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Efrat Alony ist Sängerin, Komponistin, Textdichterin – und
Kopf des Trios Alony, das aus akustischen und elektronischen Klangschnipseln
originelle Sound-Collagen bastelt. Die Israelin und Wahlberlinerin nennt
ihre Stücke Ohrfilme; sie könnten auch gut als Avantgarde- Jazzzeitung: Efrat, tangiert Dich als Musikerin die Krise der Plattenindustrie?
Efrat Alony: Wenn man als Musiker anfängt, darüber nachzudenken, muss man sich einen anderen Beruf suchen. Musik macht man aus Leidenschaft. In der Regel steckt man mehr Geld rein, als man rausbekommt. Jazzzeitung: Trotzdem konntet Ihr die Produktion des neuen Albums finanzieren. Alony: Das ging nur durch einen Förderpreis des Berliner Senats
und die Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk. Dadurch konnten wir ähnlich
aufwendig wie bei einer Pop-Platte produzieren. Die Aufnahmen entstanden
im Nürnberger BR-Studio. Alony: Ich hatte das Privileg, gemeinsam mit dem SundayNightOrchestra auf der Bühne zu stehen, das in Nürnberg beheimatet ist. So lernte ich die BR-Jazzredakteurin Beate Sampson kennen, die die Zusammenarbeit in die Wege geleitet hat. Übrigens wurde ich auch für den diesjährigen Internationalen Jazzpreis der Nürnberger Nachrichten nominiert. Jazzzeitung: Gehört „Dismantling Dreams“ in die Jazz-Schublade? Alony: Am besten passt die Platte wohl in die Ecke Avantgarde-Singer/Songwriter. Jedes Stück ist ein klangliches Mosaiksteinchen und erzählt eine kleine Geschichte. Ich nenne die Stücke gerne Ohrfilme. Dass wir eigentlich Jazzmusiker sind, merkt man vor allem in den Konzerten; da improvisieren wir viel. Jazzzeitung: Auf der Platte sind viele Geräusche zu hören. Wie entstanden die? Alony: Zuerst haben wir zum Beispiel mit Papier geraschelt oder mit einem Schlüsselbund über die Saiten des Klaviers gestrichen. Diese Geräusche wurden dann elektronisch bearbeitet. Es gehört zu unserem Konzept, dass die Herkunft der Sounds nicht sofort erkennbar ist. Bei Live-Auftritten arbeite ich mit einer Loop Station. Jazzzeitung: „Dismantling Dreams“ ist Euer viertes Album. Welche Entwicklung hat Alony durchgemacht? Alony: Wir begannen mit akustischem Jazz. Unser erstes Album, „Merry Go Round“ aus dem Jahre 2002, finde ich heute ein wenig verkopft. Im Laufe der Zeit haben sich festere Songstrukturen herauskristallisiert; da sehe ich eine klare Linie. Die Improvisation spielt eine geringere Rolle als früher. Ich habe mich also stilistisch meinen Anfängen wieder angenähert. Denn bevor ich Jazz studierte, hörte ich eher Pink Floyd, Sting, die Beatles oder israelische Musik. Jazzzeitung: Wie hast Du mit dem Komponieren angefangen? Alony: Ich habe mir schon immer Musik ausgedacht, seit ich klein bin. Als Kind habe ich natürlich noch keine Noten aufgeschrieben; ich klimperte einfach auf dem Klavier herum. Auch beim Studium in Israel stand das Komponieren für mich im Vordergrund. Erst als ich 1996 nach Berlin kam, begann ich, mich als Sängerin wahrzunehmen. Jazzzeitung: Hast Du auch eine klassische Gesangausbildung? Alony: Ich habe Gesangsunterricht genommen. Klassische Musik singe ich aber nur zu Übungszwecken. Etwa Renaissance-Arien oder die schönen Lieder von Hugo Wolf. Bei Alony kann ich nur einen Teil meiner Stimme einbringen. Wir verfolgen eine bestimmte Klangästhetik, ein Understatement, zum dem es nicht passen würde, sehr emotional und intensiv zu singen. Jazzzeitung: Wie kamst Du nach Deutschland? Alony: Ich habe Mark Reinke, unseren Pianisten, beim Studium am Berklee College kennengelernt. Eigentlich hatte ich vor, dauerhaft nach Amerika ziehen. Aber dann besuchte ich Mark ein paar Mal in Berlin und fand die Jazzszene hier spannend. Jazzzeitung: Hat die israelische Musik bei Alony Spuren hinterlassen? Alony: Bei uns gibt es eine Klangfarbe, die
oft als melancholisch bezeichnet wird. Diese Stimmung ist in der israelischen
Musik immer präsent;
dort steht fast alles in Moll. Aber ich zitiere keine Folklore. Wie würdest
Du den Charakter unserer Platte beschreiben? Alony: Das ist interessant. Ich verstehe das Album nämlich als eine Art Reise in die Innenwelt. Der letzte Song „Ad Matay“, stammt von der israelischen Liedermacherin Etti Ankri; da geht es um eine Frau, die sich in einen verheirateten Mann verliebt. Außerdem habe ich das Gedicht „Mechanical Doll“ von der israelischen Dichterin Dalia Ravikovitz vertont. Die Frau in dem Lied muss feststellen, dass ihr die Mitmenschen ständig das Verhalten vorschreiben wollen. Gespräch: Antje Rößler
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