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Jazzzeitung

2009/05  ::: seite 17

rezensionen

 

Inhalt 2009/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Farewell: Dieter Seelow


TITEL -
Von der Rückkehr des Stils
Wie die Mode in den Jazz ein-, aus- und wieder einzog


DOSSIER
- St. Lucia und Ungarn

Mit der Wende war alles möglich
Jazz in Ungarn – ein besonderes Erlebnis

Schirmherrschaft der Pietons
18. Jazzfestival auf St. Lucia – ein Rückblick

Berichte
Keith Jarrett in der Berliner Philharmonie // 20. Jazzfest München // Jazzorchester Regensburg mit Gaststar Efrat Alony // 33. Leipziger Jazztage // Loft Music und Gasteig GmbH starten neue Jazzreihe // 30. Jazzfestival Saalfelden


Portraits

German Jazz Trophy 2009 für Carla Bley // NU-Jazz-Reihe von ACT // Jamie Cullum // „Magnus Fra Gaarden“ // ETNA // Jazzpianist Martin Sasse // Randi Tytingvåg // Tiny Tribe


Jazz heute und Education
BMW Welt Jazz Award 2010 – ein Interview mit Frank-Peter Arndt // Martin Pfleiderer lehrt in Weimar Geschichte des Jazz und der populären Musik // Abgehört: Cannonball Adderleys Solo über „Straight, No Chaser“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

DVDs

Electric Heart
Don Ellis – The Man, His Times, His Music
Ein Dokumentarfilm von John Vizzusi

Sleepy Night Records SNRDVD002
(www.sleepynightrecords.com)

Allein durch seine kreativen Umgestaltungen im Big Band Genre sollte Don Ellis (1934 bis 1978) dauerhaft einen prominenten Platz in der Jazzgeschichte haben. Er etablierte seit seinem sensationellen Auftritt beim Monterey Festival (USA) 1966 nicht nur bis dahin ungewöhnliche Taktfrequenzen, sondern auch einen prinzipiell anderen Besetzungstypus: sein Orchester hatte drei Bassisten und drei Schlagzeuger sowie einen um Klarinetten und Flöten erweiterten Saxophonsatz. Don Ellis selbst verwendete eine nach seinen Ideen gebaute Viertelton-Trompete. Später integrierte er ein Streichquartett und elektrifizierte als erster (noch vor Miles Davis!) den Trompetenklang, um nur einige seiner progressiven Experimente zu nennen.
Doch sein Konzept von Avantgarde wurde schon zu seinen Lebzeiten und erst recht nach seinem Tod als zu radikal oder zu heterodox verdrängt, sodass John Vizzusi zehn Jahre recherchieren musste, um den inzwischen mehrfach prämierten Dokumentarfilm „Electric Heart. Don Ellis“ zu produzieren. In einer Montage aus Interviews mit Maynard Ferguson und Gunther Schuller, ehemaligen Bandmitgliedern wie Fred Selden sowie kaum bekannten Konzertclips und Fotosequenzen ist nun die „multiple Persönlichkeit“ von Don Ellis – „Er war ein totaler Musiker“ (Milcho Leviev) – nach 40 Jahren medialer Ignoranz wieder präsent. Hut ab! und Danke, John Vizzusi, für die Courage und Ausdauer, mit soviel Respekt und Hingabe an den singulären Genius Don Ellis zu erinnern.
Hans-Dieter Grünefeld

Sonny Rollins in Vienne
Rec. 29.6.2006
Universal Music

Ein Konzert im beeindruckenden „Théâtre Antique“ (einst ein römisches Freilichttheater) in Vienne, südlich von Lyon, vor 7000 begeisterten Besuchern – der richtige Ort für den 76-jährigen, um zu zeigen, dass er immer noch voll da ist. Er spielt weniger Töne als früher, aber ebenso souverän. Er braucht wie immer Zeit, um seine Ideen, an denen es nie mangelt (eher im Gegenteil) zu ordnen und seine Begleitgruppe (herausragend Schlagzeuger Victor Lewis) herauszufordern. Seine Soli könnten noch länger sein, ohne an Spannung zu verlieren, aber ihm fällt eben irgendwann ein neues Thema ein, und dann übernimmt dieses die Rolle von Ausgangspunkt und Ziel zugleich. Manchmal bricht er aus dem harmonischen Gefüge eines Stückes für kurze Zeit aus, aber nie aus dem metrischen – er weiß immer genau, wo er ist. In Fahrt gekommen, geht er während des Spielens auf und ab; er muss sich bewegen, die Spannung zwischen seinen Rhythmen und dem Beat ist zu groß … Er ist älter geworden, aber seine Kraft scheint unerschöpflich. Ein Erlebnis.
Joe Viera

Youssou N‘Dour
Rückkehr nach Gorée

Ein Musikdokumentarfilm von Pierre-Yves Borgeaud
Mounamouna 6444410330, ALIVE

Ohne den Sklavenhandel wäre in den USA der dort genuine Jazz nicht entstanden. Was zynisch wirkt, ist historische Realität. Denn der Ausgangspunkt für diesen (unbeabsichtigten) Kulturexport war die Insel Gorée, westlich von Dakar, Hauptstadt des Senegal. Der berühmteste Griot (Sänger und Musiker) dieser Region, Youssou N‘Dour, organisierte ein Projekt, wobei zeitgenössische Repräsentanten des Jazz durch eine „Rückkehr nach Gorée“ sich in realen Situationen dessen Herkunft bewusst werden sollten.
Auf seiner Reise steckte er das wesentliche geographische Dreieck der bisherigen Jazzgeschichte ab: von Gorée in die USA, dann nach Europa und wieder retour. Unterwegs rekrutierte er die Protagonisten für den hautnahen Film von Pierre-Yves Borgeaud, aus denen er sukzessive (vom Trio in New Orleans bis zum Oktett in Luxemburg) eine Band formierte: „Ich möchte, dass Jazzmusiker meine Songs interpretieren“, war seine Absicht. Youssou N‘Dour hat daraus bewegende Begegnungen etwa mit dem Poeten Amiri Baraka (LeRoi Jones), dem Schlagzeuger Idris Muhammed, dem Gorée-Kurator Joseph Ndiaye und anderen Teilnehmern der Tour vorbereitet. Sein hypnotischer Gesang auf der Basis afrikanischer Musik bekommt durch sensitive Jazzarrangements und ebenbürtige Solisten wie Gitarrist Wolfgang Muthspiel, Pianist Moncef Genaud, Bassist James Cammack universale Dimensionen. So wird Gorée in diesem aufklärenden und zugleich emotionalen Film zum Symbol transkultureller Kreativität.
Hans-Dieter Grünefeld

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