Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Eine ziemlich einzigartige Laufbahn hat er mit seinen 42 Jahren schon hinter sich, der aus Serbien stammende Pianist Bojan Zulfikarpašic. Man soll ja mit Superlativen immer vorsichtig sein, aber vor den Augen des interessierten Beobachters des aktuellen Jazz entsteht das Bild eines ziemlich außergewöhnlichen Musikers, ein überzeugender Repräsentant des Jazz in Europa. Geboren ist er 1968 in Belgrad, kam früh mit der Musik in Kontakt
und begann mit fünf Jahren mit dem Klavierspielen.
Sehr schnell wurde er im damaligen Jugoslawien bekannt und erhielt schon 1989 den Preis für den besten jungen Musiker der jugoslawischen Jazz- und Rockszene. Auch ein Auftakt für viele Preise und Ehrungen, die er bis heute erhielt. Dem vorangegangen war ein kurzer mehrmonatiger Studienausflug nach
Michigan/USA, wo er bei dem legendären Pianisten Clare Fischer im Blue Lake Fine
Arts Camp studierte (für mich unvergessen Fischers kometenhaftes
Erscheinen in den 60er-Jahren mit der LP „First Time Out“ im
Trio mit Gary Peacock und Gene Stone, die sofort eine 4-Sterne-Bewertung
bei Down Beat erhielt). Bojan Z: Noël Akchoté war der erste, der mir Paris zeigte. Und das war damals sehr wichtig, als Paris noch viele berühmte Clubs hatte, wo man die Szene erleben konnte. Heute haben die meisten geschlossen. Das war so 1988, 89, 90. Und ich lernte das Land kennen, in dem ich jetzt lebe. Ich begann dann zu studieren, am Centre Information Musicale. Und ich traf dort andere junge Musiker in meinem Alter. In meiner ersten eigenen Band gab es den Schlagzeuger Francois Merville. Wir hingen an der Schule herum und entwickelten eine neue interessante Musikerszene. Daraus entstanden dann eine Reihe Bands, mit Musikern wie Sebastien Texier, vor allem auch Julien Lourau. Mit Label Bleu fing dann die Zeit der großen Bühnen an. Vor allem Henri Texier zu treffen, war eine große Sache. Es war der allerbeste Musiker, den ich treffen konnte. Er war schon seit Jahren einer der Großen der französischen Szene und er war sehr großzügig, half bei allen möglichen Dingen. JazzZeitung: Und zur Musik, die Sie damals spielten: Es folgt eine kurze Diskussion über die Verbindung der aktuellen
Musik zur europäischen Folklore, deren korrekte Bewertung ihm als
geborenem Serben verständlicherweise sehr am Herzen liegt. Natürlich
sieht er sich, sein musikalisches Leben mitgeprägt durch die Folklore
seiner Heimat, stellt aber fest, dass die Folklore in Europa weitgehend
verschwunden ist und zum Beispiel mit dem Jazz eine freie Art von Musik
entstanden ist, die natürlich auf den unterschiedlichen Quellen
der Musik und der Musiker basiert, wobei es sich aber eben um die Welt
der Improvisierten Musik handelt. Er gründete sein eigenes Quartett, spielte Solo wie auch im Piano-Trio, nahm die ersten und sehr erfolgreichen CDs bei Label Bleu auf. Dieses Label schätzt er heute sehr im Rückblick, hebt hervor, dass es im Interesse der Musiker und der Musik sehr positiv arbeitete. Sein Ende fiel dann in eine für den Jazz in Frankreich insgesamt schwierige Phase. Doch auch die wurde überwunden. Ebenso entstand ein bis heute geschätztes Projekt auf den Grundlagen der Tradition der Musik vom Balkan, „Expatriots“ mit Musikern aus den verschiedenen Balkanländern, Nenad Gajin, Krassen Lutzkanov, Aleksander Petrov, Bachar Khalife, Zlatko Baracskai und Martin Gjakonovki. Und er begegnet immer wieder aktuellen Musikern aus diesen Ländern, auch denen, die seit langem in Deutschland leben, wie Dejan Terzic oder Nicolas Simion, den er im November 2009 bei seinen Auftritten in Paris erlebte. Mit der CD “XENOPHONIA” aus dem Jahr 2006 mit Remi Vignolo (b), Ari Hoenig oder Ben Perowsky (dr) und Krassen Lutzkanov (kaval) gewann er den Preis „les victoires du jazz 2007“, nachdem er 2005 den „European Jazz Prize“ (Hans Koller Preis) als bester europäischer Jazzmusiker verliehen bekommen hatte. Ein wichtiges Projekt seit einigen Jahren ist das Trio „Bozilo“ mit Karim Ziad (Schlagzeug, Percussion) und dem alten Freund Julien Lourau. 2009 erschien von ihm eine Live Aufnahme (BoziloLive, JMS). Und im Herbst 2009 spielte er mit diesem Trio in der Düsseldorfer Jazzschmiede. Im selben Jahr veröffentlichte er die 2008 aufgenommene Aufnahme seines neuen Quartetts „Tetraband“ mit dem vielseitigen Namen „Humus“, zum ersten Mal auf Universal (Bojan Z Tetraband: Humus, Universal Music France 5320226). Mit dabei sind der aus New York stammende Posaunist Josh Roseman, der englische Schlagzeuger Sebastian Rochford und die Bassistin Ruth Goller, ebenfalls aus London. Zur Entstehung dieses Projekts berichtet er: „Als aktiver Musiker kommt man zu vielen Orten, Festivals, wo man dann auch andere hört. Es begann damit, dass ich Sebastian Rochford hörte. Seine Art zu spielen gefiel mir, punkorientiert, kraftvoll und laut. Er tat viel, komponierte, spielte alle Arten von Stilen. Und ich traf Josh Roseman in Nijmegen auf dem Music Meeting im Mai.Und dann entstand bei mir die Idee, akustische und elektrische Musik miteinander zu verbinden. Für mich kam mein zweites Instrument, Fender Rhodes dazu. Als ich dann die Gelegenheit für einen ersten Auftritt hatte in La Villette in Paris, hatte ich schnell alles zusammen. Mit Posaune war ich vertraut, hatte ich doch in den früheren Jahren oft mit Glenn Ferris zusammengespielt. Ich hörte mir Joshs Sachen an und fand, dass er sehr geeignet war, um aus diesen ganzen Dschungelsachen heraus zu finden. Dann trafen wir zusammen, übten und spielten unser erstes Konzert zusammen in Paris, und damit war das Projekt geboren.“ Hans-Jürgen von Osterhausen |
|