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Cellocinema Bei „Cellocinema“ ist nicht nur der CD-Titel eine verbale Neuschöpfung, sondern auch der Inhalt dieser jüngsten Zusammenarbeit von Eckart Runge (Cello) und Jacques Ammon (Piano) ist eine abenteuerlich Kombination von bekanntem Material in neuem Gewand. Damit setzen die beiden grenzgängerischen Musiker ihr 2008 gestartetes Cello-Projekt fort. Wieder gelingt ihnen Kino für die Ohren, die Auswahl perfekt eingespielter Musiken reicht einmal mehr von Charlie Chaplin und Carlos Gardel bis hin zu Astor Piazzolla und Nino Rota. Diesmal aber geht die Reise weit über „Moderne Zeiten“ und „8½“ hinaus, von Alfredo Catalani, dessen Oper „La Wally“ 1981 in Jean-Jacques Beineix‘ Erstling „Diva“ zitiert wurde, über diverse Schostakowitsch- und Janácek-Adaptionen bis hin zu Ennio Morricones Titelthema aus Giuseppe Tornatores „Cinema Paradiso“ und Tom Waits‘ „Helsinki Mood“ aus Jim Jarmushs „Night in Earth“. Die Mixtur mag vielleicht verwegen wirken, doch erst beim Anhören dieser durchweg dramatisch virtuos vorgetragenen Filmmusiken entstehen die wahren Abenteuer – im Kopf! Maya Homburger – Barry Guy „Tales of Enchantment“ heißt die neue Duo-CD des Bassisten Barry Guy und seiner künstlerischen Partnerin und Lebensgefährtin, der Barockviolinistin Maya Homburger. Beide begeben sich hier auf eine faszinierende Passage, bei der sich alt und neu in direkter Berührung einander gegenübers stehen. Etwa eine karge Hymne aus dem 9. Jahrhundert „Veni Creator Spiritus“, die von einer neutönerischen Suite aus der kompositorischen Feder von Guy beantwortet wird. Da verschwimmen die Grenzen zwischen Improvisation und Komposition. Lupenrein intonieren Homburger und Guy einen tief spirituellen Gesang, und Guy schwärzt mit seinen abgrundtiefen, bewusst rau eingefärbten Basstönen immer wieder den Hintergrund. Das ist ätherisch und vorsichtig, zugleich aber auch roh und heftig. Sämtliche Geniestreiche, mit denen Barry Guy zur Revolutionierung des Spiels auf dem Tieftöner beitrug, scheinen hier auf engstem Raum konzentriert und sind vor allem – im Gegensatz etwa zu Barry Guys Freejazz-Eruptionen – aus einem Zustand tiefer Ruhe heraus erfahrbar. Da federt der Bogen auf den Saiten, wird der Ton sphärisch verzerrt durch extensives „sul ponticello“- Spiel nahe dem Steg oder perlen Pizzicati und explodieren Tonkaskaden. Und alles wirkt so treffsicher logisch, so tiefempfunden in jedem Moment. Fred Bibers „Mystery Suite“ ist eine aus dem Frühbarock kommende, unter den Händen dieses Duos sehr zärtlich wirkende Komposition. Sie stellt einen gewissen Ruhepol in dieser Aufnahme dar. Diana Krall „Wie im Bilderbuch“ trifft für das ganze Album zu: Das Cover zeigt Miss Krall mit Mieder, Strapsen in weinroter Clublandschaft. Auch die Musiknummern, Swing, Country, Rag and Blues der 1920er und 1930er, sind lustvoll inszenierte Klischees. Thärichens Tentett In seinem Gedicht „Der Schizophrene“ untersucht Hugo Ball die Zerrissenheit des Individuums weniger unter medizinischen Gesichtspunkten als vielmehr auf der Basis einer allgemeingültigen Charakterisierung. Nicolai Thärichen schuf für diese lyrische Zustandsbeschreibung eine das Kunstlied aufbrechende Komposition mit strengen Bläserabschnitten und fast rock’n’roll-mäßigem Gitarrensolo. Hier zeigt sich die energetische Kraft der Produktion, in der Thärichen poetische Texte von Ringelnatz, Shakespeare, Michael Schiefel und Ball verwendet, der als intensiver Dadaist im Eröffnungsmanifest zum ersten Dada-Abend schrieb: „Warum kann der Baum nicht Pluplusch heißen, und Pluplubasch, wenn es geregnet hat?