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Fünf Jahre lang war Nils Landgren künstlerischer Leiter des JazzFests Berlin. Mit dem Schwerpunkt „Jazz aus Polen“ verabschiedet sich der schwedische Posaunist nun aus der Hauptstadt. Seinen Posten übernimmt der Jazzkritiker Bert Noglik. (Siehe dazu auch unser Interview in der JazzZeitung 4-11.) JazzZeitung: Herr Landgren, ist es ein Vorteil, wenn man als Festivalleiter selbst Musiker ist? Nils Landgren: Von Nachteil war es sicher nicht, dass ich die Programme mit den Augen eines Musikers zusammengestellt habe. Wir hatten sehr gute Besucherzahlen, obwohl wir nur wenige Stars eingeladen haben. JazzZeitung: In diesem Jahr hält es sich auch in Grenzen mit den großen Namen. Landgren: Es gibt nicht viele polnische Musiker, die einem breiten Publikum bekannt sind. Ein Festival kann aber ohne große Namen funktionieren. Das hat natürlich auch mit dem Budget zu tun. Wir wollen so viele Musiker wie möglich in Berlin präsentieren. Wenn wir aber die absoluten Top-Acts holen, dann ist die Geldkiste schnell leer. JazzZeitung: War der diesjährige Polen-Schwerpunkt Ihre Entscheidung? Landgren: Die Berliner Festspiele feiern in diesem Jahr die tausendjährige kulturelle Begegnung zwischen Deutschland und Polen. Ich fand das ganz phantastisch, denn so hatte ich die Chance, viele tolle polnische Musiker zu entdecken. Ich bin sicher, dass das Berliner Publikum ebenso begeistert ist. Wir hätten problemlos ein rein polnisches Festival zusammenstellen können. Aber ich finde es besser, wenn der Radius geografisch und musikalisch ein bisschen weiter geht. JazzZeitung: War der recht erfolgreiche Schwerpunkt „Europa“ im vergangenen Jahr ein Testballon dafür, ob so ein geografisches Motto funktionieren kann? Landgren: Ja. Ich war überzeugt davon, dass man mit Europa – was ja ein Riesenschwerpunkt ist – ein erfolgreiches Festival machen kann. Auch ohne amerikanische Stars. Und das Publikum zeigte dann auch großes Interesse für die unbekannteren, insbesondere die deutschen Musiker. JazzZeitung: Nun sind Sie selbst jemand, der den deutschen Musikern hierzulande die Jobs wegnimmt. Landgren: Stimmt. Als schwedischer Musiker, der so gut in Deutschland aufgenommen wird, wollte ich deshalb gucken, ob das auch umgekehrt geht. Ich habe eine Konzertreihe gestartet, die unbekannte deutsche Musiker im Kulturhaus in Stockholm präsentiert. Es hat sich gezeigt, dass man das Interesse des Publikums dafür durchaus wecken kann. Aber man muss sich Mühe geben! JazzZeitung: Es gab immer wieder Seitenhiebe, Ihre Festivalprogramme seien zu seicht und kommerziell. Wie gehen Sie mit diesem Vorwurf um? Landgren: Ich bin überzeugt von der Musik der Künstler, die
ich einlade – egal ob das Free Jazz ist oder in eine poppige Richtung
geht. Solche Schubladen sind mir egal. Mich interessieren die Qualität
der Musik und die Kommunikation mit dem Publikum. Landgren: Ich habe genug zu tun. Ich arbeite als künstlerischer Berater der NDR Bigband und unterrichte an der Hochschule in Hamburg. Außerdem leite ich eine Bigband in Göteborg. Das ist auch ziemlich aufwändig; wir machen jedes Jahr zwei längere Tourneen. Derzeit befinde ich mich in einer ganz phantas-tischen Lebensphase: Ich darf genau das machen, was ich am liebsten mache. Deshalb gebe ich meinen Posten in Berlin leichten Herzens an Bert Noglik weiter. Obwohl mir das JazzFest großen Spaß gemacht hat; die Mitarbeiter hier im Haus sind phantastisch. JazzZeitung: Treffen Sie sich mit Bert Noglik zu einer offiziellen Schlüsselübergabe? Landgren: Bert ist ein sehr erfahrener Festivalleiter. Ich habe ja selbst ein paar Mal bei ihm während der Leipziger Jazztage gespielt. Und als Mitglied des ARD-Gremius hatte er auch schon bisher einen gewissen Einfluss auf die Programmgestaltung. Er weiß also, worum es geht. Da muss man keine Sitzung machen. Aber ein Bier trinke ich gern mit Bert. Oder zwei. Gespräch: Antje Rößler |
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