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Ist Ihnen schon mal aufgefallen, wie das Englisch der Musikbranche den Stil unserer Musik-Journalisten verhunzt? Den Konjunktiv hat es unter Musikprofis sowieso nie gegeben – schon „for business reasons“. Der Bindestrich steht auf der Liste bedrohter Tierarten. Gute Platten gibt es zwar noch, aber sie sind nicht mehr brillant, sondern meist „brilliant“. Statt „lizenzieren“ schreiben die Musikheinis immer öfter „lizensieren“ („to license“), statt „Musiker“ am besten „Artist“. Sie „lieben“ etwas, das wir früher einfach nur mochten, sie „wissen um“ Dinge, die wir früher einfach nur kannten, „vertrauen in“ jemanden, dem wir früher einfach nur vertrauten, und kennen viele „Plätze“ („places“), die früher noch Orte waren. Zum Beispiel ein Studio im Nordosten Brasiliens, den sie jetzt angloamerikanisch den brasilianischen Nordosten nennen: Von diesem „Platz“ kommt „brilliante“ Musik, die sie „lieben“. Aber weiter: Der Trompeter der Stunde ist nur noch„Trompeter des Moments“ („of the moment“). Der Bläser spielt ein „Windinstrument“. Die akustische Gitarre heißt seit Jahren schon „Akustik-Gitarre“: Das klingt fast wie „acoustic guitar“, also internationaler. Wann kommt die Elektrik-Gitarre? Statt vom Label Compost aus München reden sie von „Münchens Compost-Label“, statt vom Album „Kind Of Blue“ vom „Kind Of Blue-Album“. Oder ist da immer noch ein Bindestrich zu viel? Eine nach dem Interpreten selbst benannte Platte heißt im Englischen „self-titled“. Richtig: Die deutschen Musikkritiker nennen das jetzt „selbstbetitelt“. Logischer Unsinn. Und jetzt kommt das Beste: Den Lieblings-Saxophonisten gibt es überhaupt nicht mehr, denn er lässt sich nicht mehr deklinieren. Gitarrist A spielt heute mit Saxophonist B, Pianist C und Bassist D. Grundsätzlich hat der Musiker mit der grammatikalischen Beugung auch seinen Artikel verloren, als wären „Saxophonist“ und „Gitarrist“ Rangtitel wie Stabsfeldwebel oder Kriminalkommissar. Deshalb wird aus dem neuen Album des Gitarristen A im Musik-Denglisch: Gitarrist As neues Album. Wohl, je mehr du denkst über es, je mehr klar es wird. Wir schreiben künftig nur noch musikalische Filser-Briefe. Etwa so: Saxophonist Joshua Redmans selbstbetiteltes Debüt-Album auf Amerikas Warner-Label mit Pianist Kevin Hays – damals ein brilliantes Dokument des Moments. Rainer Wein
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