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Gefeiert wurde in der Münchner Freiheizhalle nicht nur wegen des Jubiläums, immerhin zwei Dekaden voller Widrigkeiten hat man ohne Langzeitschäden überstanden, sondern, weil das Jazzfest das mitunter hart erkämpfte jährliche Arbeitsergebnis dieser Vereinigung ist, die den Jazz und seine Interpreten in München nach vorne bringen und unterstützen will. Ein wenig Guerilla-Romantik weht da he-rein, von der heute nicht mehr viel übrig ist, doch vor 20 Jahren musste man sich im Klassik-fixierten München mit seinen großen Orchestern in der Tat wie Che Guevara selbst vorgekommen sein, wenn man für die Subkultur, die der Jazz damals zumindest noch in förderpolitischer Hinsicht war, eine Lanze brechen wollte. Ziel der musikalischen Untergrundkämpfer war es, ein Forum zu schaffen für Münchner Jazzmusiker, deren Auftrittsmöglichkeiten sich Ende der 80er-Jahre nach und nach in Luft aufgelöst hatten. Das Jazzfest ist also ein Festival von Münchnern für Münchner und immer Gegenpol gewesen zum berühmten Klaviersommer, der sich eher für internationale Größen interessierte. Dank der Förderung durch Stadt und Sponsoren bekommen die auftretenden Musiker inzwischen auch eine sinnvolle Gage, was anfangs noch nicht möglich war, als das erste Jazzfest 1990 über die Bühne ging. Damals noch ein Zeltfestival, das wegen der Woodstock artigen Matschverhältnisse, verursacht durch anhaltenden Regen, den Namen „Jazz im Morast“ prägte. Den energetischen Start des diesjährigen Jazzfestes legte die schlank
besetzte Big Band des Trompeters Thomas Bendzko Palingenesis hin, die
mit soliden Solisten und spannenden, modernen Arrangements des Bandleaders überzeugen
konnte. Einen kammermusikalischen Kontrapunkt setzten dazu die mehrheitlich
kleineren Ensembles auf dem Jazzfest, wie das Quintett des Drummers Christian
Krischkowsky, auffallend durch die lyrischen Modern-Jazz-Kompositionen
des Bandleaders, oder Trio ELF, die den Sound des Klaviertrios gebrochenen
Drum&Bass- und Disco-Beats unterwerfen. Auch einen der in Deutschland
seltenen Soloauftritte des Pianisten Leonid Chizhik gab es zu bestaunen.
Ja bestaunen, denn die überragende Technik des Ukrainers ist überwältigend.
Und immer wenn man glaubt, seine Performance sei gar nicht mal so außergewöhnlich
für eine Legende, zieht er derartig vom solistischen Leder, dass
man nur staunend Abbitte leisten kann. Ein wenig mehr Herz wäre
trotzdem manchmal wünschenswert, zumal Chizhik nachweislich ein
solches in seine Musik legen kann. Überhaupt überzeugten die Jungen, darunter die Beatboxer, auf diesem Jazzfest. Denn auch Vocal-Artist Sebastian Fuchs von Liliath hatte am Vortag eine ähnlich starke Performance hingelegt. Das letzte Wort hatten dann ebenfalls alte Veteranen, die ein Jubiläum zu feiern hatten: das Modern String Quartet, mittlerweile seit 25 Jahren unterwegs. Mit viel Witz von Violinist Jörg Widmoser präsentiert und befeuert durch einen entfesselten Cellisten Jost-H. Hecker, entspann das MSQ seine anspruchsvoll gesetzten Arrangements. Gespielt mit einer Sicherheit, die man wohl erst nach 25 gemeinsamen Jahren erreicht. Jörg Lichtinger |
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