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Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Und im Jazz kann Shirley Scott als ihre Königin gelten zumindest für all die Jahrzehnte vor dem Aufstieg der heute so populären Münchnerin Barbara Dennerlein. Und wenn es im Soul Jazz der 60er-Jahre, dieser eindeutig von Männern dominierten Klangwelt, eine Königin gab, dann war diese auch Shirley Scott. Und sucht man nach jenen, die im Jahrzehnt davor die Hammond-Orgel im Jazz durchsetzten, jene Pionierarbeit leisteten, die die unglaubliche Erfolgsstory der Orgel in den 60er-Jahren erst ermöglichte, dann muss neben dem viel zitierten Jimmy Smith gerade auch Shirley Scott genannt werden. Scotts ursprüngliches Instrument war das Klavier. Im Alter sollte sie sich ihm wieder vorwiegend widmen, um die Orgel auffällig zu vernachlässigen. Auf Druck ihrer Manager war sie übrigens einst überhaupt zur Orgel gekommen! Die zierliche Frau unterschied sich stilistisch deutlich von ihren männlichen Kollegen wie Jimmy Smith oder Jack McDuff. Nicht laut und schrill war ihr Orgelspiel, sondern fein, weniger ekstatisch als subtil. An der nötigen Kraft fehlte es ihr freilich nicht. Sie war eine hervorragende Blues-Interpretin. Während ihre Kollegen ihr Hauptgewicht vor allem auf Bluesiges legten, legte sie Wert auf ein besonders breit gefächertes Repertoire, spielte gerne seltene Standards und verachtete aktuelle Pop-Songs, etwa der Beatles, nicht. Als Komponistin verfügte sie über eine ansprechende Feder, wie man auf den vielen Platten hören kann, die in den 60er-Jahren zum Teil an der Seite ihres Gatten Stanley Turrentine entstanden. Turrentine war nicht der einzige große Tenorist mit dem Shirley Scott musiziert hat. 1955 arbeitete sie mit John Coltrane zusammen, kurz vor dessen Durchbruch. Ihr eigener Erfolg setzte ein, als Eddie Lockjaw Davis der Tenorist des Count Basie-Orchesters mit der wunderbar kraftstrotzenden Spielweise sie entdeckte. Fünf Jahre lang arbeitete sie mit Lockjaw zusammen. Mit In The Kitchen landeten die beiden 1958 einen großen Hit, dem Scott ihren Plattenvertrag bei Prestige verdankte. Später erschienen ihre Platten auch auf Impulse, Atlantic und Candid. Als die Popularität der Hammond B3 in den 70er-Jahren nachließ und Scott sich wieder für das Klavier
als Hauptinstrument entschied, nahm sie nur noch sporadisch Platten auf. Doch sie fand stets wichtige Aufgaben. Ab
1991 unterrichtete sie Jazzgeschichte und Klavier an der Cheney University, 1993 wurde sie musikalische Leiterin der
Quiz-Show des beliebten Bill Cosby. 1995 hatte sie begonnen, das inzwischen verbotene Diät-Präparat fen-phen zu sich zu nehmen. Als sie davon schwer krank wurde, verklagte die jahrelang ans Bett gefesselte Frau ihren Arzt und den Hersteller auf acht Millionen Dollar und gewann schließlich im Jahre 2000 den Prozess. Marcus A. Woelfle |
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