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Es klingt märchenhaft: Ein junger Pianist wagt den Sprung von Stuttgart in den Jazz-Moloch New York, um seine Fähigkeiten als Arrangeur und Pianist an der anerkannten New School University zur Diskussion zu stellen. Da ist er gerade 28, hat das Studium der Schulmusik absolviert und erhält nun seinen ersten regulären Jazz-Unterricht. Doch nach einem Jahr bricht er ihn ab, weil das Unterrichtswesen letzten Endes funktioniere wie ein Kindergarten. Im Gegenzug bestellt Herbie Hancock einige Arrangements bei ihm – scheinbar der Beginn einer klassischen Auswandererkarriere. Aber dann: Zwei Jahre nach dem Beginn des Abenteuers, hält es ihn nicht mehr im Big Apple. Er geht zurück nach Deutschland. Alle Träume zerplatzt wie die sprichwörtliche Seifenblase? Wer Ralf Schmid heute zu seiner aufregenden Zeit in Übersee befragt, erfährt viel von dem, was den 34-Jährigen im Innersten bewegt – privat wie beruflich: „Der freie Markt in den USA ist eine knüppelharte Sache. Ich arbeite gern und viel, aber die Familie in New York über Wasser zu halten, ist ein 24-Stunden-Job. In Deutschland kann man auch nicht bequem sein, aber hier kann ich auch eine Stunde im Garten sitzen, das Wochenende mal frei nehmen. In Amerika eine Unmöglichkeit, weil die Gagen niedriger sind. Die Leute, die es dort wirklich schaffen, sehen mit 40 oft aus wie 55.“ Dennoch: Wenn man seine momentanen Aktivitäten Revue passieren lässt, ist kaum nachvollziehbar, dass Schmids Tag auch nur 24 Stunden hat: Pianist im Trio Flügelschlag und dem Trio Schmid/Hübner/Krill, das für sein erstes Album „Time Makes the Tune“ gleich den 1. Preis beim Hennessy Jazz Search einheimste; Komponist und Arrangeur mit Schwerpunkt Big Band (zuletzt wurde sein Ballett „Tribal Dances“ in Frankfurt uraufgeführt); Mitbegründer des Plattenlabels Obliqsound, das die jazz-orientierte Grenzüberschreitung kultiviert und seinen Sitz in New York und München hat. Dass Ralf Schmid ein Wandler zwischen Welten ist, zeigt sich genauso an seinen Vorbildern: Chick Corea, Miles Davies, Leonard Berstein und Gustav Mahler. Eine unscharfe Auswahl vom Grabbeltisch des Postmoderne? Schmid: „Entscheidend ist für mich, dass ich von Musik berührt werde – emotionell und intellektuell. Wenn beide Seiten ausgewogen sind, dann erlebe ich die magischen Momente, bekomme im Konzert Gänsehaut. Obwohl ich mich als Jazz-Musiker begreife, ist das die einzige Maxime, die für mich und meine Musik gilt. Wenn ich ein Stück schreibe, dann soll es mich und Zuhörer berühren und überraschen. Unsere Generation hat das Problem, dass alles schon gespielt wurde. Den Hörer einfach nur vor den Kopf stoßen, ist ja auch nicht mehr neu. Es ist nicht politisch korrekt, doch mir geht es um das ganz einfache – berührt werden.“ Selbst wenn das wohl eine Maxime sein dürfte, die viele ansprechen wird – es muss viel Mut gekostet haben, ein neues Label zu gründen. In Zeiten, in denen die Plattenindustrie praktisch danieder liegt. Mut hatte Ralf Schmid immer: Schon die Entscheidung für den Beruf des Jazz-Musikers erfordert ebenso Courage wie primär für Big Bands zu schreiben, die in Deutschland immer seltener werden. Und ein weiteres unter hunderten von Trios zu gründen, grenzt geradezu an Frechheit. Aber den Sprung zurück aus dem Jazz-Moloch hat Ralf Schmid ja auch blendend gemeistert. Oliver Wazola
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