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Sie wurde als deutsche Antwort auf Candy Dulfer bezeichnet – ein Vergleich, den Tina Tandler wohl ablehnen würde, zumal die niederländische Saxophon-Diva vor allem durch die Gefilden des Funk wandelt. Die Stil-Palette Tina Tandlers hingegen reicht von Jazz und Pop bis zu Weltmusik und Klassik. „Sealand“ ist die vierte Solo-CD der Saxophonistin. Zum ersten Mal hat sie eine Platte nur mit Eigenkompositionen bestückt; Begleiter und Co-Komponist ist der Pianist Christoph Reuter. Der Titel „Sealand“ trifft die Stimmung der Musik haargenau. Die Stücke heißen „San Diego“ oder „Ocean Drive“ und laden zu imaginären Reisen in ferne Landstriche ein. Durch ihre Schlichtheit hat die Musik eine beruhigende Wirkung, lässt Bilder vor dem inneren Auge ablaufen. „Ich mag Musik, bei der man sich treiben lassen kann, träumen und zu sich selbst finden“, erzählt die Musikerin. Ihr neues Album ist eine Schatzkammer solcher verträumter und wohlklingender
Melodien und entspricht damit genau diesem Konzept. Dass die Musik so organisch
und ungekünstelt rüberkommt, liegt wohl daran, dass sie zum Teil
aus Improvisationen entstand. Und natürlich am Spiel der Saxophonistin:
Tina Tandler bringt die Töne ihres Instruments zum Schweben, sodass sie
zuweilen an eine Singstimme erinnern. Vor allem erkundet sie die Farbpalette
der leisen Töne. Diese wirken so nah und intensiv, dass sie beinahe körperlich
spürbar werden. Ein Paradebeispiel dafür ist der Bonustrack „Neuseeland“,
eine elegische Saxophon-Ballade und gleichzeitig das einzige Band-Arrangement
auf dem Album. Auch das Repertoire für klassisches Saxophon hat Tina Tandler schon immer interessiert. „Nur ist dessen Sound oft sehr gerade und nah am Klang der Klarinette. Das stört mich manchmal.“ Inzwischen hat sie ab und zu Gelegenheit, als Solistin mit Sinfonieorchestern auf der Bühne zu stehen, etwa mit den Berliner Sinfonikern, dem Preußischen Kammerorchester oder der Robert Schumann Philharmonie Chemnitz – nur lässt sie dann auch etwas von ihrem eher jazzigen Sound einfließen. Tina Tandler studierte Tanz- und Unterhaltungsmusik in Weimar und zog dann nach Ost-Berlin, um sich der Rockband Kerschowski anzuschließen. Von Anfang an stand ihre Tätigkeit unter der Überschrift Vielfalt: Sie singt, spielt Theater, komponiert, arbeitet mit an Studioproduktionen, Bühnen- und Filmmusik. Das Setzen auf mehrere Standbeine bewährte sich auch in turbulenten Zeiten: „Als krisenfest erwiesen sich in den Jahren der Wende unsere fantasievollen Kindergramme“, erzählt Tina Tandler, die 14 Jahre lang dem bis heute existierenden Berliner Kindermusiktheater Rumpelstil angehörte. Dass die Musikerin mit ihrem Temperament, den wirren Locken und knallblauen Kulleraugen bei Kindern gut ankommt, kann man sich ohne weiteres vorstellen. Seit einigen Jahren legt Tina Tandler besonderes Augenmerk auf ihre Arbeit als Saxophon-Solistin; sie gibt Konzerte und spielt ihre eigene Musik. „Ich habe aber keine Scheuklappen. Ich bin Musikerin und verdiene damit meinen Lebensunterhalt“, sagt Tina Tandler resolut. So spielt sie auch auf Firmenfesten, Bällen oder in der Begleitband von Roland Kaiser. „Das ist nicht unbedingt meine Musik, aber es macht Spaß und er macht seine Sache perfekt. Davor habe ich großen Respekt!“ Ein weiterer wichtiger Teil ihrer Arbeit spielt sich gleich hinter den Ostseedünen ab. In einer mit Schilf gedeckten Scheune auf dem Darß, im Museumshof Zingst, gestaltet Tina Tandler mit Gastmusikern eine eigene Jazz- und Bluesreihe. Dem Berliner Großstadtleben hat sie inzwischen auch privat den Rücken gekehrt. Seit einem Jahr lebt sie außerhalb des Berliner Speckgürtels; mitten im Wald, in einem Haus am See. Mag sein, dass auch dieses Umfeld dazu beiträgt, dass man sich bei der Musik von „Sealand“ so schön treiben lassen kann. Antje Rößler
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