Zwei Zwillingsbrüder und ihr bester Freund – daher kommt der
Name „Twinset“. Wenn die drei Gentlemen in feinstem Zwirn
die Regie übernehmen, wird es garantiert stilvoll. Schlagzeuger Paul
K. Hoskin und die Brüder Christopher Yeabsley (Orgel) und Daniel
Yeabsley (Saxophon) bilden so etwas wie die lässige Hipster-Variante
des klassischen Jazztrios. Vom anderen Ende der Welt, aus Wellington,
Neuseeland, kommt diese kluge und witzige Spielart des Jazz, die gekonnt
auf das Wesentliche reduziert wirkt. „Lifestyle“ ist bereits
das fünfte Album von Twinset; und auch hier grooven zeitlose Eigenkompositionen
mit elegantem Understatement. Im Juni nächsten Jahres sind die überzeugten
Anzug- und Krawattenträger auf Tour in Deutschland und Holland. Für
die Jazzzeitung traf sich Antje Rößler in Berlin mit dem Schlagzeuger
Paul K. Hoskin.
Jazzzeitung: Euer Auftritt – von den Anzügen
über die Plattencover bis zur Musik – erinnert an die 60er-Jahre.
Wie kommt man auf diese Epoche?
Paul K. Hoskin: Unglaublich fasziniert haben uns die
Orgelbands der 60er-Jahre; besonders beeindruckt waren wir von dem Organisten
Jimmy Smith. Aber genauso wichtig sind für uns auch R&B und Soul
sowie die Aufnahmen mit Herbie Hancock aus dieser Zeit. Warum sollen wir
ständig den heißesten Moden nachjagen, wenn wir doch einfach
so coole Musik machen können?
Jazzzeitung: Was treibt Euch vom fernen Neuseeland
nach Deutschland?
Hoskin: Wir haben seit zwei Jahren einen Vertrag mit
der Vertriebsfirma SPV, die Europa und die USA abdeckt. Und hier waren
wir schon sehr erfolgreich. Das Stück „Sunny“ aus unserem
letzten Album „Mystical Soul“ wurde ein Hit in den deutschen
Club-Charts.
Jazzzeitung: Man könnte meinen, eure Stücke
seien wirklich in den 60ern geschrieben worden.
Hoskin: Dabei sind es alles Eigenkompositionen. Die schreiben
wir drei gemeinsam.
Jazzzeitung: Warum habt Ihr das neue Album „Lifestyle“
genannt?
Hoskin: Es zeigt, wie wir da unten in Wellington leben.
Die Dramaturgie des Albums ist eine fiktive Tagesroutine, vom Morgenkaffee
bis zum Abendspaziergang.
Jazzzeitung: Dann scheint das Leben als Musiker in
Wellington ziemlich angenehm und entspannend zu sein.
Hoskin: Das Leben in Wellington kostet nicht viel. Man
braucht zum Beispiel keine Heizung (lacht). In Wellington kann man ziemlich
leicht von der Musik existieren. Dort gibt es am Konservatorium die einzige
Jazz-Ausbildung im ganzen Land. So hat sich eine richtige kleine Jazzszene
entwickelt. Die ist natürlich nicht so groß wie in Berlin,
aber immerhin gibt es eine wöchentliche Jamsession.
Wir treten vier bis sieben Mal wöchentlich auf und können davon
gut leben. Dabei spielen wir in verschiedenen Formationen und haben Gigs
nicht nur in den Clubs, sondern auch in Hotels.
Jazzzeitung: Die Stadt Wellington beflügelt also
die Kreativität.
Hoskin: Ohne Wellington gäbe es Twinset gar nicht.
Wir haben uns an der Jazz-School kennen gelernt. Christopher und Daniel
sind in Wellington geboren; meine Eltern sind dorthin gezogen, als ich
drei war. In Wellington leben viele Künstler; die Stadt ist für
ihre Kreativität berühmt. Sie hat ungefähr 450.000 Einwohner
und ist als einzige Stadt des Landes keine ausgedehnte Autostadt. Sie
besitzt ein richtiges Zentrum, in dem man zu Fuß gehen kann, so
wie in europäischen Städten.
Jazzzeitung: Zum Album gibt es auch ein Video.
Hoskin: Diese Animation hat Net Wenlock gemacht, ein
Freund von uns. Das Video hat bereits einen Preis beim Independent Video
Competition Wellington gewonnen. Net hat auch schon das Video für
unser Stück „Sunny“ gemacht.
Jazzzeitung: Wie bei Euren vorigen Alben taucht auch
bei „Lifestyle“ wieder der „Klangmeister Mu“ auf.
Wer ist das?
Hoskin: Ein DJ und Producer, der von Anfang an für
das Mastering unserer Alben verantwortlich war. Er hat auch eine eigene
Dub/Reggae Band, „Fat Freddy´s Drop“, mit der er sehr
erfogreich ist. Wir haben auch schon mit anderen Producern gearbeitet,
aber Mu ist der einzige, der unsere Klangvorstellungen nachvollziehen
und umsetzen kann.
Jazzzeitung: Ihr drei spielt auch in anderen Bands.
Welche Rolle nimmt da Twinset ein?
Hoskin: Twinset bleibt für jeden von uns das wichtigste
Projekt. Die anderen Bands bringen jedoch auch das Projekt Twinset weiter,
indem sie unsere musikalischen Fähigkeiten verbessern. Ich spiele
zum Beispiel in einer Afrobeat-Band. Dort habe ich viel gelernt, weil
diese Musik rhythmisch sehr komplex ist. Auf unserem nächsten Album
wird man deshalb auch einen deutlichen Afrobeat-Einfluss hören. Ganz
anders gestalten sich Auftritte in Hotels. Dort will man keinen Krach
haben. Dann verwandle ich mich in einen „stillen“ Schlagzeuger
und arbeite mit subtilen Nuancen. Die ganz verschiedenen Bands sind für
uns auch eine Form des Übens. Im engen Sinne üben wir kaum,
sondern jammen drauflos. Das ist für mich immer noch das Beste und
Eigentliche am Musizieren: diese Spontaneität, die ganz besondere
Teile des Gehirns aktiviert.
Jazzzeitung: Paul, vielen Dank für das Gespräch
und herzliche Grüße an die Zwillinge.
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