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Jazzzeitung

2009/05  ::: seite 16

rezensionen

 

Inhalt 2009/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Farewell: Dieter Seelow


TITEL -
Von der Rückkehr des Stils
Wie die Mode in den Jazz ein-, aus- und wieder einzog


DOSSIER
- St. Lucia und Ungarn

Mit der Wende war alles möglich
Jazz in Ungarn – ein besonderes Erlebnis

Schirmherrschaft der Pietons
18. Jazzfestival auf St. Lucia – ein Rückblick

Berichte
Keith Jarrett in der Berliner Philharmonie // 20. Jazzfest München // Jazzorchester Regensburg mit Gaststar Efrat Alony // 33. Leipziger Jazztage // Loft Music und Gasteig GmbH starten neue Jazzreihe // 30. Jazzfestival Saalfelden


Portraits

German Jazz Trophy 2009 für Carla Bley // NU-Jazz-Reihe von ACT // Jamie Cullum // „Magnus Fra Gaarden“ // ETNA // Jazzpianist Martin Sasse // Randi Tytingvåg // Tiny Tribe


Jazz heute und Education
BMW Welt Jazz Award 2010 – ein Interview mit Frank-Peter Arndt // Martin Pfleiderer lehrt in Weimar Geschichte des Jazz und der populären Musik // Abgehört: Cannonball Adderleys Solo über „Straight, No Chaser“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Den Wurzeln des Blues auf der Spur

Neue Bücher aus dem englischsprachigen Bereich

Peter J. Levinson: Puttin’ on the Ritz – Fred Astaire and the fine art of panache, St. Martin´s Press, New York, 477 Seiten

Wir verdanken Peter J. Levinson ausgezeichnete Biographien über Tomy Dorsey, Harry James und Nelson Riddle. Leider verstarb er 2008 – so ist dieses Buch sein letztes, und wohl sein bestes. Zu allen verfügbaren Quellen kommen noch über 200 Interviews, womit sich ein sehr lebendiges und differenziertes Bild dieses genialen Tänzers ergibt, der auch als Sänger und Schauspieler Geschichte machte.

Fred Astaire war zeitlebens dem Jazz verbunden, nicht nur weil der Steptanz, ein Teil seines Repertoires, zum Jazz gehört. Auch die Musik seiner Musicalfilme ist zumeist vom Jazz beeinflusst. Ebenso bezeugen die Aufnahmen mit Oscar Peterson seine enge Beziehung zu dieser Musik („The Astaire Story“/Verve 835 649-2)

Er wurde am 10. Mai 1899 in Omaha als Frederick Austerlitz geboren. Sein Vater Friedrich Austerlitz stammte aus Österreich, die Eltern seiner Mutter Johanna Geilus aus Ostpreußen beziehungsweise aus dem Elsass. Er wie auch seine um drei Jahre ältere Schwester Adele zeigten schon sehr früh ein ausgeprägtes Tanztalent. 1905 nahm ihre Mutter sie nach New York, wo sie Tanzunterricht hatten und schon im gleichen Jahr (!) ihre ersten Auftritte als Tanzpaar in Vaudeville-Theatern. 1912 erstes bedeutendes Engagement am Broadway. 1917 erstmals in einer Broadway Revue. Schon damals zeigten sich große Unterschiede zwischen den beiden: Adele war begabter und unbekümmerter, Fred fleißiger und genauer. Er strebte nach Perfektion und bestand auf regelmäßigen Proben, was ihr oft nicht gefiel. Aber sie blieben zusammen und feierten in den 20er Jahren große Erfolge, auch in London, wo sie ab 1923 öfters gastierten.

Fred Astaire wurde zu einem vielseitigen Künstler: er tanzte und sang, entwickelte Choreographien, spielte Klavier und Schlagzeug. Das Musical „Lady be good“ war 1924 der Beginn einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit mit George und Ira Gershwin. Fred entwickelte immer mehr einen ganz eigenen Stil: hohe Eleganz in Bewegung wie Kleidung, Einbeziehung aller Teile des Körpers, schier unerschöpfliche Phantasie, vollendete Ausführung. 1932 gab Adele, müde von den ständigen Reisen und Proben, mit nur 35 Jahren ihre Karriere auf und heiratete Lord Charles Cavendish, mit dem sie auf seinem Schloss in Irland lebte (sie starb 1981 in Phoenix). Fred Astaire arbeitete von da an mit wechselnden Partnerinnen und begann im gleichen Jahr seine Filmkarriere. Vor allem seine neun Musicalfilme mit Ginger Rogers zwischen 1933 und 1939, aber auch spätere mit Rita Hayworth (die er einmal als seine Lieblingspartnerin bezeichnete), Elanor Powell (seine beste Partnerin beim Steptanz) und Audrey Hepburn sind Zeugnisse seiner unerreichten Tanzkunst (trotz Gene Kelly und Michael Jackson). Später trat er auch in TV-Shows auf und musste ab den 60er Jahren erleben, dass durch den neuen Pop-Kult die Angebote immer weniger wurden.

