Sie wolle „ihren eigenen Weg“ gehen und dabei nie aufhören,
Fragen zu stellen und zu lernen – das ist das Motto der Songschreiberin
und Sängerin Randi Tytingvåg, die sich selbst gerne mit Understatement
als „Geschichtenerzählerin“ bezeichnet. Die norwegische
Künstlerin studierte in London Jazzgesang und interpretiert mit
ihrer Band eigene Songs in bester, filigraner Jazztradition. Kürzlich
erschien auf Ozella Music ihr drittes Album „Red“.
Jazzzeitung: Randi, du hast ja in der Tat, sagt man, ein „Talent
zum Geschichtenerzählen“. Meinst du, das ist eine Gabe, mit
der man geboren sein muss? Oder kann man das auch lernen?
Randi Tytingvåg: Ich halte es für eine Gabe, die wie jede
andere geschult werden kann. Das bedarf Konzentration und harter Arbeit.
Das Erzählen von Stories fand ich schon immer spannend. Es gibt
so viele Einstiegspunkte in eine Geschichte und man kann alles verwenden,
was einem unter die Finger kommt.
Jazzzeitung: „Red“ ist dein drittes Album nach deinem Debüt „Heavenly
Attack“ und dem Nachfolger „Let Go“. Wie unterscheidet
sich „Red“ von den vorangegangenen Alben?
Tytingvåg: Mit „Heavenly Attack“ stellte ich mich als
Sängerin und Songschreiberin vor. „Let Go“ führte
eine permanente Band ein, mit der ich an Arrangements und an einem geschlossenen
Sound arbeite. „Red“ ist ein weiterer Schritt in die-se Richtung.
Das Kernensemble ist dasselbe – Anders Aarum am Klavier, Espen
Leite am Akkordeon und Jens Fossum am Kontrabass. Hinzu kommen aber einige
Gastmusiker. Live haben wir jetzt auch Schlagzeug und Percussion dabei:
Ivar Thormodsæter ist neues, festes Gruppenmitglied.
Jazzzeitung: Im Jahr 2006 hast du im Film „Skyfri himmel“ dein
Schauspieldebüt gehabt…
Tytingvåg: Als Schauspielerin zu arbeiten, war
sehr aufschlussreich! Ich fand, dass es sich dabei nur um eine andere
Art des Geschichtenerzählens
handelt. Eine spannende Zeit … ich habe viel gelernt. Ich war froh über
meine Improvisationsfähigkeit – die habe ich am Set oft gebraucht.
Ich hoffe, mehr in der Richtung machen zu können.
Jazzzeitung: Was inspiriert dich zu deinen
Texten? Sie scheinen zum Teil aus dem Leben gegriffen …
Tytingvåg: Hinter jedem meiner Songs steht eine
Geschichte. Etwas, das mir passiert, oder jemandem, den ich kenne. Oder
etwas, das ich höre
oder lese. Es muss ein Thema sein, das mir nahe geht, mich wütend
oder traurig macht. Ich nenne das den „emotionalen Trigger“ – etwas,
das mich veranlasst, in Aktion zu treten. Ich versuche dann, etwas Persönliches
daraus zu machen, ohne zu „privat“ zu werden … eine
ganz wichtige Unterscheidung!
Jazzzeitung: Als Sängerin stehst du ohne Zweifel im Zentrum – wie
wichtig aber sind die restlichen Mitglieder der Band? Wären sie
beliebig austauschbar?
Tytingvåg: Nein, sie sind enorm wichtig! Wir sind
eine Einheit, die eng und intensiv zusammenarbeitet – und gute Freunde obendrein!
Ich respektiere und bewundere sie. Ich schreibe zwar Texte und Kompositionen,
aber sie tragen so viel bei, zum Arrangement und zum Gesamtklang – machen
sich die Musik wirklich zu eigen. Ich hoffe, dass wir noch lange zusammenarbeiten.
Das wird die Zukunft zeigen. Ich halte mir aber alles offen. Interview: Carina Prange
CD-Tipp
Randi Tytingvåg: Red
Ozella Music/Galileo OZ 026 CD)
www.tytingvaag.no
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