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Murnau, ein oberbayerisches Bilderbuch-Idyll. Was liegt da ferner als Jazz, könnte man meinen. Aber: Die schöne Natur allein bringt´s ja auch nicht meinten dort vor zehn Jahren eine Hand voll Leute und gründeten den Kulturverein Murnau, der inzwischen zum Hauptveranstalter von Jazz-Konzerten sämtlicher Größenordnungen in der Region geworden ist. Langeweile kam beim Murnauer Jazz-Festival, das in diesem Jahr den Drum-Sticks gewidmet war, nicht auf. Dafür sorgte gleich am ersten Abend ein Akrobat der Stöcke, der faszinierende Drummer Billy Cobham mit seinem Quintett. In ihrem glänzend ausgeloteten Programm aus originell interpretierten Standards und brandneuen Eigenkompositionen der Solisten, von lyrischen, nachdenklichen Stücken bis hin zu echter Jazz-Rock-Power entfalteten sich die einzelnen Musiker: Per Gade an der E-Gitarre, zunächst zurückhaltend, dann aber umso fantasievoller und mitreißender, Gary Husband am E-Piano, lässig, reduziert, stets mehr am musikalischen Ganzen als an der Soloperformance interessiert, Stephan Rademacher als solider Bass, Junior Gil, der Überaschungsgast aus Trinidad, mit fantasievoller Percussion und dem Steel Drum und Zentrum der Band der quirlige Billy Cobham, der die Balance zwischen der Dominanz seiner Drums und der nötigen Dosis Zurückhaltung virtuos zu halten wusste. Nach einem regionalen Intermezzo am zweiten Abend des Festivals, das die enorme Bandbreite der Jazz-, Blues- und Rockszene vor Ort dokumentierte, folgte der nächste Höhepunkt mit dem Gunter Hampel Trio und dem Break-Dancer Prince Alegs. Hampel, ein Altmeister des Free Jazz, bildet mit Christian Weidner am Saxophon und mit Gerrit Juhnke am Schlagzeug schon seit sechs Jahren ein Team, dessen musikalische Sprache durch ihre Stringenz, sensible Synchronisation und genaues Aufeinandereingehen beeindruckt. Das Trio zelebriert die Kunst der Übersetzung ganz persönlicher Inspirationen in eine Musik, die die Formulierungen des Einzelnen zum gemeinsamen Dialog erweitert und fortentwickelt. Die Kombination mit der Körpersprache von Prince Alegs, dessen Ausdruckskraft und tänzerisches Vokabular weit über den Break-Dance hinausgeht, steigerte die Performance zu einem intensiven Gesamtkunstwerk aus Musik und Tanz. Zum Abschluss des Festivals gab es noch eine Premiere. Das Staffelseequartett unter Florian Oppenrieder stellte seine neue CD vor: A Night with Blues and Ballads, eine persönliche Hommage der vier Musiker an den traditionellen Blues und ein feuriges Plädoyer für seine Aktualität. Das facettenreiche und ungewohnt melodiöse Saxophon von Johannes Enders, das malerische Piano von Larry Porter, der filigrane Bass von Thomas Stabenow und das wohl dosierte Schlagzeug von Florian Oppenrieder sie alle zuammen machten diese Blues-Nacht zum leisen Ausklang für ein Festival, das einem der lautesten Instrumente überhaupt gewidmet war: ein interessantes Exempel seiner musikalischen Möglichkeiten und ein mutiges Programm, das auch das Experiment nicht scheute. Martha Rahner |
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