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Normalerweise gedeiht Jazz am besten in einer Atmosphäre aus Nachtleben und Großstadttempo. In Bayern ist das anders: Hier bekommen junge Nachwuchsjazzer aus dem Freistaat ihren letzten Feinschliff in der Provinz. Das Bayerische Landesjugendjazzorchester für angehende Jazzmusiker eine wichtige Station zu Beginn ihrer Karriere ist im schwäbischen Marktoberdorf angesiedelt mehr als eine Autostunde südwestlich von München. Heute, am 11. April 2002, tritt es dagegen im großen achteckigen Saal der fränkischen Musikakademie Hammelburg auf dreieinhalb Autostunde von München. Das Publikum ist begeistert, keiner merkt den swingenden Musikern die Arbeit an, die sie während einer einwöchigen Klausur in den Mauern des ehemaligen Klosters ins jetzt scheinbar so mühelos erklingende Repertoire investiert haben.
Blenden wir einige Tage zurück zu den Proben: Harald Rüschenbaum, der Leiter des Ensembles macht Satz-
und TuttiProben. Das heißt aber nicht, dass er nur vorne am Pult steht, Einsätze gibt und mit Erklärungen
aufwartet. Der Schlagzeuger und Bandleader hat seine eigenen Methoden, um den Sound und den Rhythmus der über
30 Musiker auf den Punkt zu bringen. Rüschenbaum dirigiert mit dem ganzen Körper, hüpft, singt vor,
macht Konzentrations- und Entspannungsübungen und verlangt von seinen Musikern, dass sie sämtliche Phrasen
nicht nur spielen, sondern auch singen können. Rüschenbaum macht tatsächlich jede Probe zu einem ganz
eigenen Erlebnis: Doch bei aller Freude, die Anforderungen, die Rüschenbaum stellt, sind hoch. Nicht nur die engagierten Jungmusiker (Höchstalter 24 Jahre) sind eine gute Truppe auch das Dozententeam hat sich gefunden. Erfahrene Musiker wie Stefan Zimmermann (tp), Johannes Herrlich (tb), Karsten Gorzel (sax), Walter Lang (Rhythmusgruppe), und Drummer Rüschenbaum (Tutti-Proben) wechseln sich permanent ab. Die Idee des Leitungsteams ist keine hierarchische, sondern eine partnerschaftliche: Erfahrene Musiker zeigen jungen Musikern etwas. Vor gut einem Jahrzehnt übernahm Harald Rüschenbaum das Orchester, das sich praktisch alle zweieinhalb bis drei Jahre komplett erneuert, von Dusko Goykovich. Harald Rüschenbaum über die Unterschiede zwischen den Musiker von damals und heute: Die Ausbildungssituation der Musiker hat sich rapide verändert. Wir bekommen junge Musiker her, die zum Teil schon eigene Kompositionen und Arrangements mitbringen. Als wichtige Ursache für die gestiegene Kompetenz seiner Bandmitglieder nennt Rüschenbaum die vielen praktizierenden Jazzmusiker an den Musikschulen. Dementsprechend können wir auch weiter gehen. Das, was wir hier machen, ist Wahrnehmung öffnen. Die Musiker sollen auf breitester Basis eine Ausbildung bekommen, um später im professionellen Bereich tätig sein zu können. Deshalb ist das Repertoire vielseitig: es reicht von sehr traditionellen Geschichten, die bei Duke Ellington oder bei Count Basie angesiedelt sind, bis zu Funk, Latin, freien Sachen, darunter auch punkig, rockig oder angegrungte Klänge. Das Bayerische Landesjugendjazzorchester ist ein Ausbildungsensemble der Leistungsspitze. Doch kann ein Profi angesichts unsicherer Berufsaussichten den Jüngeren heute noch guten Gewissens raten Werdet auch Profis!? Dazu Harald Rüschenbaum: Wir haben sehr große Leistungsunterschiede in der Band, durch die altersbedingte Fluktuation wechselt die Konzertbesetzung ständig. In den zwei bis drei Jahren ihrer Teilnahme bekommen die Musiker ein Gefühl für die eigene Leistung und die anderer. Das ist eine ganz natürliche Geschichte, sich selber kennen zu lernen oder einzuschätzen. Ich kann jedem hier sagen, das Musiker einfach ein wundervoller Beruf ist. Die Studenten unterhalten sich viel über Themen wie Soll ich jetzt Medizin oder Musik studieren?. Ich halte es da mit Bernstein, der sagte Wenn du das fragen musst, dann machs nicht!. Andreas Kolb |
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