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Alle Welt redet von der Event-Kultur. Auch Musikhochschulen wie die Kölner bleiben davon nicht unberührt, müssen sich auseinander setzen mit der Frage, ob Lehrstühle oder Seminare für Weltmusik oder Musical eingerichtet werden sollten. Und dann gibt es daneben die Evaluierungskommissionen der Landesregierungen, die durch das Land reisen, von einer strafferen und profilhafteren Struktur reden, in Wirklichkeit aber nur sparen wollen. Und die Hochschulen müssen sehen, wie sie mit ihrer zurückgehenden Finanzausstattung trotz allem ihrem Auftrag gerecht werden, junge Menschen auf den Beruf des Musikers vorzubereiten, so dass er bestehen kann auf einem Markt, der durch Sättigung und Überangebote geprägt ist. Grund genug, die Jazzausbildung an der Kölner Musikhochschule, ihr Profil, ihre Möglichkeiten und aktuellen Probleme einmal näher anzusehen. GeschichteAls erstes Musikinstitut nach dem Krieg und damit als das zweite Institut in Deutschland überhaupt nach dem Hochschen Institut in Frankfurt (192733) bekam die Kölner Musikhochschule durch das zukunftsorientierte Handeln ihres neuen Direktors Heinz Schröter im Jahr 1957 einen Jazz-Kursus, geleitet von Kurt Edelhagen. Etwa gleichzeitig richtete Schröter zur Aktualisierung der Arbeit der Hochschule ein Seminar unter der Leitung von Bernd Alois Zimmermann für Hörspiel-, Bühnen- und Filmmusik ein, das auch für die Ausbildung der Jazzmusiker große Bedeutung bekommen sollte. Im Januar 1958 wurde der Lehrbetrieb aufgenommen. Edelhagen war zur selben Zeit aus Baden-Baden nach Köln gekommen, um dort sein über Jahrzehnte berühmtes Orchester zu etablieren. So lag es nahe, dass der Kern der Dozenten der ersten Stunde sich aus dem Orchester rekrutierte, zum Beispiel mit Jimmy Deuchar, Derek Humble oder Stuff Combe. Dietrich Schulz-Köhn übernahm das Fach Jazz-Geschichte. Unter den Studenten der ersten Jahre befanden sich junge Musiker wie Alexander von Schlippenbach, Manfred Schoof, Buschi Niebergall und Jacki Liebezeit. Gerade sie kamen in den Genuss der Querverbindungen zwischen den verschiedenen Abteilungen in der Hochschule, vor allem zu der Neuen Musik und der Person von Bernd Alois Zimmermann. Der Einfluss der improvisierten Musik, der Zimmermann eine besondere Spontaneität zuschrieb, schlug sich nieder in Zimmermanns Werken wie Die Soldaten, Die Befristeten oder Requiem für einen gemordeten Dichter. Umgekehrt ist die Begegnung mit der Neuen Musik eine wesentliche Ursache für den Aufbruch des europäischen Free Jazz gerade in Köln, mit den genannten Musikern, ein besonderes Ergebnis der Arbeit an der Kölner Musikhochschule. Die drei bis in die Gegenwart reichenden wesentlichen Merkmale der Kölner Ausbildung waren damit etabliert: Solide Grundausbildung, die Verbindung zur aktuellen Jazz Szene und die Nutzung nicht jazzspezifischer Angebote der Hochschule. In den Folgejahren wiederholten sich derartige Ereignisse zwar nicht, der Jazz-Kursus konnte aber seinen Ruf wahren. Unter der qualifizierten Leitung von Glen Buschmann, der 1963 Kurt Edelhagen ablöste, überlebte er, bis schließlich Anfang der 80er-Jahre in der Verantwortung des Rektors Franz Müller-Heuser die bis heute gültige Form, damals unter der Leitung von Jiggs Whigham entstand. Studiengang Jazz/PopularmusikDer im Jahr 1981 eingerichtete Studiengang Jazz/Popularmusik hat sich zur größten Jazzabteilung an einer europäischen Musikhochschule entwickelt. Zirka 120 Studenten aus vielen Nationen der Welt können zwischen zwei Studiengängen wählen: das Studium zum Diplommusiker und das zum Musikpädagogen. Das Studium dauert als Regelzeit neun Semester, wobei in der Prüfungsordnung für den Diplom-Musiker ausdrücklich geregelt ist, dass zu gewährleisten ist, dass der Musiker nach eigener Wahl Schwerpunkte setzen kann und dass Hauptfach- und Nebenfachlehrveranstaltungen in einem ausgeglichenen Verhältnis zur selbstständigen Vorbereitung und Vertiefung des Stoffes in Wahllehrveranstaltungen , auch in anderen Lehrveranstaltungen stehen (Diplomprüfungsordnung v. 11.3.97, § 3 Abs.6). Die Ausbildung enthält alles, was ein Musiker an handwerklicher Grundausbildung, an Musiktheorie und -wissenschaft bis hin zur Jazz- Geschichte braucht. Sie ist aber von Anfang an eine künstlerische Ausbildung, mit der der Student seinen eigenen Weg finden soll. Drei Studienrichtungen kennt der Studiengang: Instrumente, Gesang und Komposition/Arrangement. Ein Angebot an in Theorie und Praxis bewährten Lehrkräften, insgesamt über dreißig Personen, realisieren einen sehr breit gefächerten Lehrbetrieb. Bill Dobbins, in den 90er-Jahren von der Eastman School in Rochester, USA, an den Rhein gekommen, hat die einzige C 4-Professoren-Stelle. Daneben gibt es zurzeit sechs halbe nebenamtliche C3-Professoren-Stellen, und zwar John Taylor (Klavier), Wolfgang Engstfeld (Saxophon), Keith Copeland (Schlagzeug), Henning Berg (Posaune), Andy Haderer (Trompete), Frank Haunschild (Gitarre). Mit diesen Professoren-Stellen sollen die Hauptfächer abgedeckt werden, während für die Nebenfächer eine große Zahl an Lehrbeauftragten zur Verfügung steht. Auch darunter befinden sich wie bei den Professoren überwiegend Musiker, die in der europäischen Musikszene ihren Ruf und festen Platz haben. Als Beispiele seien genannt: Manfred Schoof (Trompete), Hubert Nuß, Frank Wunsch, Hinrich Franck und Hans Lüdemann (Klavier), Dieter Manderscheid (Bass), Paul Shigihara und Werner Neumann (Gitarre), Claudius Valk, Heiner Wiberny und Frank Gratkowski (Saxophon), Siegried Koepf und Tom van der Geld (Gehörbildung). Auch Spezialfächer wie Jazz-Geschichte werden angeboten, von Bernd Hoffmann, der auch als Jazzredakteur für den WDR arbeitet. Detlef Strüwe unterrichtet nicht nur Klavier, sondern auch Klavierdidaktik und Musikmarktanalyse. Nicht hoch genug ist nach Meinung der Dozenten der besondere Praxisbezug zur WDR Big Band einzuschätzen, die immerhin mit Bill Dobbins als deren Leiter, Heiner Wiberny, Andy Haderer und Paul Shigihara hohen Anteil an den Lehrkräften haben. Hans-Jürgen von Osterhausen
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