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Jazzzeitung

2012/05 ::: seite 6

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Inhalt 2012/05

Inhaltsverzeichnis

Sternlein STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazz-ABC: Billy Taylor no chaser: Silberglanz Farewell: Zum Tode von Günter Dische

Sternlein TITELSTORY: Kunst hält das System in Gang
Heinz Sauer zum 80. Geburtstag

Sternlein DOSSIER/GESCHICHTE -
Wenn Liebe die letzte Rettung ist
„Liliom“ vereinte Jazz der NDR Bigband mit der Melodik der Philharmoniker Hamburg
Dizzy lives!
Vor 20 Jahren verstarb Dizzy Gillespie
Der Gentleman des Swingpianos
Zum 100. Geburtstag von Teddy Wilson

Sternlein Berichte
Leipziger Jazztage //Regensburgs Jazzclub feierte sein 25. Jubiläum //St. Wendeler Jazztage 2012

Sternlein Portraits / Jubilee
Mulo Francel // Benedikt Jahnel//Manu Katché //Gitarrist Alex Machacek //Pianist Iiro Rantala //Caroll Vanwelden

Sternlein Jazz heute und Education
40 Jahre „Interessengemeinschaft Jazz Burghausen“ //Jazz und Ehrenamt // 50 Jahre Jazzkränzchen Immergrü // Dominik Seidler, der neue Projektleiter BuJazzo und „Jugend jazzt“ im Interview // Gespräch mit Thomas Zoller zum Thema Bigband-Leitung // 25 Jahre Landes-Jugendjazzorchester Bayern // Abgehört: Intim und wunderbar melodisch
Chet Bakers Solo über „In Your Own Sweet Way“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Neue Musik Aus alter Sprache

Caroll Vanwelden vertonte sechzehn Sonette von William Shakespeare

Ob William Shakespeare alle Werke wirklich selbst geschrieben hat – darüber ist die literarische Fachwelt sich nicht einig und debattiert das Problem seit über 150 Jahren. Shakespeares Gesamtwerk umfasst nicht nur 38 Dramen sondern auch einen Zyklus mit 154 Sonetten. Aus diesem Kanon wählte die belgische Sängerin und Pianistin 16 für ihre dritte CD aus. Über ihre Arbeit darf tatsächlich zweifelsfrei gesagt werden: das ist alles selbst gemacht.

Caroll Vanwelden

Caroll Vanwelden

Caroll Vanweldens Weg zu Shakespeare führte anfangs zur klassischen Musik. Sie nahm vor dreizehn Jahren am Projekt eines iranischen Komponisten teil, der „klassische Musik auf Shakespeare setzen wollte,“ sagte Vanwelden. „Dieses Projekt wurde jedoch niemals realisiert. Ich fand es aber so interessant, daß ich Jahre später entschieden habe, es selbst weiterzuführen.“ Dass Shakespeare zu vertonen schwierig war, wußte sie. Doch die Herausforderung, die alten Texte mit moderner Musik zu kombinieren, reizte die Komponistin enorm. „Ich wollte versuchen, die perfekten Shakespeare-Texte in meine Musik zu integrieren.“ Sie fand nämlich das Textbuch wieder, mit dem sie damals gearbeitet hatte. Das Buch lag auf dem Klavier, und fast wie von selbst sprudelten die Melodien zu den Sonetten aus dem Instrument. Die Anfangssätze der Sonette waren es, die Caroll Vanwelden entweder direkt inspirierten oder aber zum nächsten Text weiter blättern ließen. Da formte sich etwas, das in einer alten Sprache geschrieben war, durch die klugen, emotionalen und gewissenhafter Melodien der Komponistin zu einem neuen Ausdruck.

„Ich habe die Sonette nur nach ihrem Klang ausgewählt,“ sagt Caroll Vanwelden, „nicht nach ihrem Inhalt. Shakespeare hat mich mit seinen Wörtern inspiriert und mich die Musik in diesem Stil schreiben lassen.“ Das Komponieren sei gar nicht so schwierig gewesen, aber danach die Arrangements zu schreiben war eine Herausforderung. Caroll Vanwelden forschte über die richtige Aussprache und die Akzente, die bei Shakespeare sehr wichtig sind. Diese notwendigen Zusatzaktionen musste die studierte Ingenieurin zunächst einmal in das komplexe Objekt aus Emotionalität und Spannung einarbeiten. Andererseits kam ihr das umfassende Jazzstudium am Musikkonservatorium in Gent und an der Londoner Guildhall School of Music & Drama zu gute, das als Grundlage für ihren heute sicheren Umgang mit vielen Musikgenres wie Pop, Chanson, Salsa oder Jazz viel bedeutet.

Vanwelden ist es gelungen, die literarische Vorlage nicht als abgekupferte Kopie in mehr oder minder passende Tonfolgen zu pressen. Die Sonette bleiben zwar Literatur, zusammen mit der Musik aber entwickeln sie sich zu modernem Songwriting.

Liebe, Freundschaft, Ideale – was bei Shakespeare den fast kompletten menschlichen Lebenskreis beschreibt, überführt Caroll Vanwelden auf ihrer CD „Caroll Vanwelden: Sings Shakespeare Sonets“ in eine respektvolle Neuschaffung aus musikalischen und shakespearschen Akzenten. Ihre Musiker bekamen viel Platz für eigene Ideen. „Ich finde es toll, wenn die Musiker ihre eigene Geschichte in meiner Geschichte finden,“ erklärt sie. Thomas Siffling sollte mit seiner Trompete musikalische Farben hinzufügen, die jedoch nicht zu dominant sein durften. Was die anderen beiden Musiker, Schlagzeuger Markus Faller und Bassist Mini Schulz, übrigens genau so taten. „Ich hatte in meinem Leben schon viele Einflüsse, aus denen ich für die Shakespeare-Produktion eine ganze Menge aussuchen konnte. Als ich die Arbeit an den Sonetten aufnahm war mir noch nicht bewusst, welche Art von Musik für dieses oder jenes Sonett am besten wäre. Musik ist eine unendlich große Welt, beim Shakespeare-Projekt habe ich mich tatsächlich von den Wörtern inspirieren lassen. Manche Sonette klingen fröhlich, andere lassen Traurigkeit und Melancholie fühlen.“ Shakespeares Sprache stellte kein Problem dabei dar, den passenden Sound zu finden. „Was schwierig war: nachher in seiner Sprache keine Fehler zu machen. Niemand spricht noch Shakespeares Sprache, die meisten sprechen die Texte in ihrer eigenen Sprache. Ich wollte da keinen Fehler machen, denn Shakespeare ist der heilige Gral.“

Klaus Hübner

Caroll Vanwelden: Sings Shakespeare Sonnets (Jazz‘n‘Arts JnA 6012)

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