Fred Astaire starb am 22.06. 1987 in Los Angeles. Von den vielen Würdigungen hier nur zwei: „He was the purest talent I ever worked with“ (Irving Berlin), und „I’ve never known a man who carried the mantle of greatness with such dignity“ (Jack Lemon)

Ted Gioia: Delta Blues – The Life and Times of the Mississippi Masters who revolutionized American Music, W. W. Norton & Co., New York, 449 Seiten

Ted Gioia, Pianist und Autor („The History of Jazz”, „West Coast Jazz”) beschäftigt sich hier, gestützt auf überaus umfangreiche und sorgfältige Quellenstudien, mit einem wesentlichen Zentrum des Country Blues.

Das Delta (Blues Delta) erstreckt sich vom Mississippi etwa zwischen Vicksburg und Memphis (das sind rund 220 Meilen) circa 60 Meilen nach Osten, mit dem Yazzo River als ungefährer Grenze. Hier lebten in den 20er und 30er Jahren, als die ersten Aufnahmen des Delta Blues entstanden, die wohl ärmsten Bewohner der USA, zumeist Schwarze, fast wie in einem „Dritte-Welt-Land“ unter schwierigen und oft entwürdigenden Bedingungen. Und hier gab es Musiker, die mit tief berührender Intensität von diesem Leben erzählten. Die Gitarre war ihr Hauptinstrument, die sie unverstärkt mit einem erstaunlichen Reichtum an Farben und Melodien als Gegenpol zu ihrem Gesang spielten, dessen Ausdruckskraft und Poesie nicht weniger vielfältig waren. Charley Patton, Son House, Bukka White, Tommy Johnson, Skip James, Robert Johnson, David „Honeyboy“ Edwards, Tommy McClennan, Muddy Waters, John Lee Hooker, Howlin´ Wolf, B. B. King und andere beeinflussten damit die Gegenwart – und nicht nur in den USA.

Lange Zeit waren Schallplattenaufnahmen der einzige Beweis ihrer musikalischen Existenz; es ist Plattensammlern und –produzenten zu verdanken (über die ebenfalls berichtet wird), sie zu bewahren und schließlich manche der Genannte, die schon als tot galten, aufzuspüren und ihnen ab den 60er Jahren zu einer eigentlichen späten Karriere zu verhelfen. Auch in Europa, vor allem in England, führte dies zu einer Welle junger Gruppen, die sich dem Blues verschrieben.

Man kann Ted Gioia zu dieser hervorragenden Arbeit, die hoffentlich bald auch auf deutsch erscheint, nur gratulieren.
Noch ein Gedanke: leider fehlt unverständlicherweise immer noch eine Geschichte des Jazz Blues (= Blues im Jazz), die genau so wichtig wäre.

Rick Mattingly: The Drummer´s Time – Conversations with the great drummer of jazz, Modern Drummer Publ., Inc., USA, 81 Seiten

Es fällt auf, dass amerikanische Schlagzeuger bei Interviews gerne besonders ausführlich auch von Einzelheiten ihrer Spielweise und ihres Instrumentariums erzählen, ebenso auch über die ihrer Kollegen und Vorbilder. So auch hier. Die zwölf Musiker, darunter Louise Bellson, Elvin Jones, Mel Lewis, Max Roach und Tony Williams kennen und schätzen einander und wissen um ihre Aufgaben in einer Band. Genau zuhören, differenziert begleiten, einfallsreich solieren, sich und andere ständig weiterbilden. Eine hohe Berufsauffassung wird hier deutlich. Der Autor stellte dazu viele kluge Fragen – Entsprechend fielen auch die Antworten aus. Selbst für Nicht-Drummer spannend zu lesen.

Alyn Shipton: Handful of keys – Conversations with thirty jazz pianists, Routledge, New York, 190 Seiten

Diese Arbeit des englischen Jazz-Journalisten und Bassisten Alyn Shipton beschäftigt sich erfreulicherweise auch mit Pianisten, die in Veröffentlichungen dieser Art sonst weniger oder gar nicht berücksichtigt werden wie Joanne Brackeen, Uri Caine, Benny Green und Gerald Wiggins.

Auch Kanada (Diana Krall), Südafrika (Abdullah Ibrahim) und einige europäische Länder (Großbritannien, Frankreich, Schweden) sind eingeschlossen. Warum aber nicht auch Deutschland (Joachim Kühn, Wolfgang Dauner, Alexander von Schlippenbach), Österreich (Joe Zawinful, Fritz Pauer) und die Schweiz (George Gruntz)? Das Buch ist mit großer Sachkenntnis geschrieben und enthält viele Details. Sehr empfehlenswert.

Joe Viera

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