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Daran, dass sie einmal das 40. Jubiläum ihres Festivals feiern können, wagten die Väter der „Internationalen Jazzwoche Burghausen“ Joe Viera und Helmut Viertl im Gründungsjahr 1970 kaum zu denken. Aber jetzt war es soweit und das renommierte Jazzfestival ging vom 17. bis 22. März zum 40. Mal über die Bühnen der Salzachstadt. Und passend dazu gab es eine gewichtige Neuerung, die ab jetzt jährlich das Festival bereichert: In sogenannten Wirtschaftskrisen sprudeln die Gelder für die Kultur nicht gerade üppig. Umso erfreulicher ist es, dass gerade jetzt die Stadt Burghausen einen neuen Jazzpreis für Nachwuchsmusiker in der kaum zu glaubenden Summe von nicht weniger als 20.000 Euro (5.000 in bar und 15.000 für Promotionsprojekte und Tonträger) zusammen mit der Interessengemeinschaft Jazz Burghausen ins Leben gerufen hat. Diesem Ruf – sprich der Ausschreibung – folgten insgesamt 54 Bands aus der Schweiz, Österreich, Russland, Italien, Schweden, Tschechien, Luxemburg, Polen und natürlich auch aus Deutschland. Da hatte es die vierköpfige Vorauswahljury nicht leicht, fünf Endausscheidungs-Formationen für das Finale am ersten Tag der „40. Internationalen Jazzwoche Burghausen“ auszuwählen. Aber schließlich standen dann doch fünf Gruppen fest, die am Dienstag abend gegeneinander im mit rund 500 Zuhörern gut gefüllten Burghausener Stadtsaal um die begehrte Auszeichnung antraten. Und auch hier war die vierköpfige Endausscheidungsjury nicht zu beneiden, denn das Niveau aller Formationen gestaltete sich beeindruckend hoch. Im Endeffekt war die Endscheidung der Jury dann auch nicht ganz unumstritten. Denn mit der aus Baden-Würtemberg stammenden Formation „Kühntett“ um den Kontrabassisten Axel Kühn erkor die Jury eine Formation zum Sieger, die zwar wunderschönen und exakt intonierten kammermusikalischen Jazz bot, der aber vielleicht ein wenig zu schön war. Auf einen Nenner gebracht heißt das, dass das „Kühntett“ diese Auszeichnung nur bedingt verdient hat. Denn direkt zuvor spielte sich das deutsch-russische „Ring Quartett“ um den Saxophonisten Evgeny Ring mit faszinierend originellen Nummern, amüsanten Details und leidenschaftlich in Szene gesetzten Altsaxophon- und Schlagzeug-Soli in die Herzen des Publikums und hinterließ zurecht auch bei so manchem Kritikerkollegen großen Eindruck. Preisverleihung mit HindernissenSo gab es bei der Verkündung des Siegers beim „1. Burghauser Europäischen Nachwuchs Jazzpreis“ – so heißt die Auszeichnung nämlich offiziell – doch einige nicht zu überhörende Unmutsäußerungen aus dem Publikum. Letztere konnten zumindest etwas besänftigt werden, als der Jazzprofessor und Leiter der Jury Joe Viera verkündete, dass sich der Burghausener Bürgermeister Hans Steindl spontan dazu entschloss einen mit 1.000 Euro dotierten Sonderpreis für die beste künstlerische Leistung eines Instrumentalisten zu stiften, der dann dem Drummer des „Ring Quartetts“, Dominique Ehlert, zugesprochen wurde. Aber wie dem auch sei, die große Chance am zweiten Festivaltag