“ Ja, warum nicht? Hinter vielen Pluplusch fand Nicolai Thärichen jedenfalls viele schräge, sinnlose, provozierende Texte, die für sein zehnköpfiges Ensemble wie gemacht zu sein schienen. Vom bedeutendsten Textdichter Johann Sebastian Bachs, Christian Friedrich Henrici (Pseudonym: Picander), stammt der Text zur „Arie der Wollust“ aus der Kantate „Lasst uns sorgen, lasst uns wachen“. In der Fassung für Bachs „Weihnachts-Oratorium“ textlich abgeschwächt, heißt es bei Picander: „Schmecke die Lust/Der lüsternen Brust“. Den wollüstigen Gedankenspielen entspricht Thärichens Musik: sie lässt der Empfindung freien Lauf und öffnet sie individuellen Phantasien. Im „Ferngruß von Bett zu Bett“ nach Ringelnatz bereitet Thärichens Tentett dem Liebesbetrug eine klingende Plattform, enthemmt, gewissensfrei und rückblickend-genießend. Tobias Schoessler:
Letters-late Fernab von überstrapazierten Trends lässt der Pianist Tobias Schoessler Gutes reifen. Er beherrscht sein Instrument. Und wie! Die Stücke seines neuen Albums integrieren Kompositionen und Improvisationen, aber auch Klang- und Technikstudien vereinen sich zu einem Spielfluss von höchster Musikalität und bestechender Klarheit, ja melodiöser Eingängigkeit. Ganz verschiedene Ansätze vereint Schoesslers Spiel zum organischen Ganzen. Mal reicht eine scheinbar harmlose Tonfolge oder ein liedhaftes Thema, mal gibt es auch Bewegungsstudien über frappierend gemeisterte Anschlagstechniken, die man vielleicht sonst eher in einer komplizierten Etüde verorten würde. All dies formt kantable Bögen, mitreißende Uptempo-Parts oder auch verquere Spielereien. Es lässt sich gar nicht trennen, was hier von einem reflektierten Jazzbegriff von sehr gegenwärtiger Prägung genährt wird, und wo Schoessler andererseits auf den Schatz der klassisch-modernen Kunstmusik fantasievoll zurückgreift. Cellist Michael Corßen, Violinist Benjamin Sommer sowie Posaunist Frederik Jennen weiten auf einigen Stücken den Rahmen ins Kammermusikalische aus. Eine Konkurrenz entsteht daraus nie, dienen diese Instrumentalisten doch dazu, Schoesslers raffinierte Pianistik an entscheidenden Stellen weiter auszumalen, zu verdichten oder auch mal mit einem verquer-dissonanten Zwischenspiel zu beantworten. Marc Johnson – Eliane Elias:
Swept Away Der amerikanische Bassist Marc Johnson und die brasilianische Pianistin Eliane Elias sind ein perfektes Paar – im wahrsten Sinne des Wortes. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Joey Baron und Joe Lovano am Tenor ist nun bei ECM ihr neues Album „Swept Away“ erschienen. Wie gute alte Freunde spielen die vier Musiker, die sich untereinander bereits seit Jahrzehnten kennen, mal im klassischen Piano-Trio, mal im Quartett so was von relaxt, melodisch und lyrisch, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt prätentiös zu klingen. Im Gegenteil – selten gelingt es einer Formation im „traditionellen Jazz“ so empathisch miteinander zu kommunizieren. Geprägt vom Geist eines Bill Evans oder Bud Powell werden Melodien in den Vordergrund gestellt, mit feinen, pointierten Rhythmen verwoben und dem einfühlsamen, kräftigen Bass Johnsons verbunden. Wenn sich dann noch der einzigartige Joe Lovano dazu gesellt ist die Stimmung perfekt. Trotz durchgängig entspannter, harmonischer Klänge und Vibes ist die Musik alles andere als trivial oder abgegriffen. Die Kompositionen stammen aus der Feder von Marc Johnson und/oder Eliane Elias. Das Album schließt mit einem traditionellen Volkslied, „Shenandoah“, von Marc Johnson solo interpretiert. „Swept away“ ist Musik für einen Abend mit Freunden und einem guten Wein, bei dem man nicht viel redet, sondern sich auch ohne Worte versteht, indem man auf Zwischentöne hört und die Harmonie genießt. Tory Amos Halbvoll oder halbleer: Für Tori-Amos-Fans ist ihre irgendwie summarische Jubiläums-CD „Gold Dust“ – sie erschien 20 Jahre nach dem Erfolgsalbum „Little Earthquakes“ – mindestens so grandios wie der Aufwand. Für andere hat das orchestrale Remake früherer Songs keine Notwendigkeit. Zumindest bleibt die elfenhafte, inzwischen unglaubliche 49 Jahre junge Märchenprinzessin in Booklet-Aufmachung und der Eigenwilligkeit ihres ganzen Wunsch-Unterfangens ihrer Linie treu – auch wenn diesmal über 50 Musiker mitmischen. Das niederländische Metropole Jazz- und Pop-Orchester mit Dirigent Jules Buckley verleiht den 14 ausgewählten Songs eine Hollywood-Bombastik, die zunächst mal frappiert. Auch an das Zusammentreffen von Amos´ kindlich-heller Folksängerinstimme und der William-Walton-Pathetik wie in „Yes, Anastasia“ ist gewöhnungsbedürftig: Fast ist man froh um Amos-typische, kapriziöse oder balladeske Klavier-mit-Gesang-Strecken und fragt sich (auch wenn in puristischer und tonlicher Hinsicht verwerflich), warum die Sängerin, elektronischen Effekten nicht abgeneigt, die Klangbett-Passagen des Orchesters nicht von der Soundmaschine abspielen lässt. Dagegen stehen Nummern wie „Flying Dutchman“, in denen Orchester und Solistin ein vielstimmiges Gemenge bilden, mit dem Potential einer solchen Kombination zumindest umzugehen versucht wird. Niels Klein Quartet Niels Klein spielt sein Tenor mit sanftem, unangestrengtem Ton (Assoziation Warne
Marsh). Fernab gängiger Klischees spinnt er eigenwillige, meist von großen Intervallen geprägte Linien. Durch großen Abwechslungsreichtum bleiben seine Stücke unvorhersehbar und spannend. „In den letzten Jahren hat sich mein künstlerischer Schwerpunkt stark auf das Komponieren für größere Ensembles verlagert“, schreibt Klein und das ist spürbar in seinem Umgang mit den Möglichkeiten des Quartetts: Er selbst wechselt zwischen Tenor- und Sopransaxophon, Klarinette und Bassklarinette, lässt den Bass mal streichen, mal zupfen und immer wieder setzen einzelne Instrumente aus. Ein eindrucksvolles Beispiel ist „Diagoras“: Es beginnt im Dialog von Sopran und wuseligem Schlagzeug. Das Klavier gesellt sich dazu, die Saxophonlinien harmonisierend, und schließlich auch der zum Sopran unisono gestrichene Bass. Das Klavier setzt aus, Bass und Saxophon lösen sich von den gemeinsamen Melodien und ihr Spiel gewinnt an Intensität, bis sich die Spannung löst und in ein Klaviermotiv mündet, aus dem heraus ein kollektives Liniengeflecht erwächst. Ein großartig gespannter Bogen – in nicht einmal vier Minuten. In sensiblem Zusammenspiel versteht es die Band, dynamische Schattierungen zu zeichnen. Interaktion ist ein zentrales Gestaltungsmittel und doch ist jeder in seiner Welt – ein Gespräch zwischen Individualisten. Sebastian Sternal Sternal gehört zum „Kölner Klüngel“ der neuen Jazzer. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Society fast wie ein who is who der jungen Kölner (Jazz)-Szene liest: Pablo Held, Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel als prägende Eckpfeiler der Rhythmusgruppe. Weiter mit von der Partie sind Frederik Köster an der Trompete, Klaus Heidenreich Posaune, Christoph Möckel, Niels Klein, als Gast Claudius Valk und in den beiden letzten Stücken kommt Sebastian Sternal am Piano selbst noch zum Zuge. Dazu gesellt sich ein Streichquartett mit Lisa, Mark & Erik Schumann sowie Ayako Goto an der Viola. Jazzformation und Streichquartett kann fürchterlich in die Hose gehen. So manch prominenter Musiker ist mit solchen Formationen hochkarätig gescheitert. Nicht aber die Sternal Symphonic Society! Gleich beim ersten Stück „Fly“ bekommt der Hörer einen wegweisenden Eindruck wohin die musikalische Reise geht. Sternal besticht musikalisch nicht nur mit geradlinig ausgeklügelten, niemals manierierten Kompositionen, die genügend Raum für Improvisationen, Stille oder einprägsame Klänge bieten, sondern vor allem mit prägnanten, einfühlsamen Arrangements, die für Piano-Trio mit Bläsersatz und Streichquartett erfrischend unkonventionell klingen. Mit Leichtigkeit und einem treffenden Gespür für Rhythmus und Dramatik erzeugt Sternal mit seiner symphonischen Kapelle einen Sound, der in der Tat vom Hocker haut. Salsafuerte Salsa bedeutet wörtlich übersetzt „Soße“ und bezeichnet außerdem ein Genre, das im New York der 60er-Jahre aus dem Aufeinandertreffen kubanischer Musikformen und dem Jazz entstand. Eine „salsa fuerte“ ist eine starke, scharfe, würzige Soße und schon ein Blick auf die Titelliste dieser CD verrät kräftige Zutaten aus unterschiedlichen Musikkulturen: „African Roots“, „Cuban Blues“, „Persian Clave“, „South Sudan“. Die aus der Karibik stammende Sängerin Yumarya ist auf sieben der zwölf Titel vertreten und singt unter anderem von nicht vergessener, neu gefundener oder zurückersehnter Liebe. Die beiden bayerischen Jazz-Professoren Claus Reichstaller und Klaus Graf an Trompete und Saxophon nehmen, meist in vielfältig gestalteter Zweistimmigkeit, eine prominente Stellung ein. Temperamentvolle, oftmals abwechselnde solistische Statements der beiden Bläser zeugen von der Präsenz lateinamerikanischen Feuers im Süden Deutschlands. Die Brüder Gregor (p, viol) und Veit Hübner (b) haben einen großen Teil der Kompositionen beigesteuert und gestalten als eingespieltes Team den harmonischen Rahmen. Ersterer beeindruckt außerdem mit raffinierten Soli an Klavier und Violine. Mit Jerome Goldschmidt und Joachim Leyh sitzen zwei virtuose Rhythmiker an Percussion und Drums. So mancher 7/4- oder 12/8-Takt könnte selbst für versierte Salsa-Tänzer zur Herausforderung werden. Eine willkommene Würze für graue Herbst- und Wintertage! Dixieland Jazz Der Jazz fing nicht mit dem Bebop der 40er an, sondern viel früher, und wer das übersieht, dem entgeht sehr viel gute und eine ganze Menge großer Musik. Hinzu kommt, dass jeder Stil sich unter dem Einfluss späterer Formen weiterentwickelt – die Stile (keine Schubladen, sondern Kristallisationszentren musikalischer Ideen) lösen einander nicht ab, sondern existieren nebeneinander. Im Grunde ist das alles Swing, was auf den fünf wiederveröffentlichten LPs enthalten ist, nur dass die Themen im improvisierten Bläserkollektiv vorgestellt werden. Es gäbe viel zu den einzelnen Bands und den insgesamt 38 Stücken zu sagen – hier aus Platzgründen nur ein paar Eindrücke. In „Happy Jazz“ (Red Allen‘s All Stars/1955) begegnen wir Hanc Duncan, der schon 1919 eine eigene Band hatte, und der durchaus zu den bedeutenden Stride-Pianisten gezählt werden kann. „New Orleans Jazz“ (Wilbur de Paris and his Rampart Street Ramblers/1952) besticht durch eine sehr kompakte Rhythmusgruppe, die die Bläser gewaltig anschiebt.“ George Wettling‘s Jazz Band“/1951 mit dem unvergleichlichen Wild Bill Davison bildet den Höhepunkt: Hier stimmt einfach alles und „Collier‘s Climb“ ein Blues, der durch sechs (!) verschiedene Tonarten läuft, ist ein besonderes Zuckerl. „Bixieland“ (Eddie Condon and his All-Stars/1955) erinnert an Stücke, die Bix Beiderbecke aufgenommen hatte, und Bobby Hackett mitunter in seinem Spiel an den genialen Kornettisten. „Dixiecats“ (wieder mit Red Allen/1957) leidet unter dem offensichtlich indisponierten Trompeter (unkonzentriert) – sehr schade. Kari Bremnes Männerphantasien in Frauenköpfen – das ist nicht Tagesgespräch innerhalb der Musik, aber ein Thema auf der neuen CD von Kari Bremnes. In der Uptempo-Popnummer erzählt sie von einer Frau, die einen Mann in ihrem Zimmer einschließt, um ihn zu einem idealen Partner für sich umzuerziehen. Einer derartigen Gehirnwäsche muß sich der Hörer nicht zu unterziehen, zu offensichtlich sind die Absichten der 56-jährigen norwegischen Sängerin. Erst 1986, nach einem geschichts- und theaterwissenschaftlichen Studium und Journalistentätigkeit, wagte sie sich als Künstlerin ins Musikleben. Sie zählt zu den älteren norwegischen Frauenstimmen, deren jüngere Protagonistinnen in den vergangenen Jahren epidemisch die europäische Musik bedeckten. Ihre Intentionen kommen aus einer tief verwurzelten norwegischen Identität, in der Tradition und Moderne eine fruchtbare Symbiose begründen. Elf Songs mit eingängigem Habitus offeriert Kari Bremnes mit eingängiger Stimme. Sie erzählt Geschichten wie die ergreifende von der Schriftstellerin Dagny Juel (1867-1901), die während einer einundzwanzigtägigen Bahnreise von Warschau nach Tbilisi 33-jährig von ihrem Liebhaber vermutlich aus Eifersucht erschossen wurde. Die Tragik dieser Geschichte erlebt in Bremnes’ Präsentation und der intensiv-aufmerksamen Musik eine makabere Wiedergeburt. Fast eine Spur zu fröhlich summt und singt sie sich in „Håpet“ durch ein Jammertal, in dem Hoffnung der Wunschpartner ist. Hazel Leach: Songs from the edge Seit einigen Jahren gibt es das niederländisch-deutsche Quartett PloTS aus Amsterdam, Arnheim, Köln, Simin Tander (voc), Tessa Zoutendijk (violin), Esmée Olthuis (sss, as), Laia Genc (p), das immer wieder durch interessante Programme mit ihrer besonderen Instrumentation und sensiblen Aufführungspraxis auf sich aufmerksam macht. Auf dem Cover heißt es, dass es sich um ein hoch demokratisches Quartett handelt, bei dem jede Stimme dieselbe Bedeutung hat. Auf den ersten Blick sind die Worte von Simin Tander sicherlich sehr viel einprägender als die der Instrumentalisten. Und dies ganz besonders und mit gutem Grund bei dieser Aufnahme, bei der sie die Texte von Hazel Leach, der Komponistin und Orchesterleiterin aus Arnheim, verarbeiten und interpretieren. Und das ist alles andere als leicht, gelingt ihnen aber sehr beeindruckend. Schon der Titel lässt etwas Besonderes erahnen: die Songs vom Rande, vom Ende? Hazel Leach erklärt, dass sie sich bei diesen Texten mit dem Phänomen der Psychose auseinandersetzt, verschiedene Formen beschreibt.Dies auszudrücken ist Aufgabe der Musikerinnen. Musik, zumal die improvisierende aktuelle Musik kann vieles, ist einerseits Unterhaltung, aber andererseits das Abbild des menschlichen Lebens: ein höchst gelungener Versuch, dies auf sehr sensible Art darzustellen. Die vier Musikerinnen sind aber auch Meister ihrer Kunst, denen das Interpretieren mit vollkommenem künstlerischem Ausdruck gelingt. Samuel Rohrer Mit eigenen Album und gleich einer Labelgründung dazu hat sich der Schweizer Schlagzeuger Samuel Rohrer endgültig von einem Dasein als Sideman emanzipiert. Und wie Samual Rohrer auf seinem neuen Album „Noreia“ Töne und Melodien geschaffen hat, kann man gut und gerne von Songwriting sprechen. Denn so kühn verschachtelt, so entwicklungsdynamisch atmend und dramaturgisch durchdacht alles ist, so wirken die Stücke dieser CD doch sehr unmittelbar als „Lieder ohne Worte“.
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