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Die NU-Jazz-Reihe des Münchner Labels ACT verzeichnet dieser Tage wieder zwei neue Ausgaben. Dabei sind diesmal auch zwei bekannte Namen, die bisher im Jazzkontext nicht zu finden waren. Annette Humpe, NDW-Legende und aktuell Songwriterin des Pop-Projekts Ich & Ich, hat mit Anselm Kluge, Leiter des Popkurses der Musikhochschule Hamburg, eine Acid-Jazz-CD produziert und das bereits vor zehn Jahren. Jetzt hat man sich endlich entschlossen, das Werk zu veröffentlichen. Auch Wolfgang Haffner meldet sich zurück mit einer Scheibe, die man wohl als Quintessenz aus Shapes und Acoustic Shapes bezeichnen kann. Das „Spaßprojekt“ McJazz von Humpe und Kluge war aus einer Laune heraus entstanden, als man bei einem Gläschen Wein beschloss, einige der unverkennbaren Basslinien-Klassiker der Pop- und Rockmusik als Grundlage für eine loopbasierte Jazzplatte zu nehmen. Das war 1999. Nachdem Humpe und Kluge mit solistischer Hilfe von Saxophonist Peter Weniger und Trompeter Ingolf Burkhardt zehn Songs aufgenommen hatten, wanderte das Ganze jedoch für ein Jahrzehnt in die Schublade von ACT-Chef Siggi Loch, weil diesem das Ergebnis zu wenig puristisch für sein Jazzlabel war. Da Loch in den folgenden Jahren von verschiedener Seite immer wieder auf das Projekt angesprochen wurde, fasste er sich schließlich doch ein Herz und nun ist „Bass me“ mit einiger Verspätung auf den Markt gekommen. Vielleicht zu spät, denn ganz taufrisch wirken die Keyboardsounds und Samples von „Bass Me“ nicht mehr. Sie klingen nach dem, was die Platte nun mal ursprünglich ist, ein Acid-Jazzalbum der späten Neunziger. Die Tracks über die Basslines, entlehnt von Rock- bzw. Pophits wie Thriller, Hey Joe oder Smoke on the Water funktionieren aber durchaus und Weniger und Burkhardt heben mit solider Solistik die Produktion aus dem Lounge-Allerlei heraus auf eine Ebene, die aus heutiger Sicht nicht gerade aufregend, aber zumindest in sich stimmig ist. Um Songs handelt es sich bei den Titeln wie „Coffee & Tea“ oder „Gucci & Versace“ nicht, eher um Klangcollagen. Kurze Sprachfetzen wechseln sich mit ebenfalls kurzen Themenphrasen der beiden Bläser ab, bei denen man manchmal an den von Humpe verehrten Cannonball Adderley denken muss, durchsetzt mit wechselnden Soloparts – mal mit, mal ohne Basslinien – die Keimzellen von Humpes und Kluges Soundlandschaft. Dass diese Basslinien nicht immer ganz leicht zu erkennen sind, macht „Bass Me“ zu einem musikalischen Ratespiel, dem man sich gerne stellen mag, wenn man wie Humpe denkt: „Begriffe wie ,zeitgemäß’ interessieren mich nicht. Wie oft erlebt man, dass das, was heute out ist, morgen wieder in ist. Also mache ich einfach, was mir Spaß macht.“ – Ein Grundsatz, nach dem auch Wolfgang Haffner lebt und arbeitet. Strömungen interessieren ihn ebenso wenig. Der Nürnberger hat recht bald nach „Acoustic Shapes“ mit „Round Silence“ ein weiteres Studioalbum aufgenommen und dafür wieder auf altbewährte Kollegen gebaut. Neben Sebastian Studnitzky sind auch die Trio-Kollegen Lars Danielsson und Hubert Nuss wieder mit dabei. Das Album klingt nicht zuletzt deshalb wie die Quintessenz aus dem noch elektronisch geprägten „Shapes“ mit seinen hypnotischen Abläufen und dem Klaviertrio-Album „Acoustic Shapes“. Schon wenn Lars Danielsson beim Titeltrack zum Thema anhebt, ist die gewohnte Ästhetik klar definiert – nur beim Gebrauch von Loops hat sich Haffner diesmal zurückgehalten und die Musik überwiegend live einspielen lassen. Gewissermaßen eine Fortführung des akustischen „back to the roots“-Ansatzes der schon auf „Acoustic Shapes“ begonnen hat. Einfache Strukturen bestimmen die Songs, bei denen jeder sich bemüht, keine überflüssigen Noten zu spielen. „Ich stehe auf einfache, hypnotische Musik“, erklärt Haffner, „es geht mir darum, einen Song zu unterstützen, und nicht darum, zwanghaft krumme Rhythmen zu entwerfen. Ich möchte Musik machen, die aus meinem Herzen kommt und diese einfachen ruhigen Sachen kommen nun einmal aus meinem tiefsten Herzen.“ Da ist Haffner mit Musikern wie Lars Danielsson und Hubert Nuss genauso gut beraten wie mit Special-Guest Dominic Miller, dem Gitarristen von Sting, der gerade für seine Fähigkeit bekannt ist, mit wenigen Tönen auszukommen. Sein unverwechselbarer Akustikgitarrensound prägt „Round Silence“, ein Titel, der im Übrigen keine Anspielung auf „Round Midnight“ ist, aber die Grundstimmung des Albums sehr treffend charakterisiert. Als weitere Gäste hat Haffner noch Nils Landgren („Tubes“), die Sängerin Kim Sanders („It´s Not Safe“) und seinen Bandkollegen aus der Fusionband Metro, den Gitarristen Chuck Loeb („Nightsong“), eingeladen. Die Parts dieser Gastmusiker konnten allerdings aus Termingründen nur separat in verschiedenen Studios aufgenommen werden. Schade, denn man hätte hier unter günstigeren Umständen in einigen Fällen noch bessere Ergebnisse erzielen können. Im Gegensatz zu „Bass Me“, das zunächst als reines Studioprojekt geplant ist, wird „Round Silence“ auch live zu hören sein. Dazu geht Wolfgang Haffner im Herbst wieder wie zuletzt in der reduzierten Klaviertrio-Variante mit Hubert Nuss und Lars Danielsson auf Tour. Soviel zu den Neuheiten aus der Reihe ACT NU Jazz. Nicht immer ganz Nu, aber doch von Herzen kommend. Jörg Lichtinger |
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