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Ein Podium für den Jazznachwuchs aus Tschechien, Polen und Sachsen sowie „Bühne frei“ für einige Weltstars des modernen Jazz – dies ist das Konzept des Internationalen Jazz & Blues Festivals in Aussig (Ústí nad Labem), dessen 19. Ausgabe am 15. Oktober zu Ende ging. Vom 11. Oktober an hatten zunächst junge Bands wie Jazz Efterrrätt und Eggnoise, am Donnerstag dann die fünf Finalteilnehmer-Ensembles des „Junior Jazz“-Wettbewerbes 2005 (für Musiker unter dreißig Jahren) die Bühnen des Klubs „Circus“, des „Blue Cafés“, der Brauereischänke (Pivovarská Senkovna) und des Volkshauses (Národní Dum) für sich. Wie im Vorjahr hatten sich für den „Junior Jazz“-Wettbewerb eine Riesenmenge Gruppen per CD beworben, fünf wurden ins Finale nach Aussig eingeladen, zum Sieger kürte eine Jury (nach den polnischen „Soundcheck“ 2004) diesmal das Beata Hlavenková Trio aus Prag. Im Hauptprogramm waren „Hochkaräter“ angesagt – am Freitag das Quintett um den polnischen Vokalkünstler Grzegorz Karnas (übrigens mit dem grandiosen Tenorsaxofonisten Radek Nowicki), danach Billy Cobham & Culture Mix, am Samstag die brasilianischen Joyce y Grupo, dann das Al Foster Quartet und die Deborah Coleman Band. Doch zuvor gab’s „Herzklopfen kostenlos“ für Ivan Dostál, den Aussiger Kulturamtschef und Festivalmacher, weil Cobham zwei Tage vor dem Aussig-Konzert die gesamte Europatournee abgesagt hatte. Dank der Vermittlung durch den Jazzclub Neue Tonne, an den sich Dostál händeringend gewandt hatte, konnte binnen zweier Tage mehr als nur Ersatz gefunden werden: Will Calhoun’s AZA spielte die Zuhörermenge des restlos ausverkauften Národní Dum in völlige Verzückung – kein Wunder bei dieser Besetzung! Die Band besteht aus Jean-Paul Bourelly (g), Greg Osby (sax), Orrin Evans (p), Melvin Gibbs (bg) und Will Calhoun (dr, fl, electronics). Calhoun verstand es, in meisterhafter Flexibilität Schlagzeug zu spielen – die Musik war schon allein rhythmisch faszinierend, enthielt Funk, Hiphop, Drum’n’Bass, aber auch Swing und Heavy Rock. Berühmt wurde der New Yorker Drummer mit der mehrfach Grammy-dekorierten, von Mick Jagger entdeckten und protegierten Band Living Colour, außerdem tourte Calhoun mit B.B. King, Run-DMC und Public Enemy. Als unermüdlicher Pendler zwischen Tradition, Mainstream, Free und Rock ist Jean-Paul Bourelly ein Gitarren-Titan. In seiner Diskografie tauchen Namen auf wie Miles Davis, Elvin Jones, McCoy Tyner, Pharoah Sanders, Defunkt und Cassandra Wilson. Bourellys schwerer Ton verweist auf seine Wurzeln: Chicago. Bourelly, der „Jimi Hendrix des neuen Jahrtausends“, reichert das Hendrix-Erbe durch HipHop, Funk, Rock und Jazz. Wie er in Aussig kreischende Elektro-Sounds, arabisch anmutende Skalen und Chicago-Blues-Riffs zu einer Art brodelnd-groovenden Jungle World Blues verband, war frappierend. Das im Vergleich dazu herkömmlich-jazzigere Konzert des ehemaligen Miles-Davis-Drummers Al Foster und dessen Band hatte es aber ebenfalls in sich – rasante, abstrakt-swingende Rhythmen und klasse Soli des aus Israel stammenden Tenorsaxofonisten Eli Degibri stachen heraus. Sängerin und Gitarristin Deborah Coleman schließlich gab dem Festival einen „erdigen“ bluesverbundenen Touch. Ihr Gitarrenspiel verband elegant den deftigen Chicago-Blues mit der sonnendurchtränkten Leichtigkeit eines Larry Carlton. Matthias Bäumel |
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