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Obgleich er auch ein origineller, herausragender Pianist war (und als solcher vergleichsweise wenig beachtet), war sein eigentliches Instrument das Orchester: Duke Ellington hat als Komponist, Arrangeur, Leiter der wohl bedeutendsten großorchestralen Formationen der Jazzgeschichte ein halbes Jahrhundert lang das Gesicht des Jazz entscheidend geprägt. Nicht zuletzt, da sein Vater Butler im Weißen Haus war, entwickelte Edward Kennedy Ellington schon als Kind der schwarzen Oberschicht weltmännische Umgangsformen sowie Sinn für Eleganz und Stil, die ihn geradezu dazu prädestinierten, nicht nur als genialer Musiker, sondern auch als vermittelnde Persönlichkeit dem Jazz Weltgeltung zu verschaffen. So konnte er als einer der wenigen seiner Branche mit Staatsoberhäuptern sowie der künstlerischen und intellektuellen Prominenz auf gleicher Ebene verkehren. Allein schon als Autor von rund 2000 Kompositionen, von denen einige hundert zum „täglichen Brot“ des ausübenden Jazzers gehören, hat er Unermeßliches geleistet. Mit dem Song „It don‘t mean a thing if it ain‘t got that swing“ formulierte er bereits 1932 den Slogan zur Swing-Ära, die neben Fletcher Henderson vor allem ihm die Entwicklung der Big Band verdankt. Bei Ellington wurde die Kunst des Arrangements noch um Einiges gegenüber Allem zuvor dagewesenen verfeinert. Was er schrieb, war nicht bloß keine Zwangsjacke mehr, sondern ein Maßanzug für den Solisten. Und bei kaum einem anderen Bandleader blieben Musiker in der Regel so lange wie beim Duke, einige von ihnen (etwa der Altist Hodges und der auch der Baritonist Carney, Dukes Chauffeur) jahrzehntelang. Allesamt waren sie Individualisten: Jeder hatte seine Spezialitäten wegen der er ausgewählt wurde und die der Duke zur Geltung brachte. Ihre Klangfarben verwob er mit impressionistischem Farbsinn zu einem raffinierten Orchestersound, indem er ihre Fähigkeiten geschickt einsetzte: Hatte Bubber Miley etwa eine bestimmte Art mit dem Dämpfer umzugehen, so verstand es Adelaide Hall wiederum, ihre Stimme wie ein Instrument klingen zu lassen. Ellingtonians haben etwas Unverwechselbares, sei es der Kornettist Rex Stewart mit seiner half-valve-Technik oder der Drummer Louie Bellson mit seiner doppelten Bass drum. Während Henderson am liebsten die verschiedenen Sections kontrastierend gegenüberstellte und die meisten anderen Big Bands es ebenso hielten, mischte Ellington gern die verschiedenen Klangfarben der Instrumente, um besonders interessante Effekte zu erzeugen. Die Kompositions- und Instrumentationskunst des Meisters, der als erster Jazzmusiker erfolgreich mit längeren, mitunter suitenartigen Kompositionen (z.B. „Black Brown and Beige“ über die Geschichte der Schwarzen) hervortreten konnte, fand auch im klassischen Lager bei Kollegen wie Toscanini höchste Anerkennung. Ellingtons Orchester durchlief verschiedenste Phasen. Als er 1927 bis 1932 im berühmten Harlemer Cotton Club residierte, gelangte er mit dem „Jungle Style“ zu Ruhm. Er entstand insbesondere durch die verschiedensten Dämpfereffekte der Blechbläser. Ende der 20er Jahre führte er ebenso den „Mood Style“ mit seinen langsamen bis mittleren Tempi, gestopften Blechbläsern und raffinierter Harmonik ein. Die zweite wichtige Periode um 1940 führte mit Mitgliedern wie Jimmy Blanton, der eine entscheidende Rolle für die Emanzipation des Basses spielte und dem eminenten Tenoristen Webster Swing in höchster Reife vor. Ein Auftritt beim Festival zu Newport 1956 leitete nach einer Talsohle eine erneute Erfolgswelle ein. Zwar wurden ab den 50er Jahren nur noch wenige Stücke Hits (etwa „Satin Doll“), dafür aber suchte der Duke bis zuletzt nach unverbrauchten Möglichkeiten, wovon etwa die „Sacred Concerts“ zeugen. Marcus A. Woelfle |
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