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Reihum müssen Jazzreihen und -festivals angesichts leerer Kassen abspecken. Um sich dennoch mit großen Namen schmücken zu können, ist es ein legitimer Trick, Hommagen an die Großen der Jazzgeschichte ins Programm zu nehmen. Wenn man dafür auch noch Interpreten findet, die nicht in Ehrfurcht erstarren, sondern das Feuer neu entfachen, dann ist jedem gedient. Auf diese Weise gelang es in Unterföhring beim 2. Summertime Jazz Meeting vom 4. bis 6. Juli, gegenüber der Premiere im vergangenen Jahr auf ein Konzert zu verzichten und trotzdem die hoch gelegte Messlatte nicht zu reißen. Drei Legenden des Jazz konnte man aufs Plakat heben und mit ihnen drei Bands, die deren Erbe würdig vertraten. Star-Trompeter Dusko Goykovich erwies mit seiner Big Band Duke Ellington seine Reverenz. Dass dies formvollendet geschah, dafür sorgte außer Goykovich vor allem eine Rhythmusgruppe der Extraklasse. Neben dem jungen, aber New York-erfahrenen Pianisten Claus Raible sitzt da Branko Pejakovic am Bass, der von 1964 an regelmäßig in der originalen Ellington-Band spielte, also ein ausgewiesener Kenner der Duke’ schen Voicings ist. Ebenso kompetent in Sachen Ellington ist der Schlagzeuger und langjähriger Leiter der HR-Big Band Kurt Bong. Als entscheidend für das Konzert erwies sich, dass Goykovich und sein mit Trompetern wie Rich Loughlin, Posaunisten wie Hans Reiner Bettinger und Saxophonisten wie Michael Lutzeneier druckvoll besetztes 17-köpfiges Orchester nicht am Original klebte, sondern sich Ellington zu eigen machte. Rhythmische oder harmonische Changes, einfallsreiche Soli und Instrumentierungen hauchten Standards wie „Satin Doll“ oder „Lush Life“ neues Leben ein. Das klassische Sängerinnen-Vehikel „In My Solitude“ wurde zum Beispiel nicht für Gastsängerin Beverley Daly reserviert, sondern als Instrumental gespielt. Dafür durfte die Jamaikanerin beim eigentlich instrumentalen „A- Train“ nach Herzenslust scatten. Wie man aus Altem Neues macht – bekanntlich ein Grundprinzip des Jazz –, demonstrierte tags darauf auch Martin Schmitt mit seinem Trio eindrucksvoll. Der Boogie-König und Entertainer hat sich schon seit einiger Zeit mit der Reanimation berühmter Vorgänger hervorgetan, in Unterföhring ließ er die Soul- und R&B-Legende Ray Charles aufleben. Technisch brillant, interpretatorisch geschickt, vor allem aber mit dem nötigen Groove schlugen Schmitt, Bassist Sava Medan und Drummer Christoph Buhse den Bogen von Frühwerken wie „Rock House“ über Country-Anklänge wie „Just A Little Lovin’“ bis zu Hits wie „Hit The Road Jack“ und konnten sich wieder einmal als Publikumslieblinge verabschieden. Noch am selben Abend war danach „The Art of Blakey“ zu hören, ein von Schlagzeuger Hans Fickelscher ins Leben gerufenes Projekt, das sich entgegen des Bandnamens nicht nur mit dem berühmten Drummer, sondern ganz generell mit dem Hardbop beschäftigt. So kamen in Unterföhring nicht nur Blakeys „Blues March“, sondern auch Wayne Shorters Hardbop-Hymnen „Ping Pong“ und „One By One“ oder Horace Silvers „Nica’s Dream“ zu Ehren. Vielleicht am interessantesten war die umgestrickte Version von Duke Ellingtons „Caravan“, das in einem vertrackten Bop-Arrangement kaum wiederzuerkennen war und in den exaltierten Soli bereits auf die Free-Jazz-Ära verwies. Für ein solches Hardbop-Programm braucht man nicht zuletzt exzellente Bläser, über die man hier mit Peter Lehel (Saxophon), Uli Gutscher (Posaune) und Axel Schlosser (Trompete) verfügte. Bei so viel Qualität – dazu muss man auch noch die altgediente Allotria Jazzband zählen, die beim sonntäglichen Frühschoppen an der Reihe war – freut man sich schon auf das 3. Summertime Jazz Meeting. Da soll dann laut Peter Wortmann, der das Programm zusammen stellt, auch aktueller Jazz seinen Platz finden, um auch im veranstaltungsreichen Monat Juli die überregionale Resonanz zu finden, die diesmal ausblieb. Oliver Hochkeppel |
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