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Im Grunde hat sich Solveig Slettahjell, die sich bisher stets in erster Linie als Sängerin und Interpretin verstand, selbst zu ihrem Glück gezwungen: Hätte sie den Kompositionsauftrag für das Vossa Jazz Festival im vergangenen Jahr nicht angenommen, wäre sie wohl nicht dazu gekommen, gleich mehr als ein Dutzend Songs zu Papier zu bringen. Gut so, denn damit gewann die Norwegerin nicht nur ein zweites Standbein, sondern es eröffnen sich ihr auch viele weitere Möglichkeiten in der Jazz- bzw. Musikwelt. Möglichkeiten, die die 38-jährige Künstlerin sicher nutzen wird… Jazzzeitung: Wie wichtig ist es dir, dass sich deine Musik im Kontext einer permanenten Band abspielt? Solveig Slettahjell: Oh, ziemlich wichtig, glaube ich! Wir können so die Musik schneller auf den Punkt bringen. Es ist nicht nötig, lange zu debattieren und zu erklären. Wir erkennen schnell, was wir tun oder lassen sollten. Obendrein, wenn man so lange zusammenarbeitet, dann entwickelt sich einfach eine Freundschaft. Wir mögen uns auch gegenseitig. Darüber freue ich mich immer. Jazzzeitung: Wenn deine Mitmusiker Songs besteuern, schreiben sie dann auch jeweils den Text? Slettahjell: Ja, meistens. Es gab im Vorfeld ein paar Stücke, wo ich die Texte vorgegeben habe – beispielsweise die Dickinson-Gedichte oder etwas von Dorothy Parker. Ansonsten stammen auf diesem Album die Texte, wo die Kompositionen nicht von mir selbst sind, tatsächlich jeweils von Per Oddvar Johansen, dem Schlagzeuger und vom Trompeter Sjur Miljeteig. Jazzzeitung: Auf „Tarpan Seasons“ sind mehr Stücke von dir als je zuvor. Bist du jetzt sozusagen unter die Singer-Songwriter gegangen? Slettahjell: Nein, ich sehe mich in allererster Linie als Sängerin. Immer schon. Das ist meine Grundfertigkeit, mein Fundament. Abgesehen davon bin ich Bandleaderin. Jazzzeitung: Und natürlich Interpretin, weil du auch Stücke anderer Komponisten singst … Slettahjell: Ja, natürlich. Unter den besten aller Songs wählen und sie singen zu dürfen, betrachte ich als Segen. Stücke wie die von Cole Porter, von Rogers und Hammerstein oder von Leonard Cohen … Unter diesem Aspekt war das Schreiben eigener Songs immer eine Herausforderung, weil es ja schon so viele gute Songs gibt. Warum also eigentlich eigene schreiben? Ich wollte ja im Grunde nur singen! Aber ich habe geschrieben. Und über die Jahre kam immer das ein oder andere Stück dabei heraus, das ich gut genug fand, um es in mein Repertoire aufzunehmen und auf CD zu bringen. Dass ich für das aktuelle Album so viel Eigenes beigetragen habe, liegt daran, dass ich für ein Jazzfestival in Norwegen im April dieses Jahres einen Kompositionsauftrag angenommen hatte. Jazzzeitung: Das hört sich nach einem bewussten Sprung ins kalte Wasser an. Slettahjell: Ja, ich hatte das zugesagt, obwohl ich hätte wissen müssen, dass es mich in die Bredouille bringt. Dass ich dafür hart würde arbeiten müssen – und so kam es dann auch. Aber ich war neugierig, wie es denn so wäre und ob ich in der Lage sei, Material zu schreiben, das mir auch selbst gefällt. Vielleicht auch, um auszuloten, ob das ein mögliches neues Standbein sein könnte… Und die Arbeit war fürchterlich. Nicht immer, aber zuweilen. Weil es sich herausstellte, dass ich einiges von dem, was ich produzierte, tatsächlich nicht leiden konnte! Aber es musste aus mir heraus, damit auch die guten Stücke herauskonnten. Schreiben ist ein Prozess und es muss ein fortwährender Prozess sein. Man muss die schlechten Stücke in Kauf nehmen, wenn man die guten will! Eklig! Aber ich musste mich ohne Gnade durchkämpfen. Als der Kompositionsauftrag dann erfüllt war, blieb ein Bodensatz von zwölf bis fünfzehn Stücken übrig, die ich wirklich mochte. Und das war noch nicht alles… In der Woche vor dem Festival, als wir mit den Proben begannen, hatte ich plötzlich das Gefühl, dass im Programm eine Lücke sei. Dass ich dafür ein weiteres Stück bräuchte. Also … schrieb ich eins! Dass so etwas ginge, dass ich dazu in der Lage bin, das war neu für mich. Ich schrieb sonst nur, wenn ich inspiriert war, nicht wenn ich einen Bedarf sah. Das fühlte sich wirklich an wie ein verlässliches neues Standbein. In Zukunft, das weiß ich, werde ich mehr komponieren. Interview: Carina Prange Hinweis
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