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Die für den Nachmittag angesetzte Probe kann getrost ausfallen. „Mannomann“, stöhnt George Lewis mit einem Kopfschütteln, das Bewunderung ausdrücken soll, während sich die Mitglieder des ICI ensemble munich in ihrer wohlverdienten Pause bei Kaffee und Kuchen erholen. „Wir kommen wesentlich schneller voran, als ich es mir hätte träumen lassen“, sagt der Amerikaner und schnalzt geräuschvoll mit der Zunge. „Das hätte ich nicht gedacht, dass ich hier ein solches Niveau antreffen würde.“ Auf Einladung des Kulturreferats kam der Musiker Ende April für etwas mehr als zwei Wochen nach München, um mit dem ICI ensemble fünf seiner Kompositionen einzustudieren. Mit Lewis hat sich das Kulturreferat ein Schwergewicht geangelt. Denn der 50-Jährige mit der schillernden Vita gehört zu den virtuosesten Posaunisten, die die Musik seit den 70er-Jahren hervorgebracht hat. Er schreibt wissenschaftliche Beiträge und Bücher und ist seit Jahren an der Universiy of California in San Diego Professor für „Critical Studies/Experimental Practises“ im Bereich Musik. Gerade schreibt er ein Werk für Orchester und virtuelles Piano – das Piano ist ein Computerprogramm, das mit dem realen Ensemble improvisiert. „Ich war nie in München und hatte keine Ahnung, dass hier eine so lebendige Szene existiert“, setzt Lewis sein Lob für die hiesige Improvisatoren- und Komponisten-Szene, die sich im ICI ensemble konzentriert hat, fort. „Jeder in diesem Orchester profitiert von verschiedenen Erfahrungen und Backgrounds. Meine Musik hat diverse Ursprünge und ist nicht allein in einem Genre angesiedelt. Ich muss mit Musikern arbeiten, die Musik in ihrer ganzen Vielfalt lieben und keinen Stempel mit einem bestimmten Motto auf der Stirn tragen. Sie haben alle eine Sensibilität für hybride Formen entwickelt. Diese Musiker hier spielen großartig, haben keine Berührungsängste, keine Schwierigkeit mit komplexester Notation und sind hervorragende Improvisatoren.“ 1998 wurde das ICI ensemble nach einem Pilotprojekt mit dem Komponisten Vinko Globokar
zur festen Einrichtung. Seither haben die Münchner mit dem Engländer Barry
Guy oder dem Italiener Giancarlo Schiaffini gearbeitet und Kompositionen aus den
eigenen Reihen aufgeführt, im Jahre 2002 etwa solche des Posaunisten Christofer
Varner oder des Trompeters Franz-David Baumann. In George Lewis Kompositionen, die
der Tonsetzer übrigens mit fulminantem Körpereinsatz dirigierte, bekam
es das Orchester mit Werken zu tun, die von starken Kontrasten leben. Lewis spielt
mit Konventionen, die er gegen Abstraktionen setzt, bricht satte Tutti-Stellen immer
wieder für unbegleitete Soli auf, stellt minimalistische Motive gegen weitschweifende
Bögen, düpiert die Ideale der Avantgarde durch Zitate aus der Jazzgeschichte.
Ssirus W. Pakzad |
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