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Rücklings liegt ein S zwischen Obliq und (s)ound, in der Mitte breiter als an den Spitzen. Es wirkt wie ein flatternder Schal, eine stilisierte Feder und seltsamerweise erinnert die Musik, gleich auf der ersten eingelegten Disc, an Chick Coreas „Light as a feather“. Später lassen sich weitere Affinitäten und markante Bezüge zu Musikern und Sounds der 70er-Jahre erhören, die zusammen genommen so etwas wie die Kontextualisierung des jungen Labels darstellen. Um Missverständnissen von vorne herein vorzubeugen – durchaus im Heute verwurzelt und mit ästhetischen Mitteln unserer Zeit bestens vertraut (einige Alben enthalten Remixe von Songs verschiedener Künstler), fungiert ein leicht swingender latinbetonter Fusionsound, wie er in Varianten von Corea, Double Image, Roy Ayers, Cal Tjader und Gary Burton gepflegt worden ist, als Blaupause für den ObliqSound. Von einem eigenen Labelsound zu sprechen, wie es zeitweise für den Fixstern am Labelhimmel ECM gegolten hat, ist verfrüht und vermutlich auch gar nicht beabsichtigt. Durchdacht sind freilich andere Merkmale des 2002 gestarteten Jazzlabels,
die sich zu einem leicht entzifferbaren Gesamteindruck summieren. Dieser
verrät ökologisches Bewusstsein, ästhetisches Stilgefühl
und ein blitzsauberes Marketing: Hardcover-Box, (vollständig) ohne
Kunststoff, prägnantes Logo, das als schwunghaftes Zeichen wie ein
Bohrmesser um das Mittelloch jeder CD wirbelt, Bilder im extremen Querformat
vorwiegend mit weiten stimmungsvollen Landschaften und ein gedecktes erdverbundenes
Farbkonzept. Zuviel Äußerlichkeiten? Ich denke nicht. Es zeigt
vielmehr, dass die drei Köpfe, die gemeinsam hinter diesem Label
stecken, sich mindestens ebenso viel Gedanken um das Drumherum gemacht
haben wie um die Musik, die sie in die Welt und unters Volk bringen wollen.
Musikalisch setzen sich Tobias Tanner, der Münchner Ralf Schmid (p,
e-p, org) und der Mailänder Michele Locatelli (g) mit „Musik
ohne Grenzen“ einen sehr hohen Anspruch. Für den gebürtigen Konstanzer Ralf Schmid, er studierte in
Stuttgart Klassik und Jazz, waren „die Pflöcke zwischen musikalischen
Genres und Stilen nie frustrierend“. Er habe Begrenzungen „immer
als Ansporn genommen“, diese hinter sich zu lassen. Folgerichtig
hat er über alle Genres und Stile hinweg mit Leuten aus der Klassik,
aus Jazz, Pop, Musical und avantgardistischen Strömungen gearbeitet.
Bei Angelika Milster war er musikalischer Direktor, seine Leidenschaft
für zeitgenössische Musik lebte er mit „Flügelschlag“
aus, dem ersten deutschen Piano-Trio. Später schrieb er für
verschiedene Orchester und Kammerensembles. Bei Obliq gehen viele Arrangements
auf sein Konto, er schreibt für Künstler des Labels, darunter
den famosen Sänger Tama Waipara aus Neuseeland, und spielt auch auf
vielen Produktionen mit. Als Produzent tritt Locatelli auf und Tanner
sorgt für Ausstattung, Design, Präsentation und Vertrieb des
mittlerweile auf über ein dutzend Produktionen angewachsenen Kataloges,
einschließlich einiger 12-inch-Singles und eines Albums mit Remixen. Michael Scheiner
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