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Jan Hancock: Benny Goodman – The famous 1938 Carnegie Hall Jazz Concert, Prancing Fish Publ./Great Britain, 218 Seiten mit vielen Fotos Ein Buch über ein einziges Konzert – ist das nicht übertrieben? Keineswegs, wenn es das berühmteste der Jazzgeschichte ist, und obendrein eine Aufnahme existiert (unzählige Male verkauft). Ich weiß nicht, wie oft ich das ganze Konzert oder einzelne Titel seit den 50er–Jahren gehört habe – aber ich weiß, dass dieses Konzert eine Sternstunde des Jazz war, die mich heute noch genauso fasziniert wie früher. Allein schon das Goodman-Orchester in Hochform mit dem damals besten Trompetensatz des Jazz (trotz Ellington und Basie): Intonation, strahlender Klang, drive–all das riss die Band von hinten mit, neben dem allerdings manchmal etwas übermotivierten Gene Krupa am Schlagzeug. Und vorne war es der Chef: damals der beste seines Instruments (trotz Artie Shaw und anderer). Dazu weitere Solisten, vor allem Jess Stacy in Sing, Sing, Sing, und die hervorragenden Arrangements von Fletcher Henderson, Jimmy Mundy und anderen … Und all die kleinen Besetzungen … Nur die Jam Session blieb zeitweilig blass – da hätte man wohl einen wie Roy Eldridge einladen oder Lionel Hampton mit einbeziehen müssen. Aber was soll’s; das Konzert enthielt auch so genügend Höhepunkte. Der Autor hat mit liebevoller Akribie alles erkundet, was uns interessieren könnte: eine kurze Geschichte der Carnegie Hall (1891 eröffnet, berühmt wegen ihrer Akustik, die Besucherzahl (rund 3.000, weitere 5.000 Fans mussten wieder gehen), die Eintrittspreise (80 Cent bis 2,75 Dollar!), eine Analyse jedes Stückes, ein Nachdruck des Programmhefts, Entstehung der Aufnahmen, ihr weiteres Schicksal und vieles mehr. Musikalische Archäologie kann richtig Spaß machen. Natürlich wollen wir die Musik selbst nicht vergessen. Phil Schaaps hervorragende, behutsame Restaurierung von 1999 (COLUMBIA/LEGACY C2K 65143) mit den früher weggelassenen Soli von Harry Carney und Freddie Green (!) während der Jam Session gehört in die Hände und Ohren aller Musikliebhaber – und das sollen doch angeblich so viele sein! Mark Vail: The Hammond Organ/Beauty in B, mit vielen Abbildungen und Notenbeispielen, BACKBEAT BOOKS/San Francisco, 320 Seiten 1935 stellte
Laurens Hammond (1895–1973) mit dem Modell A seine
erste mechanisch–elektronische Orgel mit rotierenden Tonrädern
vor. Gedacht war sie für Kirchen und Privatwohnungen – von
der schon bald einsetzenden Verwendung in der populären Musik wollte
er (ein Erfinder, kein Musiker) sein Leben lang nichts wissen. Ebenso
wenig konnte er sich mit den Lautsprechern mit rotierenden Reflektoren
anfreunden, die Don Leslie (1911–2004) ab 1937 für die Hammondorgel
entwickelte; sie klangen um vieles besser als die Lautsprecher, die Hammond
selbst herstellte. Zusammen mit der Hammond B–3, von 1954 bis 1974
gebaut, und heute wieder in steigendem Maße gefragt, feierte diese
Kombination (B–3 plus zwei Leslies) mit ihrem einzigartig „atmenden“ Klang
wahre Triumphe in Jazz und Rhythm & Blues, später auch in Rock
und Pop. Barney Josephson with Terry Trilling-Josephson: Cafe Society – The wrong place for the right people, University of Illinois Press/USA,377 Seiten Dies ist die spannende Lebensgeschichte eines New Yorker Nachtclubbesitzers, der sehr viel für den Jazz getan hat, bislang aber bei uns kaum bekannt war (was den Untertitel des Buches betrifft, so muss ich gestehen, dass ich ihn nicht verstanden habe). Barney Josephson, geboren am 1. Februar 1902 in Trenton (New Jersey) – die Eltern waren aus Russland eingewandert – eröffnete 1938 mit Hilfe seines Bruders Leon seinen ersten Club mit Jazz in Greenwich Village (Sheridan Square) ,den er „Cafe Society“ nannte. Dieser war in vieler Hinsicht ungewöhnlich: Wandgemälde New Yorker Künstler, schwarze Gäste waren genauso willkommen wie weiße, schwarze und weiße Künstler – auch gemischt – auf der Bühne, langfristige Verträge, Förderung junger Talente. John Hammond war sein Berater. Mit Frankie Newton und seiner Band, Billie Holiday und Sonny White, den drei großen Boogie Woogie-Pianisten Albert Ammons, Pete Johnson und Meade Lux Lewis sowie Big Joe Turner (alle an einem Abend!) fing Barney Josephson an – und bei dieser Spitzenqualität blieb er. Gesang stand dabei immer wieder im Vordergrund: Mildred Bailey, Lena Horne, das Golden Gate Quartet (!), Josh White – aber eben nicht nur an einem einzigen Abend, sondern wochen– und monatelang. So konnten sich die Künstler entwickeln und eine enge Beziehung zu ihrem Publikum aufbauen. 1940 kam ein weiterer Club dazu (58th Street), den Josephson im Unterschied zum ersten, ,,Cafe Society Uptown“ nannte (der erste hieß jetzt „Cafe Society Downtown“). Auch hier Wandgemälde, keine Diskriminierung Schwarzer, gutes Essen, viele Künstler als Dauergäste und ein ständiges Spitzenprogramm. 1941 spielte hier sogar sechs Wochen lang das Basie Orchester und 1946 Django Reinhardt vier Wochen lang während seiner ersten und einzigen Amerikareise. Presse, Künstler und Besucher waren voll des Lobes über die beiden Clubs und ihren Besitzer. Da tauchte völlig unerwartet ein verhängnisvolles Problem auf. Josephs Bruder Leon wurde vom „Commitee on Unamerican Activities“ wegen Verbindungen zur Kommunistischen Partei der USA vorgeladen. Er zweifelte die Rechtmäßigkeit dieses Gremiums an und wurde deshalb 1947 ,,wegen Missachtung des Kongresses“ zu einem Jahr Gefängnis (das er bis zum letzten Tag absitzen musste) und einer Geldstrafe verurteilt. Joseph, weitaus bekannter als sein Bruder, wurde in so gut wie jedem Bericht über diese Sache erwähnt und kritisiert, teils wegen seiner Clubpolitik, teils weil er sich von seinem Bruder nicht distanzierte. Als Folge davon ging das Geschäft in beiden Cafes so stark zurück, dass er ,,Uptown“ 1947 und ,,Downtown“ 1949 schließen musste. 1951 eröffnete er ein Speiselokal ohne Musik, „The Cookery“, in der Lexington Avenue, bald darauf noch zwei weitere (52nd Street und University Place), von denen aber nur letzteres übrig blieb. 1970 überredete ihn Mary Lou Williams, die schon früher jahrelang im ,,Cafe Society“ gastiert hatte, ein Klavier für die ,,Cookery“ anzuschaffen und sie zu engagieren. So begann seine zweite große Zeit in der Jazzszene. Vor allem Alberta Hunter, die 82 (!) Jahre alt war, als sie 1977 bei ihm anfing, machte die ,,Cookery“ berühmt – und erlebte zugleich einen neuen Höhepunkt ihrer Karriere. 1984 musste Barney Josephson den Club aus finanziellen Gründen schließen. Ein neues Projekt kam leider nicht mehr zur Ausführung. Am 28.8.1988 starb er. Dieses Buch ist ein würdiges Andenken an einen Mann, der in der Tat ein besonderes Kapitel der Jazzgeschichte geschrieben hat. Postskript: Leider wird der sehr gelungene 13–minütige Film „Boogie Woogie Dream“ (DVD „Boogie Woogie“ bei STORYVILLE 4960133) nicht erwähnt, mit Albert Ammons, Pete Johnson, Lena Horne und dem Teddy Wilson Sextet. Er wurde 1941 im „Cafe Society Downtown“ gedreht. Joe Viera |
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