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Jazzzeitung

2010/05 ::: seite 8

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Inhalt 2010/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Dick Katz


TITEL - Gegensätze ziehen sich an
Newcomerin Mary Halvorson im Portrait


DOSSIER - Jazzfestivals
Gaume Jazz Festival // Jazzforum Budapest // Jazz-Festival in St. Moritz // Jazzfestival Saalfelden // Jazz Festival Willisau


Berichte

„Trio Elf“ mit neuer CD: „Elfland“ // 34. Leipziger Jazztage // Münchner Konzertreihe AllThatJazz@gasteig // > Vive le Jazz< 2010


Portraits

Aus der Welt des Bojan Z // Dave Brubeck wird 90 // Sängerin Jessica Gall // Yaron Herman // Kristina Kanders // Collectif LeBocal // Trombone Shorty


Jazz heute und Education
Der Jazz-Komponist Simon Scharf // Mediation im Kulturbereich // Dresdens Jazzclub Neue Tonne freut sich auf die Geburtstags-Saison Abgehört: Ein Solo für die Melodica: Larry Goldings: (I‘m Your) Jellyman
Larry Goldings: (I‘m Your) Jellyman

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Fruchtbarer Boden

Aus der Welt des Bojan Z – im Gespräch mit ihm

Eine ziemlich einzigartige Laufbahn hat er mit seinen 42 Jahren schon hinter sich, der aus Serbien stammende Pianist Bojan Zulfikarpašic. Man soll ja mit Superlativen immer vorsichtig sein, aber vor den Augen des interessierten Beobachters des aktuellen Jazz entsteht das Bild eines ziemlich außergewöhnlichen Musikers, ein überzeugender Repräsentant des Jazz in Europa.

Geboren ist er 1968 in Belgrad, kam früh mit der Musik in Kontakt und begann mit fünf Jahren mit dem Klavierspielen.
Selbst räumt er ein, dass sein Heimatland nicht zu den Ländern gehört, über deren kulturelle Projekte ständig berichtet wird, obwohl es natürlich über ein in Europa ganz normales und produktives Kulturleben verfügt.

Bojan Z auf dem Jazzdor Festival 2010 in Berlin. Foto: Peter Bastian

Bild vergrößernBojan Z auf dem Jazzdor Festival 2010 in Berlin. Foto: Peter Bastian

Sehr schnell wurde er im damaligen Jugoslawien bekannt und erhielt schon 1989 den Preis für den besten jungen Musiker der jugoslawischen Jazz- und Rockszene. Auch ein Auftakt für viele Preise und Ehrungen, die er bis heute erhielt.

Dem vorangegangen war ein kurzer mehrmonatiger Studienausflug nach Michigan/USA, wo er bei dem legendären Pianisten Clare Fischer im Blue Lake Fine Arts Camp studierte (für mich unvergessen Fischers kometenhaftes Erscheinen in den 60er-Jahren mit der LP „First Time Out“ im Trio mit Gary Peacock und Gene Stone, die sofort eine 4-Sterne-Bewertung bei Down Beat erhielt).
Wahrscheinlich war für ihn nach dem kurzen US-Ausflug der Weg in den Jazz vorgezeichnet, doch in die USA zog es ihn nicht. Stattdessen zog er 1988 nach Paris, wo er bis heute in einem südlichen Vorort mit seiner Familie lebt. Früh genossen hat er die lebendige französische Szene und von ihr profitiert. Noch gab es die große Zahl von Clubs in der Seine-Metropole, wo er die großen Stars, aber auch seine Generation traf. Seine ersten Pariser musikalischen Gehversuche absolvierte er mit Musikern wie Noël Akchoté, Julien Lourau, Magic Malik im Marc Buronfosse Quartett. Mit Julien vor allem ist er bis heute verbunden, war gerade erst Anfang Juni auf dem Jazzdor Festival Berlin im Kulturbrauerei-Kesselhaus am Prenzlauer Berg im Duo zu erleben: wie immer ein virtuos wie gleichermaßen emotional geprägter Auftritt von zwei Freunden, die sich seit 20 Jahren kennen. Seine sogenannte Lern- und Erfahrungsphase bezog schließlich „Lehrmeister“ wie Henri Texier in dessen Azur Quartet oder Michel Portal ein, die nicht nur junge Musiker wie Bojan Z, sondern den aktuellen Jazz in Frankreich insgesamt ganz wesentlich geprägt haben.

Bojan Z: Noël Akchoté war der erste, der mir Paris zeigte. Und das war damals sehr wichtig, als Paris noch viele berühmte Clubs hatte, wo man die Szene erleben konnte. Heute haben die meisten geschlossen. Das war so 1988, 89, 90.

Und ich lernte das Land kennen, in dem ich jetzt lebe. Ich begann dann zu studieren, am Centre Information Musicale. Und ich traf dort andere junge Musiker in meinem Alter. In meiner ersten eigenen Band gab es den Schlagzeuger Francois Merville. Wir hingen an der Schule herum und entwickelten eine neue interessante Musikerszene. Daraus entstanden dann eine Reihe Bands, mit Musikern wie Sebastien Texier, vor allem auch Julien Lourau.

Mit Label Bleu fing dann die Zeit der großen Bühnen an.
Man braucht solche Gelegenheiten und hat Glück, wenn man sie hat. Und dann hört man nicht mehr auf, es geht weiter und weiter. Man hört nie auf zu lernen.

Vor allem Henri Texier zu treffen, war eine große Sache. Es war der allerbeste Musiker, den ich treffen konnte. Er war schon seit Jahren einer der Großen der französischen Szene und er war sehr großzügig, half bei allen möglichen Dingen.

JazzZeitung: Und zur Musik, die Sie damals spielten:
Bojan Z: Wir, das heißt Noël und Julien, mochten Stücke von ganz unterschiedlichen Musikern. Wir spielten die Stücke von Ornette Coleman, die von Jamaaladeen Tacuma, oder Funk Free Sachen. Ganz verschiedene Sachen, meist voller Energie. Und Henris Musik war ganz in der Geschichte verwurzelt, Swing, Walking Babies, Air, rhythmische Unterbrechungen. Und die Bretagne und Afrika spielten eine Rolle. Afrikanische Musik war immer sehr interessant. Überhaupt diese Begegnungen, dieses hybride Mischen der verschiedenen Elemente insbesondere von Volksmusik war mir gar nicht fremd.

Es folgt eine kurze Diskussion über die Verbindung der aktuellen Musik zur europäischen Folklore, deren korrekte Bewertung ihm als geborenem Serben verständlicherweise sehr am Herzen liegt. Natürlich sieht er sich, sein musikalisches Leben mitgeprägt durch die Folklore seiner Heimat, stellt aber fest, dass die Folklore in Europa weitgehend verschwunden ist und zum Beispiel mit dem Jazz eine freie Art von Musik entstanden ist, die natürlich auf den unterschiedlichen Quellen der Musik und der Musiker basiert, wobei es sich aber eben um die Welt der Improvisierten Musik handelt.
Und sehr früh begann er in Paris, seine eigenen Projekte zu gründen. Heute bieten sie einen nachvollziehbaren Blick auf seine Musikerpersönlichkeit.

Er gründete sein eigenes Quartett, spielte Solo wie auch im Piano-Trio, nahm die ersten und sehr erfolgreichen CDs bei Label Bleu auf. Dieses Label schätzt er heute sehr im Rückblick, hebt hervor, dass es im Interesse der Musiker und der Musik sehr positiv arbeitete. Sein Ende fiel dann in eine für den Jazz in Frankreich insgesamt schwierige Phase. Doch auch die wurde überwunden. Ebenso entstand ein bis heute geschätztes Projekt auf den Grundlagen der Tradition der Musik vom Balkan, „Expatriots“ mit Musikern aus den verschiedenen Balkanländern, Nenad Gajin, Krassen Lutzkanov, Aleksander Petrov, Bachar Khalife, Zlatko Baracskai und Martin Gjakonovki. Und er begegnet immer wieder aktuellen Musikern aus diesen Ländern, auch denen, die seit langem in Deutschland leben, wie Dejan Terzic oder Nicolas Simion, den er im November 2009 bei seinen Auftritten in Paris erlebte. Mit der CD “XENOPHONIA” aus dem Jahr 2006 mit Remi Vignolo (b), Ari Hoenig oder Ben Perowsky (dr) und Krassen Lutzkanov (kaval) gewann er den Preis „les victoires du jazz 2007“, nachdem er 2005 den „European Jazz Prize“ (Hans Koller Preis) als bester europäischer Jazzmusiker verliehen bekommen hatte.

Ein wichtiges Projekt seit einigen Jahren ist das Trio „Bozilo“ mit Karim Ziad (Schlagzeug, Percussion) und dem alten Freund Julien Lourau. 2009 erschien von ihm eine Live Aufnahme (BoziloLive, JMS). Und im Herbst 2009 spielte er mit diesem Trio in der Düsseldorfer Jazzschmiede.

Im selben Jahr veröffentlichte er die 2008 aufgenommene Aufnahme seines neuen Quartetts „Tetraband“ mit dem vielseitigen Namen „Humus“, zum ersten Mal auf Universal (Bojan Z Tetraband: Humus, Universal Music France 5320226). Mit dabei sind der aus New York stammende Posaunist Josh Roseman, der englische Schlagzeuger Sebastian Rochford und die Bassistin Ruth Goller, ebenfalls aus London. Zur Entstehung dieses Projekts berichtet er: „Als aktiver Musiker kommt man zu vielen Orten, Festivals, wo man dann auch andere hört. Es begann damit, dass ich Sebastian Rochford hörte. Seine Art zu spielen gefiel mir, punkorientiert, kraftvoll und laut. Er tat viel, komponierte, spielte alle Arten von Stilen. Und ich traf Josh Roseman in Nijmegen auf dem Music Meeting im Mai.Und dann entstand bei mir die Idee, akustische und elektrische Musik miteinander zu verbinden. Für mich kam mein zweites Instrument, Fender Rhodes dazu. Als ich dann die Gelegenheit für einen ersten Auftritt hatte in La Villette in Paris, hatte ich schnell alles zusammen. Mit Posaune war ich vertraut, hatte ich doch in den früheren Jahren oft mit Glenn Ferris zusammengespielt. Ich hörte mir Joshs Sachen an und fand, dass er sehr geeignet war, um aus diesen ganzen Dschungelsachen heraus zu finden.

Dann trafen wir zusammen, übten und spielten unser erstes Konzert zusammen in Paris, und damit war das Projekt geboren.“

Hans-Jürgen von Osterhausen

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