als Vorgruppe des „Nigel Kennedy Quintet“ in der ausver- Enfant terrible Nigel KennedyWährend sich die Aktivitäten in Sachen „Enfant terrible“ im Rahmen seiner Klassik-Konzerte in Grenzen halten, lässt es Nigel Kennedy bei seinen Jazzkonzerten in dieser schon mal mehr krachen. So machte er im Rahmen der „40. Internationalen Jazzwoche“ in der Wackerhalle keinen Hehl daraus, dass er sich gern mal ein paar Bierchen hinter die Binde kippt. So kam er bereits mit der Bierflasche in der Hand auf die Bühne und zelebrierte dann lautstark seinen Konsum. Musik gemacht wurde natürlich auch noch – das heißt wenn Nigel nicht gerade mal wieder eine Geschichte aus seinem Leben erzählte, in der das hübsche englische Wort „fucking“ rekordverdächtig oft vorkam. So vernahm man neben den von Violine, Tenorsaxophon und Klavier schön in Szene gesetzten kantabilen Themen, die teils von irischer Folklore beeinflusst waren, ein buntes Crossover-Programm, das Einflüsse von Bach bis „Pink Floyd“ zu bieten hatte. Natürlich beeindruckte der Meister auch durch Virtuositäten wie rasende Läufe und Doppelgriff-Folgen oder seine im verzerrten E-Gitarren-Sound zelebrierten Improvisationen. Etwas nervig war hingegen der hier und da übertriebene Einsatz elektronischer Effekte, dem vor allem der ansonsten beeindruckende Schlagzeuger Kryszof Dziedzic im Rahmen seines Solos zu einem negativen Höhepunkt verhalf. Holly Cole und Tom WaitsNicht gerade das Höchste an Hörgenuss bot der gesamte Auftritt der kanadischen Sängerin Holly Cole mit ihren vier Begleitmusikern am Donnerstag. So hatte sich die Vokalistin mit ihrer Allerwelts-Stimme doch tatsächlich vorgenommen Tom-Waits-Nummern zu interpretieren. Wenn man sich schon an dieses musikalische Schwergewicht herantraut, sollte man entweder eine vergleichbar geniale Kaputtheit ausstrahlen wie Tom Waits oder die Songs auf eine andere und völlig eigenständige Art interpretieren. Aber wenn man wie Cole diese von tiefer Emotionalität, Sehnsucht und der Kaputtheit des Lebens handelnden Nummern mit einer durchschnittlichen Stimme und wenig wirklichem Verständnis für die Charaktere der Songs einfach nur so runtersingt, dann ist die Ausdrucksstärke eben blass bis nicht vorhanden. Der größte Teil des Publikums war dennoch sichtlich begeistert. Beifallsstürme: Al Di MeolaZurecht Beifallsstürme erntete hingegen die danach auftretende Formation um den Star-Gitarristen Al Di Meola, der nicht nur die erwarteten Virtuositäten zelebrierte, sondern auch viel stilistische Abwechslung bot, die vom argentinischen Tango mit dem beeindruckenden Akkordeonspieler Fausto Beccalossi über Einflüsse der Klassik und der Karibik bis hin zu interessanten Komplementärrhythmen reichte. Am nächsten Tag und damit am Freitag abend standen nacheinander gleich drei Bands auf der Bühne und das ohne dass dieser Marathon ermüdend wirkte. Zunächst bot der Drummer Wolfgang Haffner mit seinem Trio wunderschönen kammermusikalischen Hörgenuss, dann schmetterte die Allstarformation „The Cookers“ einen mitreißenden Bebop nach dem anderen in die ausverkaufte Halle. Zum Schluss präsentierte das Sextett um Trompeter Till Brönner eine beeindruckende Mischung, die von Balladen über rockige Fusionklänge und komplexe Komplementärrhythmen bis hin zum richtig abgehenden Bebop reichte und die durch zwei von Brönner am E-Piano teils auf portugiesisch gesungenen Latin-Nummern aus der Feder von Joao Donato zudem durchaus bereichtert wurde. Schön, dass sich Brönner damit wieder zum musikalischen Tiefgang bekannte und seine seichtere Smooth-Schiene zuhause ließ. Blues-Nachmittag Der Bluesnachmittag brachte am Samstag mit der Formation um John Earl
Walker kernigen Gitarren-Bluesrock und mit „Terrance Simien & The
Zydeco Experience“ eine Zydeco-Tanzmusikshow, welche den ganzen
Saal auf die Beine brachte. Stefan Rimek |
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