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Ein rasender Schleuderer, um es mit Pablo Neruda zu sagen, dabei kompromisslos, gnadenlos integer in seiner Kunst und aggressiv-leidenschaftlich wie eh und je, ist der heute 47-jährige Alt-Saxophonist Tim Berne geblieben. Zum Verschleudern oder gar zum Schleuder-Preis gab es bei Bernes großartigem Konzert im Nürnberger Jazzstudio allerdings rein gar nichts. Seine aktuelle CD Science Friction, die sich bewusst gegen den überzogenen An- spruch Ornette Colemans
und seiner gleichnamigen LP Science Fiction von 1971 sperrt, verkauft Berne folgerichtig während
der Pause auch nicht zum Vorzugspreis, sondern gegen harte 20 Euro. In Thin Ice etwa schießt Berne graziös über dünnes Eis und bleibt im Schlussstück Heavy Mental konzentriert auf Power-Kurs. In leiseren Momenten arbeitet er traumverloren an den Fractured Fairy Tales seines berühmten Spätachtziger-Trios Miniature weiter. Und nicht nur während dieser langsamen Tempi kommt Bernes Musik stets in den unheimlichen Treibsand-Sog seiner Band Quicksand und oder bebt ähnlich intensiv wie die Vorgänger-Formationen Big Satan, Bloodcount oder Paraphrase. Und alle diese Bands geben ähnlich schroffe, wie hochartistische Ruhe im Auge des Hurrikans-Lektionen über Gewalt und Leidenschaft oder eben zerbrechliche Muschelschalen. Reinhold Horn
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