dienste der Künste macht eben – das suggeriert das Buch unmissverständlich – den Kern seiner Persönlichkeit aus. Mit Gewinn ist diese Biographie also für viele zu lesen. Zur Pflichtlektüre aber wird sie für die, die sich näher für die Geschichte des Musikbusiness der vergangenen 50 Jahre interessieren oder womöglich selbst Teil davon sind. Was zum einen daran liegt, dass dieser Siggi Loch einer inzwischen
ausgesterbenden Spezies angehört, wie er sie selbst treffend beschreibt: „Die
Branche war ein Sammelbecken für Glücksritter wie mich, angetrieben
von ihrer Leidenschaft für Musik. Und Buchhalter waren schon damals
die Totengräber aller Träume.“ Dass sich Siggi Loch von den meisten dieser „Kollegen“ unterscheidet, auch das wird dem Leser indes schnell klar: Loch hat sich von der Pike auf hochgearbeitet, stets mit 110-prozentigem Einsatz: Vom Hobbyschlagzeuger und Plattensammler zum Plattenverkäufer für die Electrola, der die Radiogeschäfte mit einen VW Käfer voller Platten abklappert; vom „Ressortleiter Jazz“ und fast selbsternannten Poduzenten bei Phillipps zum Geburtshelfer der europäischen Dependance von Liberty Records (und das mit 26 als jüngster Plattenboss Deutschlands); vom Gründungschef der deutschen Warner zum Europa-Chef von Nesuhi Erteguns WEA, nun also ein „Löwe unter Alphatieren“; und schließlich die Metamorphose zum eigenen Herrn, indem er den immer wieder verschobenen Traum vom eigenen Label wahr macht: ACT. All diese Stationen schildert Loch detailiert und – Privileg des Alters – durchaus selbstkritisch. Nie, und das macht das Buch zur erfreulichen Ausnahme in der Masse der Biographien, erschöpft sich das in Musikeranekdoten oder Branchenklatsch. Loch behält stets das große Ganze, die Entwicklung der Musik –, ja der Medienlandschaft im Blick. Und als einer, der sich stets an vorderster Front eingemischt hat – unter anderem war Loch lange Vorstand des Phonoverbandes, Gründer der Phonoakademie und zuletzt Initiator des Jazz Echos – vertritt er auch hier mit der ihm eigenen Leidenschaft seinen Standpunkt. Stets mit gewichtigen Argumenten. Oliver Hochkeppel |
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