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Till Brönners letzte CD heißt „Blue Eyed Soul“ (Verve 016 879-2). Dabei ist der 31-jährige Trompeter alles andere als blauäugig. In Interviews erweist sich der gefragte Produzent und Arrangeur (u.a. für Hildegard Knef und die No Angels) regelmäßig als smarter Gesprächspartner, der die coolen Licks nicht nur auf der Trompete beherrscht. Wenn ihm Kritiker Glätte und Abkehr von den Tugenden des Jazz vorwerfen, sagt Brönner entwaffnende Sätze wie: „Ich stehe eben mittlerweile auf Sachen, die einem puren Jazzer die Zornesröte ins Gesicht treiben“. Und dabei lächelt er so entspannt, als ob die Zornesröte im Gesicht verbiesterter Traditionalisten eine Art Qualitätssiegel für gute Musik sei. „Blue Eyed Soul“ gilt vielen als „NuJazz made in Germany“. Über das Album, das die „taz“ mit einem „Armani-Anzug“ verglichen hat („Außen knitterfrei, innen nichts drin, aber wenn man reinschlüpft, fühlt es sich grandios an“), und den Begriff des „NuJazz“ sprach Till Brönner mit Claus Lochbihler. Jazzzeitung: Kannst Du mit dem Ausdruck „NuJazz“ etwas anfangen? Till Brönner: Mit Begriffen ist das so eine Sache. Für mich ist „NuJazz“ letztlich eine Bezeichnung, unter der ich die interessanteren Varianten des tanzbaren Jazz zusammenfassen würde – Jazz, der zum Beispiel Elemente der 70er-Jahre einbezieht. Außerdem könnte man „NuJazz“ als Musik definieren, die in erster Linie für den Zuhörer gemacht ist. Und nicht für Musiker. Jazzzeitung: „NuJazz“ ist also Jazz?
Brönner: Was ist schon Jazz? Jazz ist zur Zeit in erster Linie ein Begriff, der ziemlich konstant vermieden wird, weil er bei ganz vielen Leuten negative Assoziationen auslöst. Wenn man mit „NuJazz“ eine Musik meint, bei der aktuelle Strömungen und Ereignisse einfließen – dann ist „NuJazz“ natürlich auch Jazz. Weil der Jazz schon immer neue Entwicklungen und Elemente aufgegriffen hat. Jazzzeitung: Aber steht „NuJazz“ nicht auch für eine gegenläufige Tendenz? Den Versuch, den Begriff Jazz mit seinem Image des Coolen und Aura des intelligent Raffinierten für etwas zu vereinnahmen, was mit Jazz nicht viel zu tun hat. Brönner: Guter Punkt. Und das ist nicht nur eine
komische, sondern auch eine gefährliche Entwicklung, weil die Leute irgendwann gar
nicht mehr wissen, was das sein soll: Jazz. Ich würde zum Beispiel
meine letzte CD „Blue Eyed Soul“ nicht unbedingt als Jazz
bezeichnen. Brönner: Das ist Musik, die zwar Wurzeln im Jazz hat, die sich aber letztlich mehr in Richtung des neuen R & B orientiert, wie er derzeit aus Philadelphia kommt. Mit „Blue Eyed Soul“ wollte ich weg von dieser Musiker-Dudel-Musik. Ich wollte eine Platte mit relaxten R&B-Vibes machen, bei der die Trompete die Funktion eines Vokalisten übernimmt. Eines Sängers wie D’Angelo zum Beispiel. Von der Art der Harmonien und mehrstimmigen Sätze, die gespielt werden, könnte „Blue Eyed Soul“ auch von einem Typen wie D’Angelo sein. Jazzzeitung: Du singst also auf der Trompete? Brönner: Ich hatte anfänglich Sorge, dass das alles wie ein dämliches Instrumental-Album klingen könnte. Aber durch das Flügelhorn, das ich größtenteils verwende, gewinnt die Musik tatsächlich diesen menschlichen Stimmen-Charakter, der mir vorschwebte. Jazzzeitung: Ist es Dir wichtig, dass Deine Musik bei aller Studio-Technik live aufführbar bleibt? Brönner: Auf jeden Fall. Bei der ersten „Blue Eyed Soul“-Tournee waren wir unheimlich abhängig von Computern – was mir auf den Zeiger ging, weil darunter die Spontanität litt. Deswegen haben wir uns hingesetzt und überlegt, wie wir „Blue Eyed Soul“ mit einer anderen Besetzung live spielen können. Ob da mal ein Streicher-Pad mehr dabei ist oder ein Beat oder ein Percussion-Loop weniger als auf der CD, ist letztlich bei der Qualität der Musiker überhaupt nicht wichtig. Am Schluss hatten wir gar keinen Computer mehr auf der Bühne und haben alles live gemacht – genau so, wie wir es auch bei der anstehenden Tournee machen werden. Jazzzeitung: Welche Rolle spielt für Dich noch der klassische, akustisch gespielte Jazz? Brönner: Ich spiele ihn nicht mehr so regelmäßig wie früher, aber noch immer gerne. Der akustische Jazz ist eine sehr filigrane Welt, für die man mental in einer sehr ausgeglichenen Verfassung sein muss. Man sollte seine Mitmusiker sehr intensiv und andauernd wahrnehmen, nur dann kann man sich in einem solchen Kontext sinnvoll einbringen. Das ist eine Herausforderung, auf die man sich immer wieder vorbereiten muss. Jazzzeitung: In einem Interview hast Du mal erzählt, was in Dir vorging, als Du zum ersten Mal Bebop gehört hast: „So etwas Unanständiges kann man eigentlich nicht machen. Die Musik war wie eine Frau, die mich anbaggert.“ Hattest Du ein ähnliches Erlebnis mit Hip Hop? Brönner: Eigentlich nicht. Weil HipHop in meinen Augen eine Musik ist, die letztlich aus dem Jazz erwachsen ist. Und deswegen ist er auch so oft mit dem Jazz kombiniert worden. Jazzzeitung: Woran machst Du diese Verwandtschaft fest? Brönner: Die meisten Hip Hop-Beats, die wirklich gut sind, swingen auch. Und deswegen laden sie dazu ein, darüber zu improvisieren. Konzerttermine
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