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Im Jazz und im übrigen Tierreich dominieren gewöhnlich die Männchen. Die können einfach lauter röhren und sich breiter aufplustern. Und warum machen sie das? Der Weibchen wegen natürlich. Schon Darwin beschrieb das Prinzip der Female Choice: Die Männchen balzen wie verrückt, die Weibchen bleiben cool und sagen einfach Ja oder Nein. Daran musste ich denken, als ich kürzlich in der Praxis meines Zahnarztes mit seiner Frau ins Gespräch kam. Mein Zahnarzt ist Jazz-Fan, klar. Seine Frau, nicht mehr ganz jung, aber enorm apart, lächelnde Augen, beredte Beine, wärmende Stimme, ist Jazz-Opfer. Oder besser: Sie mag nur eine bestimmte Art von Jazz. Die Musik muss etwas mit meinem Leben zu tun haben, kam es zwischen ihren geschminkten Lippen hervor. Ich muss das gerne hören, auf Partys, bei einem Drink, zum Frühstück oder nach dem Sex. Es muss in die jeweilige Situation passen. Ich will mich dabei entspannen oder ich will dazu tanzen. Ich will ein gutes Gefühl haben dabei. Bestimmte CDs, die ihr Mann höre, halte sie einfach nicht aus, verriet sie mir mit einem kleinen katzenhaften Naserümpfen. Diese grässlichen freien Sachen... Da fällt mir keine Lebenssituation ein, in der ich das wirklich hören möchte. Dieses Gefühlschaos, das da drinsteckt. Diese Ups and Downs. Das ist wohl eher was für die unausgegorene Männer-Psyche. Mir wird da nicht warm, hier unten herum. Und mit einem dezenten Lächeln legte sie ihre kühle, schlanke Hand flüchtig an ihren Hosengürtel. Ich wusste sofort, was sie meinte. Übrigens: Die Platten, die die Frau meines Zahnarztes mag, lagen in den Jazz-Jahrescharts 2001 ganz oben. Die Weibchen bleiben halt cool und treffen letztlich die Entscheidungen. Rainer Wein |